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# taz.de -- Superreiche in Griechenland: Ein gemachtes Nest für Oligarchen
> Schiffsunternehmer in Griechenland machen lukrative Geschäfte mit dem
> Staat. Ein aktuelles Luxus-Bauprojekt in Athen belegt ihren Einfluss.
Bild: Hellenikon, das Gelände des alten Flughafens in Athen
Athen taz | Griechenlands Premier Kyriakos Mitsotakis saß mit der halben
Regierung in der ersten Reihe. Ebenso wie Ex-Premier Antonis Samaras.
Dahinter das Personal der Ministerien und der griechischen Baufirma Lamda.
Gemeinsam lauschten sie Mitte Oktober der festlichen Einweihung des
Mega-Projekts „Hellenikon“ in Athen. Dort, wo der frühere Athener Flughafen
stand, kommen Luxusvillen mit grünem Park hin – in Auftrag gegeben von
einem der reichsten Griechen: Spiros Latsis. Für ihn ein gutes Geschäft,
für das er sich bei gleich drei griechischen Regierungen bedankte.
Kirchliche Würdenträger gaben zum Auftakt ihren Segen, bevor endlich der
ganz große Moment kam. Brav hörten die versammelten Vertreter aus Politik,
Wirtschaft und Kultur ihrem Gastgeber Spiros Latsis zu, dem Mann des Tages,
als er live von Genf zugeschaltet wurde.
Latsis' Baufirma Lamda errichtet auf dem alten Flughafengelände in Athen
9.000 Nobel-Wohnungen, laut Berichten mit Kaufpreisen von bis zu 30.000
Euro pro Quadratmeter. Nach [1][zehn Jahren rigoroser Sparpakte können die
meisten Griechen] von so etwas nur träumen. Doch im Aushängeschild des
Projekts, dem 200 Meter hohen „Riviera Tower“, zukünftig das höchste
Gebäude Griechenlands, sind schon fast alle Apartments verkauft. Dabei
stehen noch nicht einmal die Fundamente.
Gebaut werden zudem drei Luxushotels, Büros, Einkaufszentren, ein
Jachthafen für 400 Boote, Strandbäder und ein Spielkasino. Insgesamt ist es
ein in Europa einmaliges Bauprojekt, direkt am malerischen Saronischen Golf
auf einer Fläche, die dreimal so groß ist wie das Fürstentum Monaco, nur
acht Kilometer von der Akropolis entfernt.
## Vor Steuern geschützt
Latsis kostet die Pacht des Staatsgeländes „Hellenikon“ für die kommenden
99 Jahre 915 Millionen Euro – ein Spottpreis. Durchaus verständlich, dass
der Milliardär Latsis bei seiner Rede sichtlich gerührt war.
Er dankte gleich den drei griechischen Regierungen seit 2012, weil sie „das
Projekt ‚Hellenikon‘ geeint“ haben: Zuerst der Regierung Samaras, die von
Mitte 2012 bis Ende 2014 in einer Dreier-Koalition aus konservativer Nea
Dimokratia (ND), den Pasok-Sozialisten und anfänglich der Demokratischen
Linken („Dimar“), dann der Regierung unter Alexis Tsipras, vom „Bündnis …
Radikalen Linken“ („Syriza“), die ab Anfang 2015 im Amt war sowie
schließlich jener des seit Juli 2019 regierenden ND-Chefs Kyriakos
Mitsotakis.
Deutlicher hätte man es nicht sehen können, von ND über die
Pasok-Sozialisten bis zu Syriza: Keiner hat es bisher in Griechenland
gewagt, die exorbitante Macht und die Privilegien der Superreichen auch nur
ansatzweise zu beschneiden. Traditionell die wohl größten Nutznießer sind
die hellenischen Schiffsunternehmer. Seit 1953 genießt ihr Metier mehrere
Dutzend Steuerbefreiungen, die durch den Artikel 107 der griechischen
Verfassung fest verankert sind. Keine Regierung, keine Verfassungsreform,
kein Sparpaket hat daran gerüttelt.
So häufen sie [2][Jahr für Jahr Milliarