# taz.de -- Tod von Irans Präsident Raisi: Staatstrauer und Feuerwerk | |
> Nach dem Tod des iranischen Präsidenten Raisi wird erneut die große | |
> Spannung in dem islamischen Gottesstaat deutlich. | |
Bild: Nervös am Wrack: Die Absturzstelle wird untersucht | |
Es gibt kaum eine Person in der Islamischen Republik Iran, die so viel Blut | |
an den Händen kleben hat wie Präsident Ebrahim Raisi. Das erklärt auch die | |
Reaktionen auf den Tod des Regierungschefs. Während die Staatsmedien Raisi | |
[1][nach seinem Tod bei einem Hubschrauberabsturz] als Märtyrer betrauern, | |
feiern die Menschen in Iran in zahlreichen Städten des Landes mit | |
Feuerwerk. Raisi war zusammen mit seinem Außenminister Abdollahian auf der | |
Rückreise von einem Besuch im Nachbarland Aserbaidschan, als der | |
Hubschrauber Sonntagnacht abstürzte. | |
In den 1980er Jahren war er als stellvertretender Generalstaatsanwalt von | |
Teheran Teil einer vierköpfigen Todeskommission, die in minutiösen | |
Schnellverfahren Abertausende politische Gefangene hinrichten ließ. Bis | |
heute ist unklar, wie viele Gefangene tatsächlich, zum großen Teil | |
außergerichtlich, hingerichtet worden sind. | |
Frauen wurden vor der Exekution systematisch vergewaltigt, damit sie nicht | |
als „Jungfrauen“ sterben und ins „Paradies“ kommen. Die Leichname wurde… | |
Massengräbern verscharrt, das bekannteste ist der Khavaran-Friedhof. Die | |
meisten Familien wissen bis heute nicht, wo ihre Angehörigen begraben | |
liegen. Amnesty International spricht von einem Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit. | |
Doch Konsequenzen gab es für den „Schlächter von Teheran“ nie. Im | |
Gegenteil: Im Jahr 2019 wird Raisi Chef der Justiz. In diesem Jahr lässt | |
das Regime mindestens 1.500 Menschen bei den Novemberprotesten auf der | |
Straße erschießen. Bis heute droht zahlreichen Protestierenden die | |
Hinrichtung. Kurz darauf wird er auf Wunsch des Obersten Führers Ali | |
Chamenei im Jahr 2021 Präsident der Islamischen Republik und verantwortet | |
die brutale Niederschlagung der „Frau, Leben, Freiheit“-Proteste im Herbst | |
2022. | |
## Angehörige der hingerichteten Protestierenden feiern | |
Vor dem Hintergrund dieser Menschenrechtsverletzungen ist die Freude über | |
Raisis Tod bei vielen Iraner*innen groß. In den sozialen Medien | |
beglückwünschen sich Oppositionelle, noch bevor die Meldung über den Tod | |
des Präsidenten bestätigt war. In zahlreichen Städten Irans besetzten | |
Basidsch-Milizen die Straßen, um Feierlichkeiten zu verhindern. Dennoch | |
sind Bilder von Feuerwerken aus zahlreichen Städten zu sehen. Angehörige | |
derer, die bei den „Frau, Leben, Freiheit“-Protesten getötet worden sind, | |
teilten Videos, wie sie anstoßen. | |
„Karma“ ist das Wort, das immer wieder fällt. Der Hubschrauber ist am | |
ersten Jahrestag der [2][Hinrichtung] von drei Protestierenden der „Frau, | |
Leben, Freiheit“-Bewegung aus Isfahan abgestürzt, in der Provinz | |
Ost-Aserbaidschan, wo wenige Kilometer entfernt am selben Morgen mindestens | |
fünf Gefangene im Urmia-Gefängnis hingerichtet worden sind, darunter eine | |
53-jährige krebskranke Frau. | |
Auch Aktivist*innen aus Syrien, Irak und weiteren Ländern freuen sich, | |
immerhin ist der iranische Außenminister Abdollahian mitverantwortlich für | |
den Terror in vielen Staaten gewesen. | |
Bei aller Freude ist jedoch auch klar, dass sich durch den Tod des | |
Präsidenten nicht viel ändern wird im Land. Die eigentliche Regierungsmacht | |
liegt nicht im Präsidentenamt, sondern im Büro des Obersten Führers | |
Chamenei sowie der [3][Revolutionsgarde]. | |
Der Vizepräsident Mohammad Mokhber wird die Amtsgeschäfte übernehmen, bis | |
ein neuer Präsident gewählt ist. Dies muss nach iranischer Verfassung in | |
den nächsten 50 Tagen geschehen. | |
Eine Kommission, bestehend aus dem Vizepräsidenten Mokhber, dem Chef der | |
Justiz Gholam Hossein Mohseni-Eje’i und dem Sprecher des Parlaments | |
Mohammad Baqer Qalibaf, soll diese Wahlen organisieren. Letzterer wird | |
durchaus als möglicher nächster Präsident gehandelt, zumal es derzeit kaum | |
Alternativen gibt. Qalibaf versuchte bereits 2005 und 2013 Präsident des | |
Landes zu werden. | |
Mit Raisis Tod ist nicht nur der Platz als Präsident der Islamischen | |
Republik frei geworden, sondern auch als möglicher Nachfolger Chameneis. | |
Für Chameneis Sohn Mojtaba Khamenei gibt es nun einen Konkurrenten weniger. | |
Es ist eine politische Krise für die Islamische Republik. Es fehlt an | |
Alternativen, die Wahlen müssen in den nächsten Wochen stattfinden, und die | |
Bevölkerung kann es kaum abwarten, bis das Regime stürzt. Ob die Menschen | |
diese Krise nutzen und erneute Straßenproteste entfachen, bleibt | |
abzuwarten. Für sie ist jedoch eines klar: Auch mit einem neuen Präsidenten | |
wird sich an ihrer Lage nichts ändern. Für sie sind die Kandidaten bloß | |
weitere Marionetten Khameneis. | |
20 May 2024 | |
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## AUTOREN | |
Daniela Sepehri | |
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