# taz.de -- Wahl in Niedersachsen: Hauchzart für Rot-Grün | |
> Auf den letzten Metern wird klar: SPD und Grüne haben im kommenden | |
> niedersächsischen Landtag einen Sitz mehr als CDU und FDP. | |
Bild: Ein gutes Pferd springt nur so hoch, wie es muss. Und mit Pferden kennen … | |
HANNOVER taz | „Schünemann ist arbeitslos, schalalala“, tönte es | |
minutenlang aus vielen Kehlen auf der Grünen-Wahlparty. Es war ein später | |
Triumph am Ende einer langen Wahlnacht in Hannover. Bis kurz vor elf | |
dauerte es, bis klar war: SPD und Grüne haben die Landtagswahl gewonnen und | |
können künftig Niedersachsen regieren. | |
Ministerpräsident David McAllister ist ebenso abgewählt, wie sein | |
Innenminister Uwe Schünemann, der auch sein Landtagsmandat verliert. Dass | |
es so spät wurde, liegt vor allem an der SPD, die nur magere 32,6 Prozent | |
holte. Die Grünen dagegen legten mit 13,7 Prozent gegenüber 8 Prozent 2008 | |
gewaltig zu. | |
Das reichte nach den letzten Hochrechnungen und unter Berücksichtigung für | |
69 Mandate, 49 für die Sozialdemokraten, 20 für die Grünen. Die CDU (36,2 | |
Prozent, 54 Mandate) und die FDP (9,9 Prozent, 14 Mandate) kommen gemeinsam | |
auf einen Sitz weniger. Die Piratenpartei und die Linkspartei scheiterten | |
beide deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde. | |
Dabei hatte noch vor wenigen Wochen alles nach einem lockeren Sieg für | |
Rot-Grün ausgesehen. Doch Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, eingeplant als | |
Zugpferd für den Wahlkampf zwischen Harz und Nordsee, wurde zum Klotz am | |
Bein. Spitzenkandidat Stephan Weil rutschte in seinem ersten Dank an die | |
Genossen heraus: „Wir haben ja unter nicht ganz einfachen Bedingungen – | |
insbesondere in den letzten Wochen – um Wählerstimmen gekämpft.“ | |
Richtige „Bremsspuren“ hätten die Querelen um Steinbrück aber nicht | |
hinterlassen. In den „Tagesthemen“ sagte Weil nach Bekanntwerden des | |
Wahlergenisses: „Wenn wir heute abend verloren hätten, wäre das eine | |
Niederlage von Peer Steinbrück gewesen. Jetzt soll es ein Sieg von Peer | |
Steinbrück sein“ | |
Die Grünen ließen schon früh keine Zweifel daran aufkommen, dass sie den | |
Abend als Erfolg betrachten. „Wir feiern heute ein wunderbares Ergebnis“, | |
rief Spitzenkandidat Stefan Wenzel seinen Parteifreunden euphorisch zu. | |
„Ich bin stolz auf euch: Das ist das historisch beste Ergebnis, das die | |
Grünen jemals in Niedersachsen erreicht haben“, kommentierte er die erste | |
Hochrechnung. | |
Kritik an der schwächelnden SPD? Fehlanzeige. „Schwarz-Gelb hat deutlich | |
verloren, Rot-Grün hat stark gewonnen, vor allem wegen der starken Grünen.“ | |
Allenfalls am Rande, wo keine Mikrofone lauerten, äußerten sich die Grünen | |
enttäuscht, dass der Vorsprung von Rot-Grün in den letzten Wochen | |
dahingeschmolzen ist. | |
## Bieder wirkender Parteisoldat | |
Die Ursachen: Der extrem kurze Wahlkampf von nicht einmal vier Wochen hat | |
den Amtsinhaber David McAllister begünstigt, während SPD-Spitzenkandidat | |
Stephan Weil Mühe hatte, seinen Bekanntheitsgrad überhaupt über die | |
70-Prozent-Marke zu hieven. Er ist ein solider, etwas bieder wirkender | |
Parteisoldat, weder jovial noch charismatisch, dem die Attacke wesensfremd | |
ist. | |
Deutlich zu sehen war das im TV-Duell der beiden Spitzenkandidaten: Obwohl | |
bekannt ist, dass McAllister konkreten Sachfragen gern ausweicht und unter | |
Druck versteinert, wirkte Weils Kuschel-Auftritt wie eine Bewerbung um die | |
Nebenrolle in einer großen Koalition. | |
Rot-Grün hat einen klassischen Lagerwahlkampf betrieben. Beide Parteien | |
haben sich früh auf ein Bündnis festgelegt, obwohl der grüne | |
Spitzenkandidat Stefan Wenzel als Freund eines Bündnisses mit der Union | |
galt, mit dem er auf kommunaler Ebene schon viel Erfahrung hat. | |
## SPD kam nicht aus der Deckung | |
Der SPD ist keine scharfe thematische Abgrenzung von der CDU gelungen. In | |
vielen Fragen liegen die beiden großen Parteien nah beieinander. Und auf | |
den echten Konfliktfeldern ist die SPD nicht richtig aus der Deckung | |
gekommen: Sie hat es nicht geschafft, sich an die Spitze der Bewegung für | |
mehr Gesamtschulen zu setzen, die die CDU aus ideologischen Gründen | |
bekämpft. Im Streit über den von der CDU forcierten Ausbau der | |
Agrarindustrie hat die SPD es fast ganz den Grünen überlassen, für eine | |
ökologische Agrarwende zu werben. | |
Dafür hat Weil die Quittung bekommen: Er hat das zweitschlechteste Ergebnis | |
der Niedersachsen-SPD nach den katastrophalen 30,3 Prozent geholt, mit | |
denen Wolfgang Jüttner 2008 an Christian Wulff gescheitert war - und kann | |
dennoch regieren. | |
20 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Jan Kahlcke | |
Malte Kreutzfeldt | |
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