# taz.de -- Übernahme von Wärmepumpenhersteller: Viessmann ist allein zu klein | |
> Ist die Regierung durch ihre Klimapläne schuld daran, dass der deutsche | |
> Heizungsbauer Viessmann an einen US-Konzern verkauft wird? Eine Analyse. | |
Bild: Hier wird an Viessmann-Wärmepumpen gewerkelt | |
BERLIN taz | Selten kommt es vor, dass so aufgeregt über [1][den Verkauf | |
eines deutschen Unternehmens diskutiert wird]. Die Eigentümer der | |
Heiztechnikfirma Viessmann aus Allendorf in Hessen [2][haben beschlossen, | |
den größten Teil des Unternehmens, vor allem das Geschäft mit den | |
Wärmepumpen, für 12 Milliarden Euro an den US-Konzern Carrier zu | |
veräußern]. | |
Nun werfen Politikerinnen und Politiker wie Jens Spahn, Julia Klöckner | |
(beide CDU) und FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai vor allem den Grünen | |
vor, die Bürger und die Wirtschaft mit der schnellen Transformation zur | |
Klimaneutralität zu überfordern. Das Gebäudeenergiegesetz zum | |
Heizungstausch sei daran schuld, dass ausländische Konzerne auf den | |
deutschen Markt drängten, einen Mittelständler wie Viessmann unter Druck | |
setzten und die Amerikaner ihn schluckten. Spahn sprach vom „Ausverkauf der | |
deutschen Wärmepumpe“. | |
Die Wärmepumpe ist nicht deutsch. Der Wärmepumpenmarkt ist global. Die | |
größten Hersteller sitzen unter anderem in Japan und Südkorea. Viessmann, | |
Bosch und Vaillant haben zwar teilweise Vorteile bei Know-how und Qualität, | |
aber den Nachteil, dass sie im globalen Wettbewerb mit kapitalstarken | |
Massenherstellern konkurrieren müssen. | |
Diesen globalen Markt hat nicht das deutsche Gebäudeenergiegesetz gemacht, | |
das Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nur teilweise mit | |
Unterstützung seiner Koalitionäre von SPD und FDP vorantreibt, teilweise | |
auch gegen deren Vorbehalte. Der hat sich schon früher entwickelt. Sonst | |
gäbe es die großen asiatischen Anbieter nicht. | |
## Nicht vergleichbar mit dem Ausverkauf der Solarindustrie | |
Der Weltmarkt dehnt sich nun aus, weil die internationale Klimapolitik, | |
etwa in Gestalt des Pariser Weltklimaabkommens, den weltweiten Ausstoß von | |
Treibhausgasen vermindern will. Elektrische Wärmepumpen sind eine Technik, | |
um diesem politischen Konsens wirtschaftlich nachzukommen. Mit Ökostrom | |
angetrieben verursachen sie kein klimaschädliches Kohlendioxid und stellen | |
eine sehr effiziente Heizungstechnik dar. | |
Neue Gesetze für den Klimaschutz in Deutschland, aber auch der europäische | |
Green Deal, laut dem die Europäischen Union bis 2050 klimaneutral werden | |
will, bewirken jetzt Folgendes: Sie vergrößern den deutschen und | |
europäischen Markt für klimafreundliche Technologien – wie eben | |
Wärmepumpen. Damit machen sie ihn für ausländische Firmen interessanter, | |
als er es vorher war. | |
Das kann man als Fehler der Regierung betrachten. Doch das | |
Gebäudeenergiegesetz tut nichts anderes, als den internationalen | |
politischen Konsens hierzulande umzusetzen und eine Technik zu begünstigen, | |
die dabei hilft. | |
Nun steht Viessmann vor dem Problem, dass beispielsweise der Marktführer | |
Daikin aus Japan so viel Umsatz macht wie die drei größten deutschen | |
Wärmepumpenhersteller zusammen. Man kann sagen: Viessmann ist zu klein, um | |
auf dem umkämpften Weltmarkt sicher zu überleben. Also holen sich die | |
Deutschen einen Partner herein – die US-Firma Carrier. | |
Geht Viessmann also den unheilvollen Weg der Solarfirmen Q-Cells und | |
[3][Solarworld], wie die Union der Bundesregierung nun vorwirft? Vor zehn | |
Jahren brach die deutsche Solarindustrie zusammen, wurde teilweise | |
international aufgekauft. Damit ist der Fall Viessmann aber nicht zu | |
vergleichen. | |
Der Exitus damals hatte zwei Ursachen: Die Bundesregierungen unter Führung | |
der Union kürzten die Förderung für die Ökoenergie. Außerdem | |
subventionierte China seine Solarindustrie massiv. Dumpingkonkurrenz und | |
wegbrechender Heimatmarkt machten hiesigen Unternehmen damals den Garaus. | |
Die Lage im Falle Viessmann ist eine andere: Wegen der unterstützenden | |
politischen Regulierung wächst der deutsche und europäische Markt, die | |
Förderung nimmt zu. Das US-Unternehmen Carrier ist im Übrigen nicht | |
subventionsgetrieben, es ist kein unfairer Wettbewerber. Die Aussichten | |
sind deshalb nicht schlecht, dass Viessmann und Carrier zusammen den | |
deutschen, den europäischen und auch den Weltmarkt von hier aus mit großen | |
Zahlen von Wärmepumpen versorgen werden. | |
Dass Viessmann das nicht allein zu schaffen meint, liegt nicht an der | |
aktuellen, vermeintlich zu schnellen Gesetzgebung. Wenn man schon einen | |
Zusammenhang herstellen will zwischen Regulierung und Unternehmen, wirkt er | |
in diesem Fall eher umgekehrt: Hätten die unionsgeführten Bundesregierungen | |
mit FDP und SPD früher auf Klimapolitik gesetzt, wäre der hiesige | |
Wärmepumpenmarkt nun weiter entwickelt, Viessmann wäre wahrscheinlich | |
größer und bräuchte vielleicht keinen Partner. | |
2 May 2023 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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