# taz.de -- Wahlen in den USA: Im Senat blockieren Trumps Leute | |
> Nach der Wahl bleibt der Kongress gespalten, die Mehrheit im Senat in | |
> republikanischer Hand. Reformen werden deshalb schwierig. | |
Bild: Hier im Kapitol in Washington tagen die beiden Kammern des Kongresses | |
BERLIN taz | Geschichte wiederholt sich nicht – auch wenn die Demokratische | |
Partei gehofft hatte, ihre großen Erfolge der Wahl von 2008 zu wiederholen. | |
Damals hatten sie mit Barack Obama nicht nur das Weiße Haus erobert, | |
sondern auch komfortable Mehrheiten im Repräsentantenhaus und im Senat. | |
Obama nutzte diese Mehrheiten, um seine von den Republikanern vehement | |
kritisierte [1][Gesundheitsreform durchs Parlament] zu bringen. | |
Sollte sich der Trend bestätigen, dass Joe Biden in diesem Jahr das Weiße | |
Haus für die Demokraten von Donald Trump zurückerobert, wäre er dennoch in | |
einer weniger komfortablen Position als Obama vor zwölf Jahren. Denn es ist | |
den Demokraten diesmal nicht gelungen, im Senat eine Mehrheit der 100 Sitze | |
zu erobern. Sie hatten es gehofft, und in den Umfragen sah es so aus, als | |
ob sie zu ihren 47 Mandaten 4 oder 5 Sitze hinzugewinnen könnten. | |
Die Partei, die die Mehrheit im Senat hat, kann nicht nur Gesetze | |
verabschieden, sie stellt auch die Vorsitzenden der Ausschüsse – und die | |
legen fest, womit sich die Senator:innen befassen sollen. Wie wichtig das | |
ist, musste Obama im letzten Jahr seiner Amtszeit erleben, als die | |
demokratische Mehrheit im Senat verloren gegangen war und der | |
republikanische Senatsführer Mitch McConnell sich weigerte, Obamas | |
Nominierung des Richters Merrick Garland für den Supreme Court auch nur auf | |
die Tagesordnung zu setzen. | |
McConnell trieb wie kein anderer den unseligen Trend voran, dass im Senat | |
nur noch strikt nach Parteilinie abgestimmt wurde. McConnell verhinderte | |
auch in den Wochen vor der Wahl, dass [2][ein zweites Konjunkturprogramm] | |
mit wichtigen Hilfen für alle von Covid-19-Einschränkungen Betroffenen | |
beschlossen wurde. | |
## Georgia macht es spannend | |
Kompromisse gab es mit der seit den 1990er Jahren immer weiter nach rechts | |
gerückten Republikanischen Partei nicht mehr. Früher wurden wichtige | |
Reformvorhaben von jeweils einem Senator der Demokraten und einem der | |
Republikaner vorbereitet. (Senatorinnen waren damals die große Ausnahme, | |
auch jetzt sind nur 23 der 100 Senatsmitglieder Frauen.) So erarbeitete der | |
Republikaner John McCain mit dem demokratischen Senator Ted Kennedy eine | |
Vorlage zur Reform der Einwanderung – ein mehrjähriges Unterfangen, das | |
letztlich im Repräsentantenhaus scheiterte. | |
Falls Joe Biden also der 46. Präsident der USA werden sollte, muss er sich | |
auf das Bohren dicker Bretter vorbereiten. Nach dem gegenwärtigen Stand der | |
Auszählung steht es im Senat 48 zu 48. 4 Sitze sind noch offen, davon gehen | |
wahrscheinlich 3 – in Georgia, Maine und North Carolina – an die | |
Republikaner, während in Arizona der ehemalige Astronaut Mark Kelly für die | |
Demokraten in den Senat einzieht. | |
Dazu wird es in Georgia im Januar eine Stichwahl geben, bei der der | |
schwarze demokratische Pastor Raphael Warnock gegen die republikanische | |
Amtsinhaberin Kelly Loeffler antritt. Der Kontrast zwischen den beiden | |
könnte kaum größer sein, und der Wahlkampf dort wird Erinnerungen an die | |
Gouverneurswahl vor zwei Jahren wecken, die die schwarze Politikerin | |
[3][Stacey Abrams] nur ganz knapp verlor. | |
Bei einer republikanischen Mehrheit im Senat, die von dem konservativen | |
Blockierer Mitch McConnell angeführt wird, wäre es für eine | |
Biden-Administration sehr viel schwieriger, ihre Ziele in der | |
