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# taz.de -- Umweltsenatorin Lompscher (Linke): "Wir werden mehr als ein Windrad…
> Ein Jahr vor der Wahl in Berlin ist Umweltsenatorin Kartin Lompscher
> zufrieden: Das Klimaschutzgesetz soll noch 2010 ins Parlament, die
> Windenergie werde ausgebaut, der Nichtraucherschutz sei umfassend wie
> nie.
Bild: Berlins Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke)
taz: Frau Lompscher, warum spielt Umweltschutz im Senat eigentlich so eine
nachgeordnete Rolle?
Katrin Lompscher: Sehen Sie das wirklich so? Ich nicht. Dadurch, dass die
Umwelt seit der letzten Wahl ein eigenes Ressort ist, haben wir doch mehr
Aufmerksamkeit für den Umweltschutz erzeugt. Umweltziele werden jetzt nicht
nur intern innerhalb eines Hauses abgewogen, sondern auch stärker innerhalb
des Senats diskutiert. Und die Themen, die wir gesetzt haben - etwa
Luftreinhaltung, Lärmminderung, Klimaschutz - sind in der Stadtpolitik sehr
relevant.
Was nützt es, wenn Umweltschutz sichtbarer ist, er sich aber am Ende nicht
durchsetzt? Beispiel Klimaschutzgesetz: Sie hatten einen vorbildlichen
Entwurf vorgelegt, der nun in der Diskussion immer weiter zerbröselt. Warum
konnten Sie Ihr Gesetz in der Koalition nicht besser vermitteln?
Warten Sie doch mal ab, was am Ende herauskommt. Mich hat allerdings schon
erstaunt, dass es über den Referentenentwurf in einer frühen Phase so eine
große Aufregung gab - schließlich war er noch nicht mit den anderen
Ressorts abgestimmt. Das hatte wohl auch mit dem Bundestagswahlkampf zu
tun. Aber wir haben uns mit den Stellungnahmen der Verbände ernsthaft
beschäftigt, und zwar auf seriöse Weise. Das heißt: sorgfältig prüfen und
abwägen.
Es bleibt trotzdem eine Auseinandersetzung: Sie wollen die Besitzer bereits
stehender Häuser zu Investitionen in den Klimaschutz verpflichten, zum
Beispiel zur besseren Dämmung. In der SPD lehnen einige jedwede Pflicht ab,
weil sie Mietsteigerungen befürchten.
Aber entscheidend ist ja, was sich schließlich in der Koalition durchsetzt.
Es bestreitet niemand, dass Klimaschutz einerseits Geld kostet, dass er
andererseits sozial ausgewogen sein muss und auch die Hauseigentümer nicht
überfordern darf. Wir haben natürlich auch Beispielrechnungen vorgelegt,
die zeigen, dass die Kosten nicht so hoch sind, wie von manchen befürchtet.
Dabei muss man natürlich auch noch berücksichtigen, dass durch die
Investitionen Energie gespart wird - und das bei vermutlich steigenden
Energiepreisen.
Sie haben also noch Hoffnung auf ein gutes Gesetz?
Wir haben nicht nur die Hoffnung, sondern arbeiten auch darauf hin. Der
Gesetzentwurf soll noch in diesem Jahr ins Abgeordnetenhaus.
Das nächste Beispiel, wo die Umwelt zu kurz kommt, ist der Einkauf der
öffentlichen Hand - das sind immerhin vier bis fünf Milliarden Euro pro
Jahr. Die Umweltvorgaben, die das Abgeordnetenhaus im Jahr 2008 beschlossen
hatte, wurden vom Senat zunächst weitgehend ignoriert.
Beschlüsse des Abgeordnetenhauses sind zunächst politische Botschaften. Um
solche Vorhaben durchzusetzen, braucht man also eine Gesetzesänderung, auf
deren Grundlage dann Verwaltungsvorschriften erarbeitet werden. Diesen Weg
gehen wir jetzt mit dem Vergabegesetz, dass vom Parlament Anfang Juli
beschlossen worden ist.
Das kann doch nicht sein, dass die Verwaltung nur dann reagiert, wenn sie
muss. Warum brauchen viele Senatsverwaltungen erst ein Gesetz?
Das ist schlicht die Logik der öffentlichen Verwaltung. Sie handelt auf
Rechtsgrundlage und auf sicheren Handlungsanweisungen. Das verhindert auch
Willkür. Es gibt außerdem hunderte verschiedene Behörden und andere
öffentliche Einrichtungen, die alle getrennt voneinander einkaufen. Es wäre
ja auch nicht besonders sinnvoll, wenn jede davon sich ihre eigenen
Handlungsanweisungen erstellt.
Immerhin bezieht die öffentliche Verwaltung bereits Ökostrom. Wie wird die
Energieversorgung Berlins im Jahr 2050 aussehen?
