# taz.de -- Unterhaus verschiebt Brexit-Votum: Mehrheit stimmt für Änderungsa… | |
> Das Parlament in London äußert sich nun doch nicht zum neuen Deal. Ein | |
> knapp angenommener Änderungsantrag verhindert die Abstimmung. | |
Bild: Niederlage für den Premier: der Letwin-Antrag kam ihm und seinem Deal in… | |
BERLIN taz | Das britische Parlament hat die Abstimmung über den [1][neuen | |
Brexit-Deal Großbritanniens mit der EU] verschoben. Stattdessen votierten | |
die Abgeordneten am Samstagnachmittag für einen Änderungsantrag, wonach das | |
Parlament den Deal lediglich zur Kenntnis nimmt. Seine Zustimmung hält es | |
solange zurück, bis das gesamte Brexit-Gesetzespaket verabschiedet ist. | |
Den Änderungsantrag eingebracht hatte der ehemalige konservative | |
Abgeordnete Oliver Letwin, zahlreiche Johnson-Gegner aus allen Parteien | |
unterstützten ihn. Der Antrag erhielt 322 zu 306 Stimmen. | |
Für Johnsons Niederlage sorgten am Ende [2][die nordirischen Protestanten | |
von der DUP] (Democratic Unionist Party), die eigentlich mit den | |
Konservativen verbündet sind. Sie hatten den Deal bereits am Donnerstag | |
abgelehnt, weil aus ihrer Sicht damit eine Zollgrenze zwischen | |
Großbritannien und Nordirland entsteht – obwohl Nordirland zum britischen | |
Zollgebiet gehören wird. | |
Hätten die zehn DUP-Abgeordneten gegen Letwins Antrag gestimmt, wäre er | |
nicht angenommen worden. Von der Regierung werden sie nun Neuverhandlungen | |
erwarten und damit auch eine Verschiebung des Austrittstermins. | |
## Johnson lässt offen, ob er die EU um Aufschub bittet | |
In einer ersten direkten Reaktion bekräftigte Boris Johnson jedoch, dass es | |
beim Austrittstermin 31. Oktober bleibe. Die Regierung will das geforderte | |
Gesetzgebungswerk Berichten zufolge bis Dienstag durch das Parlament | |
bringen. Eine Zustimmung zu dieser Gesetzgebung wäre dann gleichbedeutend | |
mit einer Zustimmung zum Brexit-Deal an sich. Parlamentsminister Jacob | |
Rees-Mogg stellte zudem eine ordentliche Parlamentsabstimmung über den Deal | |
bereits für kommenden Montag in Aussicht. | |
Indem er aufs Tempo drückt, hofft Johnson, die ihm aufgezwungene | |
gesetzliche Pflicht zu umgehen, eine Brexit-Verschiebung bei der EU | |
beantragen zu müssen. Laut einem im September im Eilverfahren beschlossenen | |
Gesetz muss der Premierminister einen Aufschub des Brexit um drei Monate | |
beantragen, sofern bis zum Abend des 19. Oktober kein Brexit-Deal mit der | |
EU vereinbart und vom Parlament abgesegnet worden ist. Oliver Letwins | |
erfolgreicher Änderungsantrag hat vor allem den Effekt, dass diese Frist | |
nun greift und Johnson eigentlich einen Verschiebungsbrief an die EU | |
schreiben müsste. | |
Ob er bei der EU um den Aufschub bitten wird oder nicht, ließ Johnson | |
zunächst offen. Er sagte im Unterhaus, er werde keine Brexit-Verlängerung | |
mit der EU „aushandeln“, aber von „Aushandeln“ ist im Gesetz auch keine | |
Rede. Er setzt möglicherweise darauf, den Aufschub zwar zu beantragen, ihn | |
aber dadurch gegenstandslos zu machen, dass der Brexit-Deal knapp vor einer | |
EU-Entscheidung durch das Parlament kommt. | |
## Letwin will angeblich einen No-Deal-Brexit verhindern | |
Auch Letwin selbst sorgte für Verwirrung: Er bekräftigte im Unterhaus, er | |
werde nächste Woche für das Gesetz über den Brexit-Deal stimmen und gehe | |
davon aus, dass Großbritannien am 31. Oktober die EU verlasse. Während | |
viele Oppositionelle für Letwins Antrag stimmten, weil sie gegen den Deal | |
sind, soll Letwins Motivation angeblich nur darin bestanden haben, einen | |
No-Deal-Brexit zu verhindern. | |
Dieser wäre theoretisch auf folgendem Weg möglich: Erst segnet das | |
Parlament den Deal ab und schreibt somit den Brexit am 31. Oktober fest, | |
dann blockieren die Brexit-Hardliner aber das Gesetz zu seiner Umsetzung | |
und Großbritannien tritt Ende des Monats ohne gültigen Deal aus der EU aus. | |
Letwin betonte allerdings, mit seinem Antrag sei sichergestellt, dass das | |
Land die EU am 31. Oktober nur mit einem rechtskräftigen Deal verlassen | |
könne. | |
Offen ist, ob die EU einer Verschiebung zustimmen würde, da es ja nun einen | |
neuen Deal mit Großbritannien ausgehandelt hat. Zuletzt hatten sich | |
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Irlands Premierminister Leo | |
Varadkar gegen eine Verschiebung ausgesprochen. | |
19 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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