# taz.de -- Zukunft des ÖPNV: Autonome Shuttle auf Knopfdruck | |
> Eine Messe in Berlin schaut auf die Zukunft des Nahverkehrs. Ein | |
> kombiniertes Reisen per App ist das Ziel. Doch der Weg dahin ist | |
> kompliziert. | |
Bild: Illustration eines autonom fahrenden Kleinbus | |
BERLIN taz | Es kann so einfach sein: per Mobiltelefon ein autonomes | |
Fahrzeug buchen, das morgens vor der Haustür wartet und einen zum Bahnhof | |
bringt, dann in der Bürokabine des Regionalzugs arbeiten, in der Stadt dann | |
mit dem Leihfahrrad ins Büro – und alles über eine App im Telefon | |
abrechnen. Besser noch, alles ist mit einem Monatsfahrschein abgedeckt. So | |
jedenfalls könnte der [1][Nahverkehr] in Deutschland einmal aussehen. | |
Könnte. | |
In Berlin jedenfalls lässt sich diese Woche ein Blick in die Zukunft wagen. | |
Die Deutsche Bahn hat eine Messe organisiert, um zu „zeigen, wie attraktiv | |
und innovativ Nahverkehr sein kann“, wie Evelyn Palla sagt, im Vorstand des | |
Staatskonzerns zuständig für Regionalverkehr. | |
Die Bahn ist mit rund 60 Prozent Marktanteil der größte Nahverkehrsanbieter | |
in Deutschland. Chatbots, die den Fahrgästen mit künstlicher Intelligenz | |
beim Ticketkauf helfen, S-Bahnen, bei denen sich die Sitzzusammenstellung | |
auf Knopfdruck ändern lässt, und fahrerlose Kleinbusse für 22 Personen sind | |
Teil des Programms. | |
Aber auch Mobiltelefonnutzer kommen auf ihre Rechnung. Ein Programm, das | |
von Tür zu Tür funktionieren soll und viele Nahverkehrsangebote verknüpft – | |
Bus, Leihrad, Regionalzug etwa. Die App bietet verschiedene | |
Reisemöglichkeiten an: schnelle, einfache, günstige oder nachhaltige. Die | |
gewählte Verbindung ließe sich dann sofort buchen und bezahlen – unabhängig | |
davon, wer jetzt das Leihrad anbietet oder welche Gesellschaft den Zug | |
fährt. | |
## On-Demand-Verkehr im Test | |
„Wir müssen alles zusammendenken, um den Nahverkehr attraktiver zu machen“, | |
sagt Palla, sonst wechsele niemand vom Auto. Getestet werden soll das von | |
April 2024 an in Schleswig-Holstein an der Schlei: Busse und Bahnen im | |
Takt, Transport auf Bestellung oder, wie es in der Branche heißt, | |
On-Demand-Verkehr. Einfache Umsteigemöglichkeiten verspricht Palla, dazu | |
neue digitale Fahrgastinformationen. Der Test soll auch auf andere Regionen | |
ausgeweitet werden. Grundsätzlich ist offenbar vieles bereits technisch | |
möglich. | |
Leider ist es nicht so einfach. Das beginnt schon damit, dass für Bahnen 27 | |
verschiedene Aufgabenträger zuständig sind, für Busse eher die Kommunen. | |
Auch das Geld kommt aus unterschiedlichen Töpfen. Und wer bestellt, | |
bestimmt auch, was in den Nahverkehrszügen angeboten werden soll: | |
Toiletten, WLAN, Zahl der Rollstuhl- und Fahrradplätze zum Beispiel. Und | |
natürlich hat jeder Verkehrsverbund ein eigenes Ticketsystem und eine | |
eigene App. | |
Für die, die in Berlin, Bielefeld, Dresden, Frankfurt, Freiburg, Mannheim | |
oder München und den jeweiligen Großräumen unterwegs sind, mag das reichen, | |
für die, die weiter fahren, wird es unübersichtlich. Dass die Bundesbürger | |
den Nahverkehr dennoch gern nutzen, zeigt das 9-Euro-Ticket. Fast jeder | |
zweite hatte sich das pauschale Monatsticket im vergangenen Jahr gekauft. | |
Das [2][Deutschlandticket] für 49 Euro, das es seit Mai gibt, schließt da | |
an. Der Nahverkehrsverband VDV spricht von elf Millionen verkauften | |
Monatsabos. | |
„Der günstige Preis ist nur das eine“, sagt Palla. „Wir brauchen auch ein | |
besseres Angebot.“ Sie spricht von modernen neuen Bussen und Zügen und von | |
Fahrzeugen, die auf Bestellung fahren. Im Idealfall sollten sie ohne Fahrer | |
unterwegs sein, was die Kosten senkt und bei gleichem Preis mehr Angebot | |
möglich macht. Die Bahn arbeitet hier mit den Anbietern ZF Friedrichshafen, | |
Schaeffler in Herzogenaurach und Holon aus Paderborn zusammen. Bisher gibt | |
es nur Testfahrzeuge, bis zum Serienbetrieb auf der Schwäbischen Alb oder | |
in der Eifel dauert es noch etwas. | |
## Schienennetz teils marode | |
Greifbarer ist da ein neuer Bus, den die Bahn vom kommenden Jahr an | |
einsetzen will, wenn Züge nicht fahren. Denn der [3][Staatskonzern] muss | |
das in Teilen marode Schienennetz sanieren. Statt bei laufendem Betrieb | |
über längere Zeit immer wieder etwas zu reparieren, sollen künftig ganze | |
Streckenabschnitte komplett gesperrt und dann schneller erneuert werden. | |
Los geht es 2024 auf der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim. | |
4 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Björn Hartmann | |
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