| # taz.de -- Umstrittenes Bauvorhaben in Greifswald: Bürger ohne Stimme | |
| > In einem historischen Viertel in Greifswald soll ein Renditeobjekt | |
| > platziert werden. Der Bürgermeister ist der einzige grüne OB | |
| > Ostdeutschlands. | |
| Bild: Baugrundstück in Greifswald | |
| Der [1][Ryck] ist kaum dreißig Kilometer lang, in [2][Greifswald] aber | |
| fahren auf dem Flüsschen schon Schiffe und an einer Hafenmole machen sich | |
| Rammen zu schaffen. Lärm hallt über das Wasser. Hinter einer Brücke beginnt | |
| die Steinbeckervorstadt, der älteste Vorort von Greifswald. Rechts liegt | |
| der Museumshafen, doch Ines Yitnagashaw schenkt dem maritimen Flair keine | |
| Blicke. Sie lenkt ihren Schritt auf ein verlassenes Autohaus zu, das gleich | |
| hinter dem Fluss an einer Straßenecke liegt – verstaubtes Glas, schiefe | |
| Hinweistafeln und ziemlich viel Graffiti bekunden, dass der Fahrzeughandel | |
| verzogen ist. | |
| Ines Yitnagashaw hat die Schultern hochgezogen, als müsste sie sich gegen | |
| etwas wappnen. Das Autohaus schloss Ende Juli, beginnt sie. Bald soll es | |
| abgerissen werden, obwohl das unscheinbare Ensemble durchaus denkmalwürdig | |
| wäre. Zur Zeit der Schwedenherrschaft, vor über zweihundert Jahren, war die | |
| geduckte Kate ein Gasthof. Noch früher war hier, vor der Stadt, ein | |
| Hospital mit Kirche und Friedhof. Wenn Bagger die Tiefgarage ausschachten, | |
| dürften Reste von Gräbern ans Licht kommen, prophezeit Yitnagashaw. | |
| Aber wer braucht eine Tiefgarage? Wer braucht 48 Wohnungen auf fünf Etagen? | |
| Wer braucht einen Wohnblock, der auf einen Schlag die Einwohnerzahl der | |
| kleinen Vorstadt um die Hälfte vergrößern würde? Wer braucht so einen Bau | |
| mit historisierenden Gauben an diesem zentralen Platz zwischen Altstadt, | |
| Museumshafen und [3][Steinbeckervorstadt], einem Viertel, das sich doch | |
| behutsam entwickeln soll? | |
| „Wir fühlen uns verarscht!“ Ines Yitnagashaw wird laut. Sie leitet in der | |
| 60.000-Einwohner-Stadt ein Architektenbüro und ist ehrenamtlich Vorsitzende | |
| der Altstadtinitiative, eines Vereins, der sich schon seit 1989 für die | |
| Erhaltung historischer Häuser einsetzt. So viel ist klar, der geplante Bau | |
| widerspricht allen Zielen des Vereins. Im Juni beantragte sie, den | |
| ehemaligen Gasthof auf die Denkmalliste zu setzen. Das Landesamt für Kultur | |
| und Denkmalpflege bescheinigte dem Ensemble zwar im Kern die vermutliche | |
| Herkunft aus dem 18. Jahrhundert. Doch das allein rechtfertige keinen | |
| Denkmalrang. Die Bagger können anrollen. Greifswald wird wieder ein Stück | |
| seiner baulichen Identität verlieren. | |
| ## Ein Masterplan, der nur auf dem Papier steht | |
| Doch es sind nicht allein der Abriss und der viel zu große Neubau, die Ines | |
| Yitnagashaw so sehr in Rage versetzen. Solchen Frevel hat sie schon oft | |
| erlebt. Diese Zerstörung hat noch eine andere, größere Dimension. Warum | |
| will die Stadtverwaltung hier einen Bau genehmigen, der das Engagement von | |
| Anwohnerinnen und Anwohnern zunichtemacht? Seit Mai 2018 haben sie in einem | |
| Masterplanverfahren mit der Stadt eine Vision für ihr Quartier entworfen. | |
| Eine Steinbeckervorstadt mit gemeinwohlorientierten Wohnprojekten und | |
| bezahlbaren Wohnungen für Familien, mit Platz für Wohngemeinschaften und | |
| Baugruppen, mit einer kleinteiligen Struktur, mit autofreien Straßen, mit | |
| einer Mobilitätsstation, mit Kulturangeboten, mit Initiativen, mit Gärten | |
