Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Vatikan stoppt „Pastoralteams“: Alle Einsichten ignoriert
> Wo es an Priestern mangelt, setzen katholische Gemeinden auf Teams mit
> Laien. Gute Lösung, die obendrein Frauen stärkt. Nur der Vatikan liebt's
> nicht.
Bild: Machen die ganze Arbeit, aber bleiben im Hintergrund: Frauen in der katho…
Die katholische Kirche hat mit Priestermangel zu kämpfen. Zum Beispiel in
Deutschland, wo es bei Weitem nicht genug Nachwuchs gibt, um in jeder
Gemeinde einen Pfarrer zu haben. Deshalb haben einige Bischöfe mehrere
Pfarreien zu Großgemeinden zusammengelegt – und den Pfarrern bezahlte und
ehrenamtliche Laien zur Seite gestellt.
Das Prinzip nennt sich „Pastoralteam“ und es ist unter anderem deshalb ein
Erfolg, weil dort auch Frauen echte Verantwortung tragen können. Im
Pastoralteam wird nämlich – im idealen Fall zumindest – auf Augenhöhe
zusammengearbeitet. Nur der Vatikan hat leider etwas dagegen.
Die römische Kleruskongregation, also so etwas wie die höchste
Priesterbehörde im Vatikan, hat jetzt die betreffenden Bischöfe
zurückgepfiffen. Rom fürchtet nämlich um die Sonderrolle der geweihten
Priester. Deshalb fordert die Kongregation in einem neuen Schreiben eine
„Umkehr“ von dieser „illegitimen“ Umstrukturierung. In der traditionell…
katholischen Vorstellung verfügen Priester über eine besondere Gottesnähe
und sind daher unersetzlich, aber darum geht es nicht alleine.
Seit Januar arbeiten deutsche Laienvertreter*innen und progressive Bischöfe
im Synodalen Weg daran, die Macht in der Kirche umzuverteilen, und zwar
schlicht deshalb, weil es nicht mehr anders ging. Die sogenannte
[1][MHG-Studie] im Auftrag der Bischofskonferenz über Strukturen des
Missbrauchs in der Kirche hatte deren katastrophales Ausmaß ja vor zwei
Jahren wissenschaftlich belegt. Männerbünde, so die Studie, sind Teil des
Problems, und: Priester werden als zentrale Leitungsfiguren gleichzeitig
idealisiert und überfordert.
## „Missachtung der realen Situation“
Die neueste Weisung von oben ignoriert also nicht nur diese Einsichten und
verkennt die pragmatischen Lösungen der hiesigen Bischöfe. Dem Vatikan
scheint auch egal zu sein, dass immer mehr Katholik*innen – [2][bei Maria
2.0. etwa] – gleichberechtigte Teilhabe fordern. Sie drohen, „mit den Füß…
abzustimmen“ und zu gehen. Dies wäre das Aus vieler Gemeinden, denn vor
allem Frauen leisten dort meistens die ehrenamtliche Arbeit.
„Der Text zeugt von einer tiefen Missachtung der realen Situation von
Seelsorge und Pfarrgemeinden“, kommentierte der Wiener Theologieprofessor
Johann Pock das neue Papier. Der Präsident des Zentralkomitees der
deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, sprach von einer „abenteuerlichen
Realitätsferne“.
Doch nicht nur in der katholischen Wissenschaft und Laienvertretung regt
sich Widerstand, sondern auch unter den Oberhirten. Der Mainzer Bischof
Peter Kohlgraf etwa will auf dem eingeschlagenen Weg bleiben. Auch der
progressive Bischof Franz-Josef Bode aus Osnabrück weigert sich, die
„Pastoralteams“ wieder abzuschaffen. In seiner Zuständigkeit rückte 2019
die Gemeindereferentin Christine Hölscher an die Spitze einer Großgemeinde
auf. Zwei Priester stehen ihr dort zwar zur Seite, aber sie ist die Chefin
über die Finanzen, das Personal und die Immobilien.
Die Bischöfe täten gut daran, Rom zum Trotz solche Pastoralteams zu
stärken. Papst Franziskus würden sie damit sogar beim Wort nehmen, denn der
hatte zu Beginn seiner Amtszeit den Ortskirchen mehr Autonomie zugestanden.
## Mutig sein
Die Bischöfe könnten sogar noch weiter gehen und bei den Umstrukturierungen
weniger – wie bisher – auf Unternehmensberater hören und stattdessen auf
die Erfahrungen von Basisgemeinden in Lateinamerika und Frankreich schauen,
die ebenfalls die Bedeutung von Laien in der Vergangenheit gestärkt haben.
Auch beim Abbau toxisch-männlicher Macht sollten die deutschsprachigen
Katholik*innen mutig – prophetisch, will mensch fast sagen – vorangehen,
denn der Missbrauch, den die bestehenden Strukturen begünstigen, ist ein
globales Problem.
Und deshalb könnte die jüngste „Instruktion“ aus dem Vatikan der Kirche
sogar guttun. Denn wer von der Zentrale dermaßen missachtet wird,
emanzipiert sich leichter.
28 Jul 2020
## LINKS
[1] /Studie-ueber-Missbrauch-in-der-Kirche/!5534954
[2] /Der-Papst-und-die-Revoluzzerinnen/!5661165
## AUTOREN
Stefan Hunglinger
## TAGS
Maria 2.0
Katholische Kirche
Religion
Vatikan
sexueller Missbrauch
sexueller Missbrauch
Papst Franziskus
Katholische Kirche
sexueller Missbrauch
## ARTIKEL ZUM THEMA
Neue Papst-Enzyklika: Von Corona bis Mahatma Gandhi
Papst Franziskus hat eine neue Enzyklika veröffentlicht. Die Pandemie
bestärkt ihn in seiner Sicht, dass der Markt die Probleme der Welt nicht
löst.
Missbrauch in katholischer Kirche: Mehr Geld für die Opfer!
Seit Jahren versichert die katholische Kirche, die Missbrauchsopfer
entschädigen zu wollen. Doch davon ist bis heute wenig zu sehen.
Missbrauch in der katholischen Kirche: Transparenz ist nötig
Auch die Ordensgemeinschaften haben nun eine Missbrauchsstudie vorgelegt.
Die Zahlen zeigen: Entschädigung und Transparenz sind angebracht.
Der Papst und die Revoluzzerinnen: Matres ante Portas
Die um Gleichberechtigung in der katholischen Kirche kämpfenden Frauen
mussten eine Niederlage einstecken. Jetzt gilt, sich evagleich zu
widersetzen.
Reformbestrebungen in der Kirche: Auch Katholiken haben eine APO
Auf der Synodalversammlung kämpften feministische Katholikinnen,
Transmenschen und Missbrauchsopfer um Inklusion und Entschädigung.
Studie über Missbrauch in der Kirche: Das Wegschauen der Katholiken
Missbrauch in der katholischen Kirche hat enorme Ausmaße, zeigt eine
Studie. Das System ist anfällig für Übergriffe und deren Vertuschung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.