# taz.de -- Wahlen in Bosnien und Herzegowina: Umstrittenes Gesetz auf Eis gele… | |
> Das bosnische Wahlgesetz soll doch nicht nach den Forderungen kroatischer | |
> Nationalisten geändert werden – dank tagelanger Proteste. | |
Bild: Christian Schmidt während der Pressekonferenz im OHR-Gebäude am 27.Juli… | |
SPLIT taz | Als der Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina, | |
Christian Schmidt, am Mittwochabend vor die Kameras trat, war ihm | |
anzusehen, wie sehr der tiefgreifende Konflikt der letzten Tage an ihm | |
genagt hat. | |
Wollte er noch vor wenigen Tagen mittels seiner Sondervollmachten den | |
Anliegen der kroatischen Nationalisten bei der [1][Änderung des | |
Wahlgesetzes] und der Verfassung entgegenkommen, war jetzt nach tagelangen | |
Protesten keine Rede mehr davon. Er kündigte lediglich technische | |
Verbesserungen des Wahlprozesses an. Damit möchte er mehr Transparenz | |
durchsetzen und Wahlmanipulationen verhindern. | |
Am 2. Oktober sollen in Bosnien allgemeine Wahlen stattfinden. Das | |
sogenannte Transparenzpaket soll unter anderem die Zentrale Wahlkommission | |
(CEC) bei ihrem Vorgehen gegen Wahlbetrug stärken und Hassreden im | |
Wahlkampf verbieten. „Es garantiert freie und faire Wahlkämpfe und Wahlen“, | |
erklärte Schmidt. Die politischen Parteien des Teilstaates | |
bosniakisch-kroatische Föderation forderte er auf, in Bezug auf das | |
Wahlgesetz und die Verfassungsänderungen selbst Kompromisse zu finden. | |
Ursprünglich plante Schmidt, eine Dreiprozenthürde für die Entsendung von | |
Vertretern aus einem der zehn Kantone einzuführen. Wo eine der drei | |
konstituierenden Bevölkerungsgruppen weniger als 3 Prozent ausmacht, sollte | |
kein Vertreter mehr entsandt werden. Dadurch hätte sich die | |
kroatisch-nationalistische HDZ, [2][die diese Änderung seit Jahren | |
fordert], mehr Sitze der Völkerkammer sichern können. De facto hätte dies | |
zu einer weiteren ethnischen Teilung des zutiefst gespaltenen Landes | |
geführt. | |
## Gegen Trennung und Spaltung | |
Seit Beginn der Woche hatten Tausende Menschen in Sarajevo gegen die Pläne | |
demonstriert. Auch in Europa und den USA protestierten namhafte | |
Persönlichkeiten und Politiker, die für ein multinationales, demokratisches | |
Bosnien und Herzegowina eintreten. | |
Diese Position zog Kreise bei den Parteien in Bosnien und Herzegowina. Das | |
Parlament der bosniakisch-kroatischen Föderation verabschiedete am Mittwoch | |
eine Deklaration, in der gefordert wird, die Multinationalität des Staates | |
zu erhalten und jede weitere Trennung nach ethnischen Kriterien zu | |
vermeiden: „Das Repräsentantenhaus des Parlaments der Föderation Bosnien | |
und Herzegowina verurteilt die anhaltenden Tendenzen und politischen | |
Vorschläge und Initiativen (…), die darauf abzielen, ein System der | |
ethno-territorialen Vorherrschaft zu errichten.“ | |
Der kroatische Regierungschef Andrej Plenković zeigte sich wie die | |
bosnisch-kroatischen Nationalisten enttäuscht über Schmidt. Kroatische | |
Medien versuchen die Proteste als „schrecklich“ zu diffamieren. Sie hoffen, | |
dass Schmidt, falls keine Einigung zwischen den Parteien vor den Wahlen | |
zustande kommt, doch noch ein Machtwort in ihrem Sinne sprechen wird. Nicht | |
unwahrscheinlich, da eine solche Einigung auch an der HDZ hängt. | |
28 Jul 2022 | |
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## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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