# taz.de -- Streit um Werbeblocker „Adblock Plus“: Das Geschäft mit der Ni… | |
> Mit der Anwendung „Adblock Plus“ kämpft eine Firma gegen Werbung im Netz. | |
> Damit verdient sie sogar Geld – ein schräges Geschäftsmodell. | |
Bild: Onlinewerbung kann ganz schön nervig sein: Werbevideo von Adblock Plus. | |
BERLIN taz | „Adblock Plus“ ist eine Macht im Internet. Wen Werbung im Netz | |
nervt, der kann sich die kostenlose Erweiterung für den Browser | |
installieren und sieht dann keine mehr. 40 Millionen Menschen nutzen die | |
Anwendung, die klarer Marktführer ist: für den Browser Firefox | |
[1][verwenden sie 15 Millionen Menschen], die nächstbeliebte Anwendung hat | |
dagegen nur 250.000 Nutzer. Wer von Werbeblockern im Netz spricht, meint | |
meist auch „Adblock Plus“. | |
Zum Beispiel Andreas Perband, der stellvertretende Chefredakteur des | |
Technikmagazins PC Welt. Die Inhalte auf [2][pcwelt.de] sind kostenlos | |
zugänglich, Geld wird mit eingeblendeter Werbung verdient. Doch die | |
Einnahmen bröckeln und daran – so sieht es Perband – sind Anwendungen wie | |
„Adblock Plus“ schuld: Die Zahl der Leser, die die Website mit | |
eingeschaltetem Adblocker besucht, nehme deutlich zu. „Das trifft einen | |
Verlag schon sehr“, so Perband. | |
Während die Einnahmen anderswo sinken, arbeitet die Besitzerfirma von | |
„Adblock Plus“, Eyeo GmbH, aber kostendeckend mit 15 Angestellten. Das ist | |
überraschend, denn sie verkauft ja nichts. Möglich macht das eine Funktion, | |
die von der Firma wenige Monate nach ihrer Gründung im Jahr 2011 eingeführt | |
wurde: [3][„akzeptable Werbung“]. | |
Ein Schlupfloch für Websites, um doch noch Werbung anzuzeigen. Die | |
Betreiber müssen dafür die Aufnahme in eine „weiße Liste“ beantragen. | |
Freigeschaltet wird nur, wer unaufdringliche Werbung anbietet. Und einige | |
[4][bezahlen sogar] dafür: als zahlende Kunden sind bislang der | |
[5][Webhoster 1&1] und [6][Google] bekannt. | |
Wer freundlich gesinnt ist, legt „akzeptable Werbung“ so aus wie | |
Eyeo-Mitbegründer Till Faida. „Es hat im Internet eine Fehlentwicklung | |
gegeben: Werbung nervt einfach nur“, sagt er. „Wir wollen bessere | |
Werbeformate etablieren.“ Mit der neuen Funktion würden alle Beteiligten – | |
Nutzer und Websitebetreiber – einen Kompromiss eingehen: Die Nutzer werden | |
nicht genervt und die Betreiber bekommen ihr Einkommen wieder. | |
Wer weniger freundlich gesinnt ist, sagt, da nutzt eine Firma ihre | |
Marktmacht aus, um anderen ihre Bedingungen aufzuzwingen und nebenbei | |
vorzugeben wie Werbung im Netz auszusehen hat. Andreas Perband spricht von | |
„Wegelagerei“: „Da wird einem die Reichweite geklaut, und dann wieder | |
zurückverkauft“. | |
## Zweifelhafte Interessenslagen | |
Und mehr noch: Das Technik-Onlinemagazin [7][Mobilegeeks berichtet] über | |
einen Interessenskonflikt bei Eyeo. Einer der Besitzer, der Unternehmer Tim | |
Schumacher, hat auch Anteile an dem Marketing-Netzwerk „Yieldkit“. Das | |
wiederum steht auf der weißen Liste. Auch Websites wie GMX, Web.de und 1&1 | |
stehen mit Schumacher über ein Partnerunternehmen in Beziehung. Auch sie | |
stehen auf der weißen Liste. „Ein mafiöses Netzwerk“, wettert der Autor a… | |
Mobilegeeks. Es sei „naheliegend“, argumentiert Till Faida, „dass Seiten, | |
mit denen wir über private Netzwerke verbunden sind, sich als erstes | |
beteiligen.“ | |
Eyeo ist dabei nicht die einzige Firma mit zweifelhafter Interessenslage. | |
Die Browser-Erweiterung „Ghostery“ mit weltweit 19 Millionen Nutzern | |
blockiert auf Websites verborgene „Tracker“, die Daten über die | |
Surfgewohnheiten von Nutzern sammeln. [8][MIT Technology Review berichtete] | |
kürzlich, dass „Ghostery“ die Daten seiner Nutzer aber ebenfalls an Firmen | |
weitergebe, damit diese erfolgversprechendere Werbung entwickeln könne. | |
Eine weitere Firma, die für beide Seiten arbeitet. | |
Faida zufolge werden Schumachers Websites aber nicht bevorzugt. Er verweist | |
darauf, dass jede Freischaltung zunächst [9][im Forum] zur Diskussion | |
