# taz.de -- Bergbau im Weltraum: All für alle – bis es alle ist | |
> Der Bergbau im Weltall ist zwar noch Zukunftsmusik, doch Luxemburg | |
> prescht jetzt mit einem Gesetz vor. Darf ein Land das im Alleingang? | |
Bild: Näher als man denkt: Rohstoffabbau auf Asteroiden und anderen Himmelskö… | |
Wem gehört der Weltraum – und wer darf darüber bestimmen? Luxemburg hat | |
darauf jetzt eine Antwort: Luxemburg. Seit Anfang August gilt dort [1][ein | |
Gesetz, das Unternehmen erlaubt, im All nach Rohstoffen] zu schürfen und | |
diese zu behalten. Die USA haben bereits 2015 für US-Unternehmen ein | |
ähnliches Gesetz erlassen. Für das luxemburgische Gesetz reicht für | |
interessierte Unternehmen jetzt schon ein Büro im Land – die Hürde ist also | |
möglichst klein gehalten. | |
Die Ziele des Gesetzes sind umstritten. Marco Ferrazzani, Justitiar der | |
Europäischen Weltraumorganisation (ESA), sieht darin eine wichtige | |
Grundlage für die Forschung am Bergbau im Weltraum. Die ESA könne nun | |
Studien in die Wege leiten, zunächst stünde also die Entwicklung neuer | |
Technologien im Vordergrund. | |
Doch Martha Mejia-Kaiser, Mitglied im Aufsichtsrat des International | |
Institute of Space Law (IISL), sieht vor allem ein kommerzielles Interesse: | |
„In Luxemburg waren private Unternehmen sehr daran interessiert, dass | |
dieses Gesetz erlassen wird.“ Viele seien bereit, Millionenbeträge in den | |
Weltraum zu investieren, unter ihnen zum Beispiel Planetary Resources mit | |
Investoren der Google-Mutter Alphabet. | |
Sogar Investmentriese Goldman Sachs empfahl in einem Podcast schon die „New | |
Space Economy“: „Wir haben das Gefühl, dass es im Weltraum eine Menge | |
Investitionsmöglichkeiten gibt.“ [2][Das ZDF berichtete], dass ein Berater | |
der Firma in einem Schreiben an Investoren schon von riesigen Gewinnspannen | |
schwärmte: „Ein einzelner Asteroid von der Größe eines Football-Feldes | |
könnte Platin im Wert von 26 bis 50 Milliarden Dollar enthalten.“ | |
Die Hoffnungen beim Bergbau im All richten sich aber vor allem auf | |
Ressourcen, die gar nicht zuerst für die Erde bestimmt sind. Die | |
Unternehmen hoffen auf Sauerstoff und Wasserstoff, die als Treibstoff für | |
Raketen nutzbar sind, oder auf Wasser zur Versorgung von Raumexpeditionen. | |
## Keine territorialen Ansprüche | |
Bis jetzt gibt es nicht viele Gesetze, die sich mit dem Weltraum | |
beschäftigen. Luxemburg und die USA sind die Ersten, die speziell den | |
Bergbau regelten, aber in Zukunft könnten andere Länder nachziehen – vor | |
allem die klassischen Weltraumnationen wie Russland, China und Frankreich. | |
Auch die arabischen Emirate planten angeblich ein ähnliches Gesetz, sagt | |
Ferrazzani. „Industrie und Investoren haben ihr Interesse gezeigt, das ist | |
motivierend.“ | |
„Das Gesetz über den Abbau von Ressourcen öffnet Pandoras Büchse“, sagt | |
dagegen Mejja-Kaiser vom IISL. Man dürfe sich Himmelskörper nicht zu eigen | |
machen. | |
Die ersten Regeln zum Umgang mit dem All standen im Weltraumvertrag von | |
1967. Damals ging es vor allem um den Frieden, der Vertrag sollte eine | |
Besetzung des Mondes durch die USA oder die Sowjetunion verhindern, 105 | |
Länder sind Mitglieder. Die Nutzung von Ressourcen ist allerdings nicht | |
geregelt. | |
Laut der Auslegung des luxemburgischen Gesetzes werden mit dem Bergbau | |
keine territorialen Ansprüche gestellt, das All gehöre nach wie vor allen. | |
„Wir benutzen den Weltraum bereits alle mit Satelliten. Mit dem Bergbau | |
gehen wir nur einen Schritt weiter“, sagt ESA-Experte Ferrazzani. | |
Für die Nutzung brauche es dringend eine Form der internationalen | |
Koordination, mahnt Weltraumrechtlerin Mejia-Kaiser. Versucht wurde das | |
bereits 1979 im Mondvertrag. Darin steht, dass natürliche Ressourcen eines | |
Himmelskörpers nicht Eigentum eines Staates, einer Organisation oder einer | |
Privatperson werden können. | |
## Verband der Weltraumnationen | |
Der Mondvertrag widerspricht damit deutlich dem luxemburgischen Gesetz und | |
ist viel strenger als der Weltraumvertrag. Er gilt jedoch als gescheitert, | |
weil nur 17 Länder ihn ratifizierten, keines von ihnen eine große | |
Raumfahrernation. Es handelt sich deswegen nicht um internationales Recht, | |
an das die USA und Luxemburg gebunden sind. | |
Was im Weltraum passiert, müsse nicht immer international verhandelt | |
werden, es sei die Verantwortung des jeweiligen Staates, sagt ESA-Justitiar | |
Ferrazzani, „Länder gehen mit dieser Verantwortung gewissenhaft um.“ | |
Deshalb könnten Länder auch nationale Gesetze über den Weltraum erlassen. | |
„Wenn ein Staat eine Lizenz zum Bergbau vergibt, kümmert er sich auch | |
darum, dass die Natur respektiert und alles sauber hinterlassen wird“, sagt | |
Ferrazzani. | |
Sieht man sich den Bergbau oder die Fischerei auf der Erde an, funktioniert | |
diese Verantwortlichkeit der einzelnen Länder oft nur beschränkt. | |
„Nebenwirkungen interessieren Länder und Unternehmen nicht, wenn es um Geld | |
geht“, warnt Weltraumrechtlerin Mejia-Kaiser. Probleme würden kleingeredet, | |
so auch die drohende Weltraumverschmutzung. In Erdnähe ist das durch | |
[3][defekte Satelliten bereits ein Problem]. Der Staub, der durch den | |
Bergbau an Asteroiden und Planeten entstehen könnte, könnte die Erde | |
langfristig in eine Staubwolke hüllen und den Zugang zum Weltraum | |
beschränken. | |
„Viele Staaten wollen sich keiner höheren Instanz unterwerfen“, sagt | |
Mejia-Kaiser. Doch man könnte flexiblere Formen als den internationalen | |
Vertrag finden. Die Expertin schlägt einen Verband vor, dem alle | |
Weltraumnationen beitreten. Dort könnten Staaten über Richtlinien | |
verhandeln und gleichzeitig eine andauernde Debatte führen – bei der | |
internationalen Fernmeldeunion funktioniere dieses Modell bereits sehr gut. | |
15 Aug 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.spaceresources.public.lu/en.html | |
[2] http://www.heute.de/weltraumgesetz-in-luxemburg-tritt-in-kraft-47679218.html | |
[3] /Weltraumschrott-Konferenz-in-Darmstadt/!5401786 | |
## AUTOREN | |
Tanya Falenczyk | |
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