Natürlich zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energiequellen. Der
Energiebedarf des Gebäudebestands wird so weit reduziert sein, dass man
sogar Fernwärmekraftwerke abschalten kann, bevor ihre Lebensdauer
abgelaufen ist. Wir werden nicht nur wie jetzt ein Windrad in der Stadt
haben - es wird neue Technologien für städtische Windkraftnutzung geben,
die man auch auf den Dächern sehen wird. Und wir werden endlich einen
vernünftigen Einsatz von Geothermie haben.
Warum hat der Senat dann noch nicht sein Ziel für den Kohlendioxidausstoß
im Jahr 2050 veröffentlicht?
In dem Energiekonzept, an dem wir arbeiten, wird als Ziel 85 Prozent
weniger CO2 im Vergleich zu 1990 stehen.
Warum soll der CO2-Ausstoß nicht auf null sinken?
Weil das leider nicht geht. Wir haben ja auch noch den Verkehr. Und da
reicht auch meine Fantasie nicht aus, wie man den bis dahin vollständig mit
erneuerbaren Energien antreiben soll.
Luftverschmutzung ist auch in einem anderen Fall umstritten: beim Rauchen.
In Bayern haben bei einem Volksentscheid 61 Prozent für ein völliges
Rauchverbot in Kneipen gestimmt. Ein Vorbild für Berlin?
Die Wahlbeteiligung war nicht so hoch, dass man erkennen könnte, ob das
auch eine Mehrheit der Wahlberechtigten so sieht. Als Gesundheitssenatorin
hätte ich ein Interesse an einem weitgehenden Rauchverbot, aber das war in
Berlin nicht möglich.
Warum nicht?
Die öffentliche Debatte lief in eine andere Richtung. Die Gefährlichkeit
des Passivrauchens war unstrittig, aber die möglichen nachteiligen
wirtschaftlichen Auswirkungen des Rauchverbots auf die Gastronomie wurden
immer wieder angeführt - bis hin zur Befürchtung, dass wir Existenzen
vernichten. Vor dem Hintergrund dieser Diskussion haben wir jetzt eine gute
Balance hinbekommen. Wir haben immerhin so viel Nichtraucherschutz, wie es
ihn vorher noch nie gab. Von den über 7.000 Gaststätten sind weniger als 10
Prozent Raucherkneipen.
Wenn die Politik nicht mehr Rauchverbote durchsetzen kann, sind die Bürger
gefragt?
Ich sehe solche Initiativen mit großem Interesse. Direkte Demokratie ist ja
immer ein Beitrag zur Fortentwicklung einer Diskussion. Gut ist auch, dass
die Bürgerinnen und Bürger ein Anliegen dann zu ihrer eigenen Angelegenheit
machen. Die Folge: Das Ergebnis hat auch mehr Gewicht.
Schwierig scheint es auch, einen besseren Schutz der Verbraucher vor
Ekelessen im Restaurants gegen die Interessen der Gastronomie
durchzusetzen. Seit Anfang 2009 gibt es ein Modellprojekt im Pankow, bei
dem Lebensmittelbetriebe wie Restaurants, die sich nicht an
Hygienestandards halten, auf einer Liste veröffentlicht werden. Warum ist
es noch nicht in ganz Berlin so weit?
Zunächst mal ist es umstritten, ob das Verbraucherinformationsgesetz als
rechtliche Grundlage für solche Kennzeichnungen ausreichend ist. Eine
Klarstellung auf Bundesebene wäre hier hilfreich.
Haben Sie Angst vor Klagen?
Es gab auch in Pankow rechtliche Bedenken, die allerdings nie bis zum
Gericht gekommen sind. Aber man kann nicht ausschließen, dass sich das
ändert.
Wie lange dauert es noch, bis auch die anderen Bezirke die Ergebnisse der
Hygieneprüfungen veröffentlichen?
Wir rechnen damit für Anfang nächsten Jahres. Derzeit geht es noch darum,
sich zwischen den Bezirken über die Regularien zu einigen. Wenn man
landesweit einheitlich vorgeht, sollten auch die Lebensmittelkontrolleure
nach den gleichen Maßstäben prüfen.
Wo werden die Verbraucher dann über die Kontrollergebnisse informiert?
Die Ergebnisse sollen sowohl im Internet als auch vor Ort in den
Einrichtungen bekannt gemacht werden. Auch die Ergebnisse der früheren
Kontrollen werden veröffentlicht.
In Pankow hat die Lebensmittelaufsicht wenig Personal. Die Wirte beschweren
sich daher, dass eine Nachkontrolle manchmal auf sich warten lässt, auch
wenn der Mangel schon behoben wurde.
Bei knappen Ressourcen ist immer umstritten, wo diese eingesetzt werden. In
Pankow ist es durch das Projekt gelungen, den Haushalt des Veterinär- und
Lebensmittelaufsichtsamts besser auszustatten. Da hat der Bezirk
Prioritäten gesetzt. Grundsätzlich geht von der Veröffentlichung der
Kontrollergebnisse eine präventive Wirkung aus, weil die Betreiber mehr auf
die Hygiene achten.
21 Jul 2010
## AUTOREN
Svenja Bergt
Sebastian Heiser
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