# taz.de -- Senat reagiert auf Klimawandel: Lompscher pustet zum Angriff | |
> Die Umweltsenatorin hat endlich Ziele für die Energieversorgung und | |
> CO2-Reduktion im Jahr 2050 genannt. Die Kritik daran: zu spät, zu wenig, | |
> zu unverbindlich. Notwendig sei ein gesellschaftlicher Wandel, sagen | |
> Umweltschützer. | |
Bild: Der Himmel über Berlin im Jahr 2050? | |
Berlin im Jahr 2050: Kraftwerke, die die Stadt mit Fernwärme versorgten, | |
sind mangels Bedarf abgeschaltet worden. Energie liefern unter anderem | |
Windräder auf Häuserdächern und Geothermie. Der Gebäudebestand ist saniert | |
und verbraucht nur noch einen Bruchteil der heutigen Energie. | |
Das ist das Bild von der Energieversorgung Berlins in 40 Jahren, wie es | |
jetzt die Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) [1][im | |
taz-Interview] skizziert. Darin formuliert Lompscher nicht nur das Ziel, | |
dass sich die Stadt zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen | |
versorgt, sondern nennt erstmals auch ein langfristiges Ziel für die | |
CO2-Reduktion. "In dem Energiekonzept, an dem wir arbeiten, wird als Ziel | |
85 Prozent weniger CO2 im Vergleich zu 1990 stehen", erklärt sie. In der | |
Vergangenheit hatte der Senat lediglich Reduktionsziele für das Jahr 2020 | |
formuliert. Die sahen eine Senkung des CO2-Ausstoßes um 40 Prozent im | |
Vergleich zu 1990 vor. | |
Eine Studie, die das Umweltbundesamt (UBA) vor zwei Wochen vorgestellt hat, | |
zeigt, dass das von Lompscher skizzierte Ziel realistisch ist. Kern der | |
Umsetzung muss laut UBA die Stromerzeugung sein, die heute rund 40 Prozent | |
der energiebedingten CO2-Emissionen verursacht. Auch ökonomisch werde sich | |
das rechnen: Die Kosten, die bei einem ungebremsten Klimawandel auf die | |
heutigen und zukünftigen Generationen zukämen, seien höher als die Kosten | |
für die Vermeidung. Das Argument, dass eine sichere Stromversorgung rund um | |
die Uhr mit erneuerbaren Energien nicht gewährleistet werden könne, | |
entkräftet die Studie. Eine Kombination verschiedener Energiequellen, von | |
großen und kleinen, dezentralen Kraftwerken sowie dem Einsatz von | |
Reservekraftwerken, führe zu einer sicheren Versorgung. | |
Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Denn auch wenn die Berliner mit | |
durchschnittlich 5,9 Tonnen CO2 pro Jahr unter dem Bundesdurchschnitt von | |
9,7 Tonnen liegen und die CO2-Emissionen seit 2002 sinken, steigt der | |
Stromverbrauch. | |
Die Opposition bremst daher die Erwartungen. "Das Problem ist nicht nur, | |
dass das Ziel sehr spät kommt, sondern auch, dass es noch kein | |
Senatsbeschluss ist", sagt Ramona Pop, Vorsitzende der Grünen-Fraktion. Dem | |
Ziel fehle eine Umsetzungsstrategie in Form eines Klimaschutzgesetzes. | |
"Außerdem sind die 85 Prozent Reduktion das absolute Minimum." Wolle man | |
die 2 Grad Erwärmung, die Wissenschaftler derzeit für Berlin | |
prognostizieren, nicht überschreiten, müsse man eine CO2-Reduktion von 90 | |
bis 95 Prozent anstreben. | |
Andreas Jarfe, Geschäftsführer des Berliner Landesverbandes vom Bund für | |
Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), sieht das differenzierter: "85 | |
Prozent ist aus ökologischer Sicht sicher nicht ausreichend, aus Sicht | |
eines Mitbürgers ist es aber ein ambitioniertes Ziel." | |
Als zentral für Einsparungen sieht Jarfe den energetischen Zustand der | |
Gebäude und die Mobilität. "Das ist einer der Sektoren, wo es derzeit eine | |
Zunahme von CO2-Emissionen gibt." Durch entsprechende Vorgaben vom Land, | |
die Autofahren unattraktiv machen, ließen sich die Emissionen stark | |
einschränken. Doch um die 85 Prozent zu erreichen, sei ein kompletter | |
gesellschaftlicher Wandel notwendig: So müssten nicht nur Gebäude gedämmt | |
und auf erneuerbare Energien umgestellt werden, sondern jeder Einzelne | |
müsse sein Konsumverhalten überdenken - und die Regierung als Vorbild | |
vorangehen. | |
21 Jul 2010 | |
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## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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