| und Grün und renaturierten Mooren ringsum. | |
| Die Greifswalder Bürgerschaft hat den 35-Seiten-Plan im August | |
| verabschiedet. Tage später machte die Nachricht von dem kolossalen Bau die | |
| Runde. Wer wird beim nächsten Aufruf zur Bürgerbeteiligung noch folgen, | |
| wenn am Ende Frust steht? Und das alles unter [4][Stefan Fassbinder], dem | |
| einzigen grünen Oberbürgermeister in ganz Ostdeutschland. | |
| Ines Yitnagashaw schiebt eine Plane beiseite, inspiziert den Hinterhof. | |
| Dahinter öffnet sich der Blick auf Wiesen und Gräben. Das Niveau liege | |
| teilweise unter dem Meeresspiegel, erzählt sie. Die Moore ringsum sollen | |
| wieder gewässert werden, als Biotop für Insekten, Vögel und Amphibien – und | |
| als CO2-Speicher. Auch das sind Ziele im Masterplan. Was aber, wenn die | |
| Tiefgarage das Grundwasser senkt? Wenn das Haus mit den üblichen | |
| klimaschädigenden Materialien, Zement und Stahl, errichtet wird? „Sie | |
| könnten doch wenigstens was aus Holz bauen!“ Es klingt wie ein Stoßgebet an | |
| die Investoren, zwei Greifswalder Unternehmer, der eine aus der | |
| Immobilien-, der andere aus der Pharmabranche. | |
| ## Das Stiefkind der Stadt | |
| Die Steinbeckervorstadt war lange ein Stiefkind der Stadt, erzählt Ines | |
| Yitnagashaw. Vieles ist ungeordnet. Garagen aus DDR-Zeiten, ein | |
| silbergrauer Getränkemarkt, ein Recyclinghof, ein Parkplatz, eine | |
| Tankstelle, dazwischen Baulücken. Aber es gibt auch verwilderte Gärten, am | |
| Hafen die Promenade mit Restaurants, Liegeplätzen, eine historische | |
| Bootswerft. Die Grundstruktur hat sich seit Jahrhunderten nicht verändert. | |
| Und das alles zwischen der Altstadt mit ihren Backsteinkirchen, Kneipen, | |
| Fakultäten und Instituten und herrlich weiter pommerscher Landschaft. Fünf | |
| Kilometer von hier plätschert die Ostsee. | |
| Hier könnte sich ein ideales städtebauliches Projekt entwickeln, | |
| familienfreundlich, ökologisch, sozial gemischt. Eigentlich ein Traum für | |
| jeden grünen OB. „Wo ist der Gestaltungswille?“, fragt Ines Yitnagashaw und | |
| redet sich schon wieder in Fahrt. Jetzt, da es kaum noch Baugrund in der | |
| Innenstadt gebe, geraten die Vorstädte in den Blick. Die Renditeaussicht | |
| steigt. Eine Immobiliengesellschaft hat erst im September hier knapp 15.000 | |
| Quadratmeter für 1,8 Millionen Euro versteigert, obwohl das meiste davon | |
| Moorboden ist. Goldgräberstimmung. Und bald soll hier ein hochpreisiges | |
| Gebäude mit reichlich Zweizimmerapartments und Balkonen aus Glas stehen. | |
| „Da sitzt dann die Schickeria und blickt herab.“ Ines Yitnagashaw winkt ab. | |
| „Ich bin enttäuscht von unserem Bürgermeister.“ | |
| Von dem zukünftigen Bauplatz ist es eine Viertelstunde bis zum Markt mit | |
| den restaurierten Giebelhäusern. Doch vorher erzählt die Innenstadt eine | |
| andere, verstörende Baugeschichte. Zwar hatten couragierte Einwohner die | |
| Stadt im Jahr 1945 kampflos der Roten Armee übergeben und so vor der | |
| Vernichtung bewahrt, anders als das benachbarte Anklam. Trotzdem scheint | |
| es, als hätte auch in Greifswald eine Schlacht getobt, der Hunderte Gebäude | |
| zum Opfer fielen. | |
| In Wahrheit hatte die DDR kein Interesse und keine Mittel, die Altstadt zu | |
| erhalten. Mithilfe eines „Aufbaugesetzes“ wurde großflächig enteignet und | |
| abgerissen. Die Hälfte der historischen Bausubstanz ging verloren, ersetzt | |
| durch „industriellen Wohnungsbau in der Innenstadt“, wie es in der DDR | |
| hieß. Und so sehen dort Straßenzüge aus wie Plattenbauviertel in Miniatur, | |
| Dreigeschosser mit Mansarde, als Hauptgestaltungselement Quadrate aus | |
| Beton. Die junge Architektin Yitnagashaw, einen Abschluss aus Weimar in der | |
| Tasche, wollte gar nicht mehr zurück in diese Einöde. Dann aber war sie | |
| Mitgründerin der Altstadtinitiative, die 1989 erstmals Häuser vor der | |
| Zerstörung rettete. | |
| ## Der Bürgermeister und das Baurecht | |
| Das Rathaus ist vorbildlich restauriert. Auf der langen Diele im | |
| Obergeschoss blitzt das Parkett. Die schwere Tür am Ende ist reichlich | |
| verziert, dahinter aber liegt nur ein nüchterner Tagungsraum. | |
| Oberbürgermeister Stefan Fassbinder stellt die kleine Runde vor: | |
| Bausenatorin Frau von Busse, Herr Kaiser vom Bauamt, dazu die | |
| Pressesprecherin. Fassbinder – silbrige Haare, silbriger Bart, silbrige | |
| Brille, die Augen freundlich. Er stammt aus Baden-Württemberg, ist 54 Jahre | |
| alt. Im Jahr 1999 zog der Historiker nach Greifswald, engagierte sich in | |
| der Kommunalpolitik und beendete 2015, getragen von einem Bündnis aus | |
| Grünen, SPD, Linkspartei und Piraten und mit der hauchdünnen Mehrheit von | |
| nur 15 Stimmen, die 25-jährige CDU-Herrschaft im Rathaus. | |
| „Wir sind stolz auf den Masterplan“, eröffnet der OB freudestrahlend, „u… | |
| ich fände es schade, wenn dieses Bauvorhaben den ganzen Masterplan | |
| entwerten würde.“ Fassbinder scheint die ganze Aufregung nicht zu | |
| verstehen. Zumal der Bau doch nur 1 Prozent des gesamten Bereiches umfasse, | |
| wie er vorrechnet. „Dass ein Bauvorhaben im Anmarsch ist und dass das nicht | |
| so einfach werden würde, war uns klar“, räumt er dann aber ein. Doch jeder | |
| Mensch könne nun einmal einen Bauantrag stellen, habe auch ein Recht auf | |
| Verschwiegenheit und darauf, dass er nach geltenden Gesetzen behandelt | |
| werde. Kurzum – es gehe um ein privates Bauvorhaben „wie jedes andere“. E… | |
| Bauvorhaben allerdings, das die Stadt über Jahrzehnte hinaus prägen würde. | |
| Die Gestaltung spiele für einen Bauantrag keine Rolle, betont Fassbinder. | |
| Auf ästhetische und städtebauliche Diskussionen lässt er sich nicht ein. | |
| „Wir müssen den Antrag bearbeiten.“ Sollte man die Baugenehmigung versagen, | |
| könnten sich die Bauherren das vor Gericht erstreiten. | |
| „Das Baurecht gibt den gesetzlichen Rahmen“, übernimmt jetzt Jeannette von | |
| Busse, Bausenatorin und Vizebürgermeisterin von der CDU. Der Masterplan sei | |
| nun einmal kein Baurecht. Das leite sich nur aus dem Baugesetz her. Da es | |
| für das Areal keinen Bebauungsplan gebe, habe ein Antragsteller Anspruch | |
| darauf, die Baugenehmigung nach Paragraf 34 Baugesetzbuch erteilt zu | |
| bekommen. Der Bauamtsleiter wirft noch ein: „Wir haben nicht genug | |
| Wohnraum“, und die Pressesprecherin legt Wert darauf, dass nicht alle | |
| Bewohnerinnen und Bewohner der Steinbeckervorstadt so ablehnend seien. „Die | |
| Bürger haben Anspruch darauf, dass nach Recht und Gesetz gearbeitet wird“, | |
| schließt Fassbinder. „Alles andere wäre Willkür.“ Sein Lob auf den | |
| Rechtsstaat fällt staatstragend aus. Als ob in der Steinbeckervorstadt | |
| Putschisten wären. | |
| Juliane Kahl ist keine Putschistin. Sie will nur, dass sich der OB | |
| einsetzt, dass es bei der behutsamen Entwicklung des Stadtteils bleibt und | |
| kein überdimensionierter Neubau entsteht. Dafür engagiert sie sich in der | |
| Bürgerinitiative Steinbeckervorstadt. Die junge Landschaftsökologin | |
| erscheint als eine geradezu typische Anhängerin der Grünen. Bei der letzten | |