Einwanderungspolitik, bei der Gesundheitsversorgung sowie der Umwelt- und | |
Steuerpolitik umzusetzen. | |
## Referenden über Sexualkunde und Drogenfreigabe | |
Auch bei Ernennungen für Regierungsämter und Richterposten, die per Gesetz | |
vom Senat bestätigt werden müssen, könnte McConnell einem Präsidenten Biden | |
das Leben schwer machen. „Die Republikaner im Senat werden in den nächsten | |
beiden Jahren in einer sehr starken Position sein“, sagte der | |
republikanische Senator John Barasso der New York Times. „Nichts wird ohne | |
unsere Zustimmung Gesetz werden können.“ In zwei Jahren steht erneut ein | |
Drittel des Senats zur Wahl, erst dann könnte sich an den | |
Mehrheitsverhältnissen etwas ändern. | |
Da nützt es den Demokraten auch nichts, dass sie ihre Mehrheit im | |
Repräsentantenhaus behaupten konnten. Ein gespaltener Kongress ist eine | |
Garantie für legislativen Stillstand. Doch mehrere parallel zur | |
Präsidentenwahl durchgeführte Referenden in den einzelnen Bundesstaaten | |
haben gezeigt, dass progressive Politik nicht chancenlos sein muss. | |
Im Bundesstaat Washington wird ab 2022 Sexualkunde in den Schulen | |
unterrichtet – sehr zum Missfallen religiöser Kreise. In mehreren Staaten, | |
darunter Mississippi und New Jersey, werden die Drogengesetze gelockert, in | |
Oregon wird der Besitz jeglicher Drogen in kleinen Mengen | |
entkriminalisiert. | |
Allerdings kann ein Referendum auch Reformen zurückdrehen, wie bei den | |
Fahrdienstanbietern Uber und Lyft in Kalifornien. Sie müssen auch weiterhin | |
ihre Beschäftigten nicht fest anstellen, wie es das Staatsparlament Anfang | |
des Jahres beschlossen hatte. Und in Virginia bleiben mehrere Standbilder | |
von Bürgerkriegsgenerälen dank eines Referendums auf ihren Sockeln – obwohl | |
eine Neubewertung der rassistischen Geschichte der Südstaaten nicht nur von | |
Schwarzen immer lauter eingefordert wird. | |
6 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Trumpcare-in-den-USA-gescheitert/!5395408 | |
[2] /Konjunkturpaket-in-den-USA/!5718868 | |
[3] /Nach-den-Midterm-Wahlen-in-den-USA/!5548496 | |
## AUTOREN | |
Stefan Schaaf | |
## TAGS | |
Schwerpunkt US-Präsidentschaftswahl 2024 | |
US-Senat | |
Joe Biden | |
Mitch McConnell | |
US-Demokraten | |
US-Kongress | |
USA | |
Präsident Trump | |
Schwerpunkt US-Präsidentschaftswahl 2024 | |
Schwerpunkt US-Präsidentschaftswahl 2024 | |
Kolumne Postprolet | |
Repräsentantenhaus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nach der Wahl in den USA: Wie sich das System Trump zersetzt | |
Noch sind nicht alle Stimmen ausgezählt, da wenden sich schon viele | |
RepublikanerInnen vom Präsidenten ab. Wer jetzt wie reagiert, ist | |
zukunftsweisend. | |
Latinos bei den US-Wahlen: Trump statt Sozialismus | |
Der amtierende US-Präsident hat in Florida viele Stimmen bei Latinos | |
geholt. Laut Beobachtern haben sie dabei gegen eigene Interessen gewählt. | |
Liveticker zur US-Wahl: „Wir sind keine Feinde“ | |
Biden wendet sich in einer Rede an die Nation, sein Sieg rückt immer näher. | |
Trump muss nach einer Niederlage damit rechnen, verklagt zu werden. | |
Nach der US-Wahl: Trumps gefährliche Fanbasis | |
Die Welt ist voll von verbitterten Politiker*innen. Das Problem bei | |
US-Präsident Trump ist: Er hat eine ihm ergebene und teils militante | |
Bewegung. | |
Was uns bewegt und was nicht: Alltäglicher Horror | |
Islamistischer Terror und ein diktatorischer Trump. Das Weltgeschehen weckt | |
derzeit Endzeitgefühle. Armut und Ungleichheit wirken da eher langweilig. | |
Wahlen in den USA: QAnon jetzt im Repräsentantenhaus | |
Politneuling Marjorie Taylor Greene aus Georgia gewinnt einen Sitz. Für | |
Trump ist sie ein künftiger Star der Republikaner. |