gestellt werde. Doch Diskutanten gibt es da kaum: Von rund 30 aktiven Usern | |
haben die meisten in anderthalb Jahren nur einen oder zwei Posts | |
geschrieben. Rege beteiligen sich dagegen: Till Faida, Eyeo-Mitbegründer | |
Wladimir Palant und der Eyeo-Angestellte Thomas Greiner. Von gut 100 | |
Websites, die freigeschaltet werden wollten, gab es bei den meisten kaum | |
Kommentare. Auch das legt Faida für sich aus: „Das zeigt, dass wir nur | |
Werbung freigeschaltet haben, die auch akzeptiert wird.“ | |
## Wer kommt wie in die weiße Liste? | |
Einer der erfolglosen Fälle war zunächst die Firma Yieldkit. Im April 2012 | |
will sie [10][in die „weiße Liste“ aufgenommen werden]. Ein Nutzer | |
widerspricht. Monatelang passiert nichts. Im November [11][berichtet | |
Yieldkit], dass Eyeo-Mitbesitzer Schumacher in die Firma einsteige. | |
Wenige Wochen später [12][startet Faida eine Initiative,] um die Kriterien | |
für die „Weiße Liste“ zu ändern – danach könnte auch Yieldkit zugelas… | |
werden. Noch am selben Tag postet auch Tim Schumacher im Forum: „Ich glaube | |
das ist eine schlaue und ausgewogene Änderung“. Die Änderung wird | |
angenommen und Yieldkit findet sich im März auf der weißen Liste wieder. | |
Hat da Schumachers Einfluss eine Rolle gespielt? Faida und auch | |
Yieldkit-Chef Oliver Krohne bestreiten das. Für die Annahme, dass | |
Schumachers Beziehungen kein Wettbewerbsvorteil sind, spricht auch der | |
Umstand, dass ausgerechnet der Webhoster 1&1 eine jener Firmen ist, die für | |
die Aufnahme in die „weiße Liste“ bezahlt. | |
## „Technische Aufwandsentschädigung“ | |
Immer wieder gibt es Berichte, dass Adblock Plus seine Marktmacht für eine | |
Art Schutzgelderpressung nutzt. Wer einen Teil seiner Werbeeinnahmen | |
wiederhaben wolle, werde aufgefordert Geld dafür zu bezahlen, [13][lautet | |
der Vorwurf]. Auch PC Welt erhielt ein Angebot: Zunächst sei es um eine | |
kostenlose Testphase gegangen – darin sind sich Andreas Perband und Till | |
Faida einig. Doch laut Perband sollte die Freischaltung danach | |
kostenpflichtig werden: „Es ging um einen Anteil an den Werbeeinnahmen“. | |
Faida spricht von einem Missverständnis, für Blogs und Verlage sei die | |
„Weiße Liste“ immer kostenfrei. | |
Doch warum zahlt jemand überhaupt dafür, dass „akzeptable Werbung“ | |
freigeschaltet wird? Adblock Plus rechtfertigt die Zahlung damit, dass die | |
Pflege der Whitelist „erheblichen Aufwand“ bedeute. 1&1 [14][sprach | |
sueddeutsche.de gegenüber] von „technischen Aufwandsentschädigungen“. | |
Und wenn sich jemand weigert zu zahlen? Würde die Eyeo GmbH ihre Anfrage | |
zur Diskussion ins Forum stellen? Im Gespräch hatte Faida die Frage noch | |
bejaht, nach der Autorisierung klingt seine Antwort so: „Große Firmen, die | |
mit Acceptable Ads ihre Einnahmen steigern, sollten auch zum nachhaltigen | |
Erfolg der Initiative beitragen“. Nur wären das Einnahmen, die zuvor durch | |
den Werbeblocker reduziert wurden. | |
5 Jul 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://addons.mozilla.org/de/firefox/addon/adblock-plus/statistics/?last=30 | |
[2] http://www.pcwelt.de/ | |
[3] /!83860/ | |
[4] http://adblockplus.org/de/acceptable-ads-agreements#payment | |
[5] http://www.sueddeutsche.de/digital/adblock-plus-in-der-kritik-deutschlands-… | |
[6] http://www.horizont.at/home/detail/google-ist-geldgeber-von-adblock-plus.ht… | |
[7] http://www.mobilegeeks.de/adblock-plus-undercover-einblicke-in-ein-mafioese… | |
[8] http://www.technologyreview.com/news/516156/a-popular-ad-blocker-also-helps… | |
[9] http://adblockplus.org/forum/viewforum.php?f=12 | |
[10] http://adblockplus.org/forum/viewtopic.php?f=12&t=9990&start=0 | |
[11] http://press.yieldkit.com/de/2012/11/20/yieldkit-raises-750000-from-tim-sc… | |
[12] http://adblockplus.org/forum/viewtopic.php?f=12&t=12239 | |
[13] http://www.digitaltrends.com/web/adblock-plus-accused-of-shaking-down-webs… | |
[14] http://www.sueddeutsche.de/digital/adblock-plus-in-der-kritik-deutschlands… | |
## AUTOREN | |
Lalon Sander | |
Alexander Kohn | |
## TAGS | |
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