# taz.de -- UN-Sicherheitsrat zum türkisch-griechischen Konflikt: Zypern-Polit… | |
> Der Türkei liegt nichts mehr an einer Wiedervereinigung. Der | |
> Sicherheitsrat kritisiert nun die geplante Öffnung der Geisterstadt | |
> Varosha. | |
Bild: Ehemalige BewohnerInnen von Varosha schwenken zypriotische und griechisch… | |
ISTANBUL taz | Der UNO Sicherheitsrat hat am Freitagabend auf Betreiben von | |
Großbritannien, Griechenland und Zypern die jüngsten Schritte der | |
türkischen Regierung auf Zypern verurteilt. Der Sicherheitsrat rügte die | |
Bestrebungen der Türkei und des türkischen Teils Zyperns, die Teilung der | |
Insel zu forcieren und beklagte, dass dabei gegen UN-Resolutionen verstoßen | |
werde. | |
Stein des Anstoßes ist ein seit 1974 besetztes ehemaliges Touristengebiet | |
an der Küste südlich von [1][Famagusta], das sogenannte Varosha. Bei einem | |
Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan am letzten Dienstag | |
in Nordzypern hat dieser gemeinsam mit dem nordzypriotischen Präsidenten | |
Ersin Tatar Varosha besucht. Im Rahmen dieses Besuchs hatten Erdoğan und | |
Tatar bekanntgegeben, dass [2][Teile des Touristengebietes wieder für das | |
Publikum geöffnet werden sollen]. | |
## Erdogan fordert Zwei-Staaten-Lösung | |
Varosha war seit der Teilung Zyperns eine Geisterstadt, die vom türkischen | |
Militär kontrolliert wurde. Es galt lange als mögliches Verhandlungsobjekt | |
zwischen griechischen und türkischen Zyprioten. Die ehemaligen Hotels | |
gehören überwiegend griechischen Zyprioten die lange auf eine Rückgabe | |
gehofft hatten. Dass Varosha nun in den türkisch-zypriotischen Teil der | |
Insel integriert werden soll, ist ein weiteres Zeichen dafür, dass die | |
türkische Seite nicht mehr an eine Wiedervereinigung Zyperns glaubt und | |
auch kein Interesse mehr daran hat. Stattdessen setzen Erdogan und sein | |
Gefolgsmann Tatar nun darauf, international eine Zwei-Staaten-Lösung für | |
Zypern zu fordern. | |
Entsprechend reagierte das türkische Außenministerium auch auf den | |
Beschluss des Sicherheitsrates, in dem es unter anderem heißt, Varosha | |
solle an die UN-Verwaltung übergeben werden, mit der Bemerkung, die | |
Position des Sicherheitsrates stimme nicht mehr „mit den Realitäten“ auf | |
Zypern überein. Vor dem Sicherheitsrat hatten schon die EU-Kommission aber | |
auch Deutschland und Frankreich deutlich gemacht, dass sie die neue Politik | |
Erdogans auf Zypern für gefährlich halten. | |
Der Schritt in Varosha könne dazu führen, dass der jüngst erfolgte Abbau | |
von Spannungen zwischen Griechenland und der Türkei zunichte gemacht wird | |
und die Spannungen im östlichen Mittelmeer wieder zunehmen, erklärte | |
Außenminister Heiko Maas. Dessen ungeachtet drängt Erdoğan seit einiger | |
Zeit hinter den Kulissen befreundete Staaten wie Aserbaidschan und | |
Pakistan, sie mögen doch das türkische Nordzypern als eigenständigen Staat | |
anerkennen. Erdoğan zieht damit die Konsequenzen aus jahrzehntelangen | |
vergeblichen Verhandlungen über eine Wiedervereinigung von Nordzypern mit | |
dem größeren griechischen Teil der Insel. | |
Tatsächlich ist eine einvernehmliche Verhandlungslösung für Zypern auch | |
kaum noch zu erwarten. Ein bereits vollständig unter der Leitung der | |
Vereinten Nationen ausgehandeltes Abkommen zu einer griechisch-türkischen | |
Föderation mit einer gemeinsamen Zentralregierung wurde bei einer | |
Volksabstimmung 2004 zwar von den türkischen Zyprioten angenommen, von der | |
Mehrheit der [3][griechischen Zyprioten] aber abgelehnt. Alle zaghaften | |
Versuche doch noch zu einer Verhandlungslösung für eine Föderation zu | |
kommen, sind seitdem gescheitert. | |
Mit [4][Ersin Tatar, einem Gefolgsmann von Erdoğan], ist nun erstmals in | |
Nordzypern ein Präsident an der Regierung, der eine Verhandlungslösung gar | |
nicht mehr anstrebt, sondern offensiv für eine Zwei-Staaten-Lösung wirbt. | |
Sein Vorgänger Mustafa Akinci hatte sich noch, auch im Konflikt mit Ankara, | |
für neue Verhandlungen mit der griechisch-zypriotischen Seite stark | |
gemacht, war aber in Nikosia abgeblockt worden. | |
Mittlerweile sind auch die jüngeren Generationen im geteilten Zypern kaum | |
noch an einer Wiedervereinigung interessiert, und insbesondere die | |
griechische Seite will keine Zugeständnisse an die türkische Minderheit | |
mehr machen. Die Teilung war das Ergebnis eines Putsches griechischer | |
Nationalisten, die die türkische Minderheit von Zypern vertreiben wollte, | |
um die Insel an das griechische Mutterland anzuschließen. Der damalige | |
türkische Ministerpräsident Bülent Ecevit schickte deshalb die Armee, um | |
die Türken auf Zypern zu schützen. | |
24 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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