| Kommunalwahl habe sie auch für diese Partei gestimmt, erzählt sie. Wer | |
| sonst steht für eine klimafreundliche Politik, Bürgerbeteiligung, sozial | |
| ausgewogene Stadtplanung und moderne Mobilität? Juliane Kahl war am | |
| Vormittag mit dabei, als Ines Yitnagashaw durch die Vorstadt führte. Jetzt | |
| geht Kahl über die Hafenpromenade, auf der im Sommer reichlich Touristen | |
| flanieren. Und ganz gleich, an welcher Stelle man sich befindet, der Neubau | |
| am Beginn der Flaniermeile wäre stets im Blick. | |
| Die 33-Jährige lebt mit Mann und Kind in einer der beiden Groß-WGs im | |
| Viertel, nicht weit von hier. Sie erzählt kurz vom Familienleben in einer | |
| Kommune mit 70 Erwachsenen und Kindern, direkt neben dem zukünftigen | |
| Neubau. Es wird Konflikte geben mit den neuen Nachbarn. Die Lebensweisen | |
| werden nicht zusammenpassen, die Geldbeutel auch nicht, bei einem | |
| vermuteten Quadratmeterpreis zwischen 8,50 bis 10,50 Euro Kaltmiete. Hier | |
| die Geselligkeit, dort die Absonderung. Hier die Fahrräder, dort die | |
| Tiefgarage. Hier die Moorwiesen, dort der Tennisrasen. Und dazwischen ein | |
| Bürgermeister, der stoisch einen Bauantrag verteidigt, der in Wahrheit den | |
| Masterplan ruiniert, auf den der OB so stolz ist. | |
| „Sensation! Fassbinder gewinnt mit 15 Stimmen Vorsprung“, titelten die | |
| Regionalzeitungen im Mai 2015, als nach der Stichwahl der Sieger feststand. | |
| Sein Amt konnte Fassbinder allerdings erst im November antreten. Der | |
| unterlegene CDU-Kandidat war so bestürzt, dass er Einspruch einlegte, weil | |
| eine [5][Fußmatte] zeitweilig eine Tür zu einem der Wahllokale blockierte | |
| und so die Wahl verfälscht haben könnte. Erst im Februar 2016 verzichtete | |
| der Unterlegene auf den Gang zum Oberverwaltungsgericht. Der | |
| „Fußmattenstreit“ war Geschichte, die CDU erstmals besiegt. | |
| Die Christdemokraten in Vorpommern gelten als stramm konservativ. Trotzdem | |
| war ihr bundespolitisches Aushängeschild 25 Jahre lang Angela Merkel. Doch | |
| seitdem die AfD bei Landtagswahlen die CDU in Vorpommern überflügelt hat | |
| und in manchen Gemeinden über 40 Prozent holt, ist es der Wunderknabe | |
| [6][Philipp Amthor], der die Partei zu neuer Größe führen soll. Allerdings | |
| hat sich Amthor wegen Lobbyismusvorwürfen erste Blessuren eingehandelt. Auf | |
| den CDU-Landesvorsitz musste er vorerst verzichten. | |
| Mitstreiter Amthors ist der Jurist Sascha Ott, der 2016 das Justizressort | |
| in Schwerin übernehmen sollte. Weil der designierte Minister auf Facebook | |
| Sympathie für die AfD hatte erkennen lassen, zog die Landes-CDU die | |
| Personalie zurück. Ott beklagte daraufhin die fehlenden konservativen Werte | |
| in seiner Partei und gründete im selben Jahr mit Gleichgesinnten den | |
| „Konservativen Kreis“, eine Art regionale „Werteunion“, mit Amthor an | |
| seiner Seite. Die beiden sind außerdem Mitglieder im Kreistag von | |
| Vorpommern-Greifswald. CDU-Fraktionsvorsitzende ist dort Jeanette von | |
| Busse, hauptamtlich Bausenatorin und Greifswalder Vizebürgermeisterin. | |
| Die Frau, der das Bauamt unterstellt ist und die OB Fassbinder bei der | |
| Frage so tatkräftig den Rücken gestärkt hat, warum das Bauvorhaben in der | |
| Steinbeckervorstadt quasi unabwendbar ist. | |
| „Dass die CDU beim nächsten Mal wieder den OB stellen will, ist vollkommen | |
| verständlich“, sagt Jörn Kasbohm, Fraktionschef der Linken in der | |
| Bürgerschaft. An Überlegungen, ob die CDU dabei auch die Diskreditierung | |
