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# taz.de -- Wahlen in Nigeria: Wahl mit Hindernissen
> Nigeria hat gewählt, trotz einer Reihe von Problemen in Wahllokalen.
> Unsere Autorin war am Wahltag unterwegs in der Wirtschaftsmetropole
> Lagos.
Bild: Stimmauszählung vor einem Wahllokal Lagos in Nigeria
Lagos taz | In der Ikeja Street in Ikoyi, einem Stadtteil von Lagos, fängt
der Wahltag mit Warten an. [1][Nigerias Präsidenten-, Repräsentantenhaus-
und Senatswahlen] sollten eigentlich um 8.30 Uhr beginnen. Doch 45 Minuten
später sind die Vertreter*innen der Wahlkommission (INEC) noch immer
nicht da. Die Wartenden haben sich auf den Bürgersteig auf der
gegenüberliegenden Straßenseite gesetzt, und die graue Mauer spendet etwas
Schatten. Für die Älteren werden Plastikstühle aus den Häusern geholt.
Aus vielen Landesteilen wird Ähnliches berichtet. Yiaga, eine
nichtstaatliche Organisation mit 3.836 Wahlbeobachter*innen, sagt: Um 9.30
Uhr konnte nicht einmal in jedem zweiten Wahllokal abgestimmt werden. Auf
der [2][interaktiven Karte von Connected Development (CODE)], die 20.000
Personen mit Daten füttern, bleibt das anfangs ebenfalls die Hauptkritik.
Im Laufe des Tages werden allerdings hauptsächlich aus Lagos – Hochburg des
regierenden All Progressives Congress (APC) – Vorfälle von gestohlenen
Wahlurnen und Einschüchterungsversuchen bekannt. Häufiger Schauplatz ist
Surulele.
In Ikoyi bleiben die Menschen gelassen. Auch Moji Dange ist an ihrem
Wahllokal an der Ikeja Street angekommen. Sie ist gerade 70 geworden und
lässt sich in einem kleinen blauen Transporter vorfahren. Zu wählen, das
ist für sie eine Selbstverständlichkeit. Sie macht keinen Hehl daraus, wer
ihre Stimme erhalten wird. „Tinubu natürlich,“ der 70-jährige
Präsidentschaftskandidat des APC. „Als Gouverneur hat er uns doch schon
gezeigt, was er alles kann.“ Für den Wunschkandidaten vieler junger
Menschen, [3][Peter Obi], hat sie wenig übrig. „Je älter jemand ist, desto
mehr Erfahrung hat er. Die Jugendlichen wissen doch gar nicht, was Tinubu
alles für Lagos gemacht hat.“
Mit 90 Minuten Verspätung kommen schließlich zwei Wahlhelferinnen an, bauen
Wahlkabinen und Urnen auf. Doch das elektronische Einlesen der
Wähler*innenkarten (BVAS) funktioniert lange nicht. Das Gerät ist
heiß, und in der prallen Sonne lässt sich auf dem Bildschirm kaum etwas
erkennen. Doch irgendwann klickt es, und Moji Dange kann als erste Wählerin
auf die drei Stimmzettel ihren Fingerabdruck machen. Als sie diese in die
Wahlurnen wirft, nickt sie zufrieden. Mittlerweile ist es elf Uhr.
## Wählen für ein anderes Nigeria
So viel Glück haben die Wähler*innen an der Isale Eko Avenue nicht. Hier
ist bisher niemand von INEC gekommen. Eine Frau auf einem Plastikstuhl im
Schatten: „Wir sind hier gestrandet. Die Menschen werden ärgerlich.“ Eine
mögliche Erklärung ist, dass es sich um einen neuen Wahlkreis handelt, und
die Verantwortlichen selbst nicht genau wissen, wohin sie müssen. Kommt bis
Mittag niemand, will sie wieder gehen. „Dabei ist mir die Wahl so wichtig.“
Das sieht auch eine Frau in Surulele so, die im Internet zur Heldin wird.
Als eine Gruppe von Schlägertypen in ihr Wahllokal eindringt und Unterlagen
stehlen will, stellt sie sich gegen diese, wird verletzt. Die Gruppe muss
jedoch flüchten. Wenig später kommt die Frau im blutverschmierten T-Shirt
und Pflastern im Gesicht zurück, um doch noch zu wählen. Das kleine Video
ist mittlerweile millionenfach geteilt worden.
Mit mehr als dreistündiger Verspätung sind an der Isale Eko Avenue doch
noch Wahlkabinen und Wahlurnen aufgestellt worden. 116 abgegebene Stimmen
werden um 14.30 Uhr – offizielles Ende ist bereits um 14 Uhr – gezählt.
Eine große Menschentraube hat sich gebildet. Etwas abseits lehnt sich eine
Gruppe von Männern an ein Auto und trinkt Whiskey.
Je mehr Stimmen an die Labor Party und Spitzenkandidat Peter Obi gehen,
desto mehr tanzt Etuh David Baba um die Menschentraube herum. 76 erhält Obi
hier schließlich. Wie bei einem Countdown zählen alle mit, sogar eine Frau,
die eigentlich für Atiku Abubakar, Kandidat der People's Democratic Party
(PDP) gestimmt hat. „Wenn das hier schon so gut läuft für Obi, obwohl
Tinubu doch der Lagos Boy ist – wie wird das erst in anderen Regionen des
Landes sein?“, jubelt der Zwei-Meter-Mann. In den vergangenen Wochen hat er
versucht, so viele Menschen wie möglich zu mobilisieren. „Wir brauchen ein
anderes Nigeria“, sagt er.
Bis es verlässliche Ergebnisse gibt, kann es allerdings noch Tage dauern.
Hochrechnungen gibt es nicht. Yiaga hat am Abend kritisiert, dass INEC auch
Stunden nach Schließung der Wahllokale noch kein einziges Ergebnis
hochgeladen hat.
26 Feb 2023
## LINKS
[1] /Praesidentschaftswahl-in-Nigeria/!5914353
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[3] /Wahlkampf-in-Nigeria/!5912461
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
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