# taz.de -- Professor über Brexit-Deal: „No Deal könnte noch eintreten“ | |
> Vier verschiedene Gruppen muss Premier Johnson überzeugen, um den neuen | |
> Brexit-Deal durchs Parlament zu kriegen. Sicher ist das keineswegs. | |
Bild: Auf zum letzten Fahnenappell | |
taz: Herr Usherwood, die EU und Großbritannien haben sich auf einen neuen | |
[1][Brexit-Deal] geeinigt. Wie wahrscheinlich ist es, dass das britische | |
Parlament am Samstag zustimmt? | |
Simon Usherwood: Um eine Zustimmung für das Abkommen im Parlament zu | |
erreichen, muss Johnson vier Gruppen von Gegnern überzeugen. Zuerst die | |
[2][nordirische DUP]. Der Deal stellt ein Problem für sie dar, weil er | |
Unterschiede zwischen Nordirland und dem Vereinigten Königreich macht. Ihre | |
Sorge ist zugleich, dass es bei einer Ablehnung noch schlechter für sie | |
enden könnte. Die zweite Gruppe sind die konservativen Euroskeptiker der | |
European Research Group. Sie werden der Linie der DUP folgen. Selbst mit | |
diesen beiden Gruppen verfügt die Regierung noch über keine Mehrheit. | |
Die dritte Gruppe sind die Ex-Tories, deren Parteimitgliedschaft entzogen | |
wurde, weil sie gegen Johnson rebellierten. Sie wollten einen Deal unter | |
Theresa May, die neuen Vorschläge mögen sie als weniger attraktiv | |
beurteilen. Zuletzt braucht Johnson Rebellen aus der Labour-Opposition. | |
Zwei oder drei Labour-Abgeordnete werden mit Sicherheit zustimmen, aber die | |
meisten wollen nicht Johnsons Position retten. Das Beste, worauf die | |
Regierung hoffen kann, ist eine Zustimmung mit weniger als 10 Stimmen | |
Mehrheit. | |
Wenn das Parlament zustimmt, wäre dann alles geregelt? | |
Nein. Danach kommt noch das Gesetz zum Austrittsabkommen, das den Deal | |
überhaupt erst in Kraft setzt. Dieses Gesetz muss ohne Änderungsanträge | |
durchgehen, weil sonst die EU sagen wird, dass die Änderungen nicht mit dem | |
Abkommen übereinstimmen. | |
Kann es noch eine Brexit-Verlängerung oder ein Misstrauensvotum gegen | |
Johnson geben? | |
Labour will einem Deal nur zuzustimmen, wenn er einem weiteren Referendum | |
unterzogen wird. Das würde große Ungewissheiten bergen, weil Labour keine | |
klare Richtung für ein Referendum vorgibt. Bei einem Misstrauensantrag | |
wiederum stellt sich die Frage, was danach passiert. Wird es eine | |
Labour-Regierung mit Corbyn oder jemand anderem an der Spitze sein, und was | |
wird überhaupt ihre Aufgabe sein? Soll sie ein Referendum vorbereiten, was | |
bis zu einem Jahr dauern könnte, oder schnelle Neuwahlen? Eine klare | |
Marschroute fehlt völlig. | |
Besteht die Gefahr eines ungeregelten Brexit weiter? | |
Ja, die besteht immer. Eine Verlängerung wäre nur eine Verzögerung des No | |
Deal. No Deal ist immer noch das, was der EU-Austrittsantrag als letzte | |
Möglichkeit setzt. Er könnte auch ohne Absicht eintreten, aufgrund einer | |
Fehleinschätzung. Im Grunde sind wir jetzt da, wo wir letztes Jahr schon | |
waren: Es gibt einen Deal auf Europa-Ebene, aber die Regierung hat keine | |
Gewissheit, ob sie ihn durchs Parlament bringt. Eines der Hauptprobleme | |
ist, dass Labour und die Konservativen die Diskussionen zum Brexit so | |
gestalten wollen, dass es ihre Chancen bei Wahlen verbessert. Was fehlt, | |
ist ein nationales Konzept, was überhaupt der Sinn des Brexit oder des | |
EU-Verbleibs sein könnte. | |
Gibt es diesem Prozess irgendetwas Positives abzugewinnen? | |
Ja, ich glaube, all das hat die Menschen aufgeweckt und ihnen gezeigt, dass | |
Politik einen Unterschied macht. Die Leute sind sich heute viel mehr | |
darüber im Klaren, dass politische Entscheidungen ihr Leben beeinflussen. | |
Das hat trotz der Frustration vieler das Fundament für zukünftige | |
demokratische Mitbestimmung gestärkt. | |
18 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn | |
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