# taz.de -- Weltraumschrott-Konferenz in Darmstadt: Ein weiter Weg für die Mü… | |
> In Darmstadt wird über den Verbleib alter Satelliten und Metallteile im | |
> All diskutiert. Die über 750.000 Objekte könnten bald zum Problem werden. | |
Bild: So könnte sie aussehen, die Müllabfuhr im All | |
BERLIN taz | Weltraumschrott gefährdet die moderne Lebenswelt: Smartphones, | |
Fernseher und Navigationssysteme benötigen Satelliten. Herumfliegender | |
Abfall – Space Debris – im All könnte sie aber außer Gefecht setzen. Auf | |
der weltweit größten Konferenz zu Weltraumschrott in Darmstadt treffen sich | |
darum derzeit Wissenschaftler und Entscheidungsträger aus den wichtigsten | |
Weltraumnationen. | |
„Sechzig Prozent der ausrangierten Weltraumtechnik werden bereits | |
fachgerecht entsorgt, aber das reicht nicht“, berichtet Holger Krag, Leiter | |
des Space Debris Office der European Space Agency (ESA). Beliebter Ort für | |
Satelliten ist die Geobahn, auf der sich Raumkörper mit derselben | |
Geschwindigkeit wie die Erdrotation bewegen; ein Satellit dort „steht“ also | |
permanent über derselben Stelle der Erde. Die Geobahn befindet sich in rund | |
35.800 Kilometern Höhe und birgt die meisten Informations- und | |
Kommunikationssatelliten. Bereits heute ist sie zugemüllt, künftiger | |
Schrott mache die Situation nicht besser, so Krag. | |
Ausrangierte Satelliten, Trägerraketen und abgeplatzte Metallteile sind so | |
gefährlich, weil sie sich mit großer Geschwindigkeit bewegen. Krag sagt | |
dazu: „Ein Teilchen von der Größe einer Gewehrkugel ist mit rund 40.000 | |
Stundenkilometern unterwegs. Trifft es einen Satelliten, zerstört er diesen | |
komplett, denn das Teilchen besitzt die Kraft einer Handgranate.“ | |
Sorgen bereiten den Experten Megakonstellationen. Dabei werden Hunderte von | |
Satelliten auf einmal ins All geschossen. Unternehmen wie Samsung oder | |
Google möchten damit besseres Internet in jedem Winkel der Welt erzielen, | |
sorgen aber für noch mehr Schrott im Orbit. | |
## Ab auf die Friedhofsbahn | |
„Am besten wäre es natürlich, wenn jeder seinen eigenen Müll fachgerecht | |
herunterholt oder in der Erdatmosphäre verglühen lässt“, meint Krag. Dies | |
ist aber laut ESA nicht immer möglich. Nicht alle Objekte werden so stark | |
von der Erde angezogen, dass sie in unsere Atmosphäre eindringen. | |
Forscher empfehlen daher, die ausrangierte Raumfahrttechnik auf die | |
Friedhofsbahn zu schießen, damit sie keinen Platz auf der beliebten Geobahn | |
wegnimmt. Diese Bahn befindet sich ungefähr 300 Kilometer über der Geobahn. | |
„Optimal ist das natürlich nicht, aber somit stören sie wenigstens nicht | |
mehr und verursachen durch ein Zerbersten nicht noch mehr Müll.“ | |
Nach Berechnungen der ESA befinden sich in den Umlaufbahnen der Erde | |
zurzeit ungefähr 29.000 von Menschen gemachte Objekte, die größer als zehn | |
Zentimeter sind, und 750.000 Teile, die zwischen einem und zehn Zentimeter | |
lang sind. Dazu kommen noch mindestens 160 Millionen Teile, die kleiner als | |
einen Zentimeter sind. Weltraumüberwachungsnetzwerke zeichnen mit | |
Teleskopen und Radar alle Bruchstücke auf. Zusammenstöße können trotzdem | |
nicht immer vermieden werden. Internationale Regelungen zur Entsorgung des | |
Abfalls im Weltall gibt es noch nicht. | |
18 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Yvonne Elfriede Hein | |
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