# taz.de -- Trainer über Diskriminierung im E-Sport: „Für Frauen muss es di… | |
> Josef Kolisang ist E-Sport-Trainer und beklagt die Diskriminierung in der | |
> Szene. Er findet: Auch die Politik könnte bei der Bekämpfung eine größere | |
> Rolle spielen. | |
Bild: Volle Hütte in Berlin: E-Sport ist schon lange keine Randerscheinung mehr | |
taz am wochenende: Herr Kolisang, was sind die größten Missstände im | |
E-Sport? | |
Josef Kolisang: E-Sport ist ein Überbegriff für professionelles Gaming, die | |
Spiele an sich sind sehr unterschiedlich. Missstände gibt es dabei auf | |
verschiedenen Ebenen, aber mindestens einen teilen alle Spiele: | |
Diskriminierungsformen wie Rassismus, Sexismus, Homophobie und | |
Transfeindlichkeit sind sehr verbreitet. Das ist natürlich kein spezielles | |
E-Sport-Problem, sondern fester Bestandteil unserer Gesellschaft. | |
Wie drückt sich Diskriminierung im E-Sport denn konkret aus? | |
Für Frauen und Menschen mit weiblich klingender Stimme müssen Spiele mit | |
Voicechat, also mit verbaler Unterhaltungsfunktion, die Hölle sein. Die | |
wollen einfach nur ihr Spiel spielen, aber [1][werden aufs Übelste | |
sexistisch herabgewürdigt], sobald sie für eine Frau gehalten werden. Der | |
Voicechat bietet generell ein Forum, das gefährlich sein kann, denn die | |
Menschen können einfach ungefiltert reden. Bei dem Spiel Valorant mit so | |
einer Funktion habe ich mal einen Schwarzen Charakter gewählt, weil ich | |
mich dadurch repräsentiert fühle. Im Spiel wurde ich dann mit dem N-Wort | |
beleidigt. Danach habe ich das Spiel nicht mehr angefasst. | |
Findet Diskriminierung also vor allem im Spiel selbst statt oder auch in | |
den Organisationsstrukturen darum herum? | |
Wichtig ist zu erkennen, dass E-Sport und Gaming zwei verschiedene Dinge | |
sind. Die Regelwerke im E-Sport sind theoretisch natürlich | |
diskriminierungsfrei, doch die Praxis sieht anders aus. Trotz | |
entsprechender Qualifikation werden Frauen von Vereinen häufiger abgelehnt. | |
Manager äußern dann zum Beispiel die Sorge, dass sich die männlichen | |
Spieler im Team in die weibliche Spielerin verlieben könnten, was zu | |
Teamproblemen führen würde. Anstatt die Spieler zu schulen, nimmt man also | |
den easy way out und sagt der Frau ab. Wer weniger Spielerfahrung hat, hat | |
natürlich auch schlechtere Karten, mal mit E-Sport Geld zu verdienen. | |
Haben Sie selbst auch schon Diskriminierung durch E-Sport-Organisationen | |
erfahren? | |
Ich habe mal einen Spieler trainiert, der nicht fähig war, meine Ratschläge | |
anzunehmen und mich stattdessen rassistisch beleidigt hat. Ich habe mich | |
dann an die Organisation gewandt, bei der ich Trainer war. Ich wollte den | |
Spieler nicht direkt rausschmeißen, aber über einen Umgang mit diesem | |
Vorfall sprechen. Die Organisation hat mich aber abgewiesen mit der | |
Begründung, der Spieler sei zu wertvoll, man könne ihn deshalb nicht | |
sanktionieren. Da war für mich klar: Ich habe dort nichts zu suchen. Ich | |
habe gekündigt. Solche Erfahrungen sind kein Einzelfall. Dadurch, dass die | |
Organisationen nicht gegen Leute vorgehen, die sich rassistisch äußern, | |
begünstigen sie Rassismus. | |
Wie präsent ist das Thema Diskriminierung in der deutschen | |
E-Sports-Community? | |
Die mauert. Das Ansprechen dieser Probleme ist deshalb unheimlich | |
schwierig. Viele meinen, als Gamer hätte man nichts mit dem Thema zu tun. | |
Diese Haltung ist einfach falsch. | |
Welche Institutionen sehen Sie in der Pflicht, Diskriminierung im E-Sport | |
zu bekämpfen? | |
Alle. Die Publisher, Vereine und deren Akteure, Politik und große | |
Persönlichkeiten. [2][Die Publisher, also die Spielhersteller, könnten | |
diskriminierendes Verhalten über die AGBs verbieten.] Die Politik könnte | |
hier Druck ausüben, dafür müsste sie aber zunächst die immer größer | |
werdende Rolle des E-Sports anerkennen. Vor 15 Jahren ist vielleicht noch | |
jeder auf den Fußballplatz gerannt, aber heute ist das anders. | |
Würde die Politik E-Sport gesellschaftlich anerkennen und fördern, könnte | |
sie auch Forderungen damit verbinden. Zum Beispiel könnten Publisher zu | |
anti-diskriminierenden Maßnahmen verpflichtet werden. Außerdem müssen die | |
Spieler ihre Vorbildfunktion wahrnehmen. Entscheidend ist dafür ihr Support | |
Staff, also Trainer, Manager und Sportpsychologen. Die haben eine sehr | |
starke Vorbildfunktion, sie geben den Ton an. Was sie sagen, das merken | |
sich die Spieler. Deshalb müssen diese Menschen am stärksten von den | |
Vereinen ausgebildet werden. | |
Wo setzen Sie mit Ihrer Arbeit bei der E-Sports Player Foundation an? | |
Wir möchten nicht nur die Fähigkeiten unserer Spieler fördern, sondern | |
ihnen auch Werte vermitteln und erklären, warum es schlecht ist, andere zu | |
diskriminieren. Sie sollen verstehen, in welcher Verantwortung sie sich | |
befinden. Außerdem möchten wir Prozesse in der E-Sport-Community anstoßen | |
und dafür sorgen, dass diskriminierte Gruppen gezielt gefördert werden. | |
14 Nov 2021 | |
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## AUTOREN | |
Marie Gogoll | |
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