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# taz.de -- Wahlkampf in Kolumbien: Tödliche Konsequenzen
> Wochenlang hatte Karina García vor einer Bedrohung gewarnt, jetzt ist sie
> tot. Sie wollte erste Bürgermeisterin der Stadt Suárez werden.
Bild: Die Sicherheitskräfte Kolumbiens konnten Karina García Sierra nicht sch…
Bogotá taz | Noch wenige Tage vor ihrem Tod hatte Karina García Sierra um
Hilfe gerufen. „Ich bitte die anderen Kandidaten und ihre Anhänger,
gegenüber den bewaffneten Gruppen keine unverantwortlichen Kommentare mehr
abzugeben“, sagte García, die bei Kolumbiens Kommunalwahlen Ende Oktober
erste Bürgermeisterin der Stadt Suárez werden wollte. Wenn gesagt würde,
„dass ich die Paramilitärs und die multinationalen Konzerne anlocken werde,
den Leuten das Land wegnehmen will“, sagte sie in einem Video, das sie auf
YouTube veröffentlichte, „kann das für mich Konsequenzen haben, sogar
tödliche.“
Am Sonntag griffen Unbekannte mit Gewehren und Granaten das gepanzerte Auto
der nationalen Personenschutzeinheit an, in dem García unterwegs war, und
zündeten es anschließend an. Sechs Menschen starben: neben Garcia noch ihre
Mutter, eine Wahlhelferin, ein Stadtratskandidat, eine Vertreterin der
Gruppe der Opfer des bewaffneten Konflikts und ein Bodyguard. Der einzige
Überlebende, ebenfalls Personenschützer, rettete sich durch einen Sprung
aus dem Auto und befindet sich im Krankenhaus.
Die Region Cauca, in der Suárez liegt, gehört laut Internationalem Roten
Kreuz zu den fünf Brennpunkten des [1][bewaffneten Konflikts in Kolumbien.]
Nach dem Friedensabkommen mit der Farc-Guerilla hat der Staat es nicht
geschafft, die von der Farc verlassenen Gebiete unter seine Kontrolle zu
bringen. Verschiedene bewaffnete Gruppen kämpfen um die Kontrolle über Land
und Drogenhandel.
In der Gegend um Suárez sind Farc-Dissidenten, die Guerillas ELN und EPL
(auch „Los Pelusos“ genannt) sowie Drogenbanden aktiv. In den vergangenen
Monaten hatte es mehrere Kämpfe zwischen Farc-Dissidenten und der Armee
gegeben.
## García stand für Erneuerung
Laut dem kolumbianischen Friedensbeauftragten Miguel Ceballos soll der
Anführer einer paramilitärischen Gruppierung, die sich von der Farc
abgespalten habe, für den Anschlag verantwortlich sein. Ein Teil der
Guerilla hatte sich schon während der Friedensverhandlungen abgespalten.
Vergangene Woche hatte zuletzt Iván Márquez, die einstige Nummer zwei in
der Hierarchie der Farc, [2][in einem im Internet verbreiteten Video die
Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes mit einer „neuen Farc“ angekündigt.]
Die Gegend um die Gemeinde Suárez ist ein Korridor für Drogenhandel.
Außerdem gibt es dort illegalen Bergbau und verbotene Kokaplantagen. Nachts
seien ortsfremde, dunkelgekleidete, bewaffnete Männer dort unterwegs, wurde
der Ombudsstelle kürzlich gemeldet. Die Gegend ist außerdem besonders
tödlich für Afrogemeinden und Indigene. Diese hatten kürzlich ebenfalls
eine Alarmstufe ausgerufen und einen Genozid angeklagt.
Karina García, die für die Liberale Partei kandidierte, stand für
Erneuerung: Niemand in ihrem Team war älter als 30 Jahre. Unterstützt wurde
sie auch von der Partei La U, dem Unabhängigen Sozialbündnis (Alianza
Social Independiente) und der Alternativen Indigenenbewegung Kolumbiens.
García hatte für mehr Bildung geworben. „Ein Abschluss ist das beste
Mittel, um sich zu verteidigen“, hatte sie gesagt. Sie war Anwältin und
Mutter eines kleinen Sohnes.
Nach Angaben der Unabhängigen Wahlbeobachtungsmission wurden vor den
Kommunalwahlen am 27. Oktober bereits sechs Bürgermeister- und mindestens
fünf Gemeinderats-Kandidat*innen ermordet. Das Morden traf alle Richtungen,
von der Farc-Partei der ehemaligen Guerilla bis zur Regierungspartei Centro
Democrático. Karina García hatte wenige Tage vor dem Mord den amtierenden
Bürgermeister, einen Parteikollegen, aufgefordert, die Kandidaten besser zu
schützen.
3 Sep 2019
## LINKS
[1] /Friedensprozess-in-Kolumbien/!5594902
[2] /Kolumbiens-Friedensabkommen-in-Gefahr/!5621824
## AUTOREN
Katharina Wojczenko
## TAGS
Bolivien
Farc
Politische Morde
Kolumbien
Jair Bolsonaro
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Bolivien
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