| # taz.de -- US-Schlag gegen den Iran: Durst nach Rache | |
| > Soleimani war nicht irgendein General, sondern der Mann hinter Irans | |
| > Einfluss in der Region. Teherans Optionen sind nun schier unbegrenzt. | |
| Bild: Soleimani, hier 2016 auf der jährlichen Kundgebung zum Jahrestag der Rev… | |
| Kairo taz | Die Ermordung des iranischen Generals Qasim Soleimani bei einem | |
| US-Luftangriff in der irakischen Hauptstadt Bagdad hat eine Dimension, | |
| deren Folgen sich nur schwer abschätzen lassen – aber sie werden massiv | |
| sein. Es handelt sich um eine direkte Kriegserklärung der USA an die | |
| iranischen Revolutionsgarden und deren Al-Kuds-Elitetruppen, denen | |
| Soleimani als Kommandeur vorstand. | |
| US-Drohnen [1][beschossen Soleimanis Konvoi] in der Nacht zu Freitag nach | |
| dessen Ankunft am Flughafen in Bagdad mit Raketen. Die Order kam von | |
| US-Präsident Donald Trump persönlich, der damit offenbar kurzfristig seinen | |
| Rachedurst gestillt hat. | |
| Trump sieht in dem Angriff eine Antwort auf die [2][Stürmung der | |
| US-Botschaft] in Bagdad durch Demonstranten am Dienstag. Sie gehörten der | |
| Kataib-Hisbollah an, einer der schiitischen Milizen im Irak, die vom Iran | |
| unterstützt und gelenkt werden. Diese paramilitärischen Gruppen wiederum | |
| hatten darauf reagiert, dass die US-Luftwaffe am Sonntag ihre | |
| [3][Stellungen im Irak bombardiert] hatte. | |
| Das Pentagon rechtfertigte den jüngsten Schlag damit, dass Soleimani aktiv | |
| an Plänen gearbeitet habe, US-amerikanische Diplomaten und Einsatzkräfte im | |
| Irak und anderen Ländern der Region zu attackieren. | |
| Die weitere Eskalation ist nun praktisch vorgezeichnet, denn Soleimani war | |
| nicht irgendein General. Er galt unter den iranischen Revolutionsgarden als | |
| Held und unterstand direkt dem Revolutionsführer Ajatollah Chamenei. | |
| Darüber hinaus war Soleimani der Architekt der [4][iranischen Strategie], | |
| die zum Ziel hatte, in der gesamten Region ein Netzwerk irantreuer | |
| schiitischer Milizen aufzubauen. Damit hat der 62-Jährige es nicht nur | |
| geschafft, die iranische Einflusssphäre im Nahen Osten abzusichern und | |
| auszuweiten, sondern hat auch Akteure geschaffen, die militärisch und | |
| politisch als ferngesteuerte iranische Satelliten agieren können. | |
| Die prominenteste dieser Milizen ist die [5][Hisbollah im Libanon], aber es | |
| gibt auch zahlreiche schiitische [6][Milizen und deren Parteien], die die | |
| Politik im Irak bestimmen. Soleimanis ferngesteuerte Truppen kämpfen auch | |
| auf Seiten Baschar al-Assads in Syrien und haben dem Diktator entscheidend | |
| zu dessen militärischen Siegen der letzten Jahre verholfen. Auch die | |
| Huthi-Rebellen im Jemen sind Teil der Soleimani-Strategie. | |
| ## Ein Krieg fände nicht nur im Iran statt | |
| Dieses von Soleimani geschaffene Konstrukt macht die jetzige Lage so | |
| gefährlich. Der General hat viele Fronten geschaffen, an denen der Iran nun | |
| zurückschlagen kann. Anders als bei bisherigen Konflikten in der Region – | |
| etwa beim Irakkrieg 2003 oder dem Afghanistankonflikt seit 2001 – wäre eine | |
| militärische Konfrontation mit dem Iran nicht auf dessen Landesgrenzen | |
| beschränkt. Das ist die wichtigste Hinterlassenschaft Soleimanis. | |
| Die erste Front wird dabei wahrscheinlich im Irak verlaufen: zwischen den | |
| schiitischen Milizen und den verbliebenen US-Truppen. Das Gros der Iraker, | |
| die nicht den schiitischen Milizen angehören, wird bei diesem Konflikt nur | |
| zusehen können – auch die [7][seit Oktober entstandene Protestbewegung], | |
| die auf den Straßen Bagdads nun Soleimanis Tod feiert. | |
| Auch in allen anderen Ländern mit schiitischen Milizen sind US-Botschaften | |
| und US-Interessen angreifbar. Die Iraner können außerdem das Netzwerk der | |
| Milizen einsetzen, um US-Verbündeten in der Region wie Israel oder | |
| Saudi-Arabien das Leben schwer zu machen. | |
| Ölanlagen und Tanker können erneut Ziel von Angriffen werden. Im | |
| vergangenen Jahr hat der Iran mehrmals unter Beweis gestellt, wie | |
| verwundbar die saudische Ölindustrie und damit der globale Ölmarkt ist. | |
| Nach [8][Drohnenangriffen auf zwei Ölanlangen] des saudischen | |
| Staatskonzerns Aramco im September mussten die Saudis über Nacht ihre | |
| [9][Ölproduktion um die Hälfte herunterfahren]. | |
| Da Saudi-Arabien 10 Prozent des weltweit vermarkteten Öls produziert, | |
| bedeutete das, dass der globale Ölmarkt mit einem Schlag 5 Prozent der | |
| Versorgung mit dem schwarzen Gold verloren hatte. Kein Wunder also, dass | |
| nun die Nachricht von Soleimanis Ermordung dazu führt, dass sich der | |
| Ölpreis erhöht. | |
| ## Unbegrenztes Eskalationspotenzial | |
| Dass eine iranische Antwort nicht ausbleiben wird, hat die iranische | |
| Führung bereits unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. „Soleimanis Weg | |
| wird auch ohne ihn weitergeführt, aber die Kriminellen erwartet eine | |
| schwere Rache,“ schrieb Chamenei in einem Beileidsschreiben, das im | |
| iranischen Staatsfernsehen verbreitet wurde. „Die Ermordung General | |
| Soleimanis ist extrem gefährlich und eine dumme Eskalation“, twitterte | |
| Außenminister Mohammed Dschawad Sarif. | |
| Ein Sprecher der iranischen Regierung kündigte an, dass sich der | |
| Sicherheitsapparat in wenigen Stunden zusammensetzen wird, um die möglichen | |
| iranischen Antworten zu besprechen. Mit einer dreitägigen Staatstrauer hat | |
| sich die iranische Führung erst einmal eine Atempause geschaffen, um sich | |
| zu überlegen, wo und wann sie zuschlagen lässt und wo es den USA oder der | |
| Weltwirtschaft am meisten wehtut. Irans Möglichkeiten der Eskalation sind | |
| dabei schier unbegrenzt. | |
| 3 Jan 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Karim El-Gawhary | |
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