| des amtierenden OB im eigenen Milieu in Kauf nähme, will sich Kasbohm nicht | |
| beteiligen. Er hält sich an Fakten, und was die kommunalpolitische | |
| Zustimmung betrifft, sitzen Linke und CDU im selben Boot, überrascht er. | |
| Beide Parteien haben seit 1990 bei Kommunalwahlen kontinuierlich an Stimmen | |
| verloren. Greifswald mit seiner Universität wird grüner. Die | |
| Steinbeckervorstadt als ökologisches Vorzeigequartier wäre da geradezu ein | |
| Traum. Oder ein Albdruck. Je nachdem. | |
| ## Noch ist nicht entschieden | |
| Über den Bauantrag ist noch nicht entschieden. Einen Hebel hat die | |
| Bürgerschaft noch, erzählt Kasbohm, er heißt „gemeindliches Einvernehmen�… | |
| eine Prüfung, ob ein Bauvorhaben zulässig ist, allerdings nur in engem | |
| rechtlichem Rahmen. Die Kernfrage: Fügt sich der Neubau, etwa bei | |
| Geschosshöhe und Volumen, in die nähere Umgebung ein? Nein, sagt Kasbohm | |
| und mit ihm die Fraktionen von Linke, SPD und Grünen, die gemeinsam | |
| Bürgermeister Fassbinder 2015 ins Amt halfen und seitdem stützen. Die drei | |
| Fraktionen wollen mit ihrer knappen Mehrheit dieses Einvernehmen versagen. | |
| Dass die Bauherren angekündigt haben, auf einen flachen Kegel auf dem Dach | |
| und damit auf etwa zwei Meter Höhe zu verzichten, ändert daran nichts. Der | |
| Hebel ist allerdings äußerst fragil. Kasbohm sagt, dass die Greifswalder | |
| Baubehörde den Antrag trotzdem genehmigen könnte. Am Ende müsste | |
| möglicherweise die Justiz ein Urteil fällen. | |
| „Fakt ist, dass zwei Greifswalder Einwohner und Unternehmer einen Bauantrag | |
| […] mit einem womöglich genehmigungsfähigen Bauvorhaben eingereicht haben�… | |
| schreibt Sebastian Braun. Braun ist selbst einer der beiden „Einwohner“ und | |
| Spross eines Unternehmerpaares, das 1992 aus Frankfurt am Main nach | |
| Greifswald kam. Inzwischen hat die Familie in der Region ein Imperium | |
| aufgebaut, das auf der Produktion von Kochwürsten, Käse, Schinken und | |
| Maschinen, vor allem aber auf Medizinprodukten fußt. Flaggschiff ist ein | |
| Pharmaunternehmen in Greifswald mit rund 250 Beschäftigten und einem Umsatz | |
| von 400 Millionen Euro im letzten Jahr, Geschäftsführer ist Sebastian | |
| Braun. | |
| Aus seiner Mail spricht eine gewisse Ermattung, was Fragen zu dem | |
| Bauvorhaben betrifft. Er, Braun, möchte nicht zum wiederholten Mal in die | |
| Vergangenheit blicken. Er warte auf den Bescheid gemäß der aktuellen | |
| Baugesetzgebung und zieht es vor, zu schweigen. Es bleibt sein Geheimnis, | |
| warum er es nicht für nötig hielt, sich am Masterplan zu beteiligen. | |
| Waghalsig ist der Aufstieg auf den Turm von St. Nikolai. Der Greifswalder | |
| Dom ist das höchste Bauwerk der Stadt. Doch die 262 Stufen lohnen sich. | |
| Über die Dächer der Stadt geht der Blick übers Pommernland dorthin, wo die | |
| Ostsee glitzert. Irgendwo da hinten hat Caspar David Friedrich vor | |
| zweihundert Jahren die Silhouette seiner Heimatstadt verewigt. Bis heute | |
| hat sie sich kaum verändert. Die Steinbeckervorstadt, viel zu geduckt, | |
| gehörte nicht zu dem Panorama. Jedenfalls bis jetzt. Der | |
| Caspar-David-Friedrich-Blick dürfte sich verändern, wenn der Neubau mehr | |
| als 18 Meter in die Höhe ragt. Dass das einmal unter einem grünen | |
| Bürgermeister geschah, wird keiner ernsthaft glauben. | |
| 20 Nov 2020 | |
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| Thomas Gerlach | |
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