# taz.de -- Nach Streit um Rechte im Mittelmeer: Griechisch-türkischer Frühli… | |
> Nach angespannten Zeiten gehen Griechenland und die Türkei aufeinander zu | |
> – und verkünden einen Plan zur Zusammenarbeit. | |
Bild: Europäischer Frühling in Athen | |
ISTANBUL taz | Es war eine Kursänderung um 180 Grad, zumindest | |
atmosphärisch. Nach einem Tiefpunkt in den türkisch-griechischen | |
Beziehungen wegen des Streits um die Schürfrechte im Mittelmeer und [1][dem | |
misslungenen Treffen der beiden Außenminister vor sechs Wochen in Ankara], | |
stehen die Zeichen nun auf Versöhnung. | |
Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu vereinbarte bei einem Gespr�… | |
mit dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis in Athen ein | |
Treffen zwischen Mitsotakis und Präsident Recep Tayyip Erdoğan am Rande des | |
Nato-Gipfels am 14. Juli in Brüssel. Dort wollen die beiden Regierungschefs | |
dann den weiteren Verhandlungsrahmen zwischen den beiden Nachbarn | |
abstecken. | |
Auch das anschließende Treffen von Çavuşoğlu mit seinem griechischen | |
Kollegen Nikos Dendias verlief dieses Mal ausgesprochen friedlich. Zunächst | |
flanierten die beiden Außenminister demonstrativ gemeinsam durch die | |
griechische Hauptstadt vom Sitz des Ministerpräsidenten zum | |
Außenministerium. Anschließend verkündeten sie bei ihrer gemeinsamen | |
Pressekonferenz, dass sie sich auf insgesamt 25 Maßnahmen geeinigt hätten, | |
um die zuvor nahezu eingefrorenen Beziehungen zwischen den Nachbarländern | |
wieder anzuschieben. | |
Dazu gehört vor allem, dass die Grenze wieder geöffnet wird, die über ein | |
Jahr geschlossen war, und dass beide Länder die Impfungen im jeweils | |
anderen Staat anerkennen. Wer noch nicht geimpft ist, darf mit einem | |
negativen PCR-Test reisen. | |
## Ein Fortschritt nach wechselseitigen Drohungen | |
Das ist nach den wechselseitigen Drohungen im letzten Jahr schon ein echter | |
Fortschritt. Genau vor einem Jahr steuerte die Krise zwischen der Türkei | |
und Griechenland rund um [2][die kleine griechische Insel Kastellorizo] auf | |
einen Höhepunkt zu. Kriegsschiffe beider Seiten waren im Einsatz, um ein | |
türkisches Explorationsschiff zu schützen beziehungsweise abzudrängen. Es | |
wäre fast zu einem Schusswechsel zwischen den Kriegsschiffen gekommen. | |
Insbesondere die deutsche Bundesregierung bemühte sich anschließend | |
intensiv darum, dass die militärischen Machtdemonstrationen eingestellt und | |
stattdessen die Fragen wieder im Dialog geklärt werden sollten. Deutschland | |
verhinderte dann auch, dass die Türkei beim EU-Gipfel im Herbst vergangenen | |
Jahres mehr als symbolisch mit Sanktionen bestraft wurde. | |
Inhaltlich hat sich zwar in der Frage, welches Meeresgebiet von wem | |
beansprucht werden darf, noch nichts getan, doch die Rahmenbedingungen | |
haben sich verändert. Insbesondere die Partner auf der südlichen Seite des | |
Mittelmeers wollen sich nicht mehr instrumentalisieren lassen. Die neue | |
libysche Regierung sucht Kontakt sowohl zur Türkei als auch zu | |
Griechenland. Ägypten hat mittlerweile einen Normalisierungsprozess mit der | |
Türkei begonnen und will die Maximalposition von Griechenland nicht mehr | |
unterstützen. | |
Doch während sich die Türken entlang der Ägäisküste freuen, demnächst | |
wieder auf die griechischen Inseln fahren zu können und die Hoteliers und | |
Restaurantbesitzer auf Rhodos, Kos und Samos sich auf die türkischen Gäste | |
freuen, liegt vor einer echten politischen Lösung noch ein langer Weg. Seit | |
Jahrzehnten streiten die Türkei und Griechenland um die Hoheitsgebiete in | |
der Ägäis, um eine Friedenslösung auf Zypern und zuletzt um die sogenannten | |
exklusiven Wirtschaftszonen, in denen sie berechtigt sind, nach Öl und Gas | |
zu suchen und gegebenenfalls zu fördern. | |
Noch ist keine der beiden Seiten zu Kompromissen bereit. Zurzeit | |
investieren sowohl Griechenland als auch ihr großer Nachbar im Osten [3][in | |
neue Kriegsschiffe]. Doch ein Anfang ist gemacht, schließlich wissen beide | |
Seiten, dass sie von einer politischen Lösung profitieren. | |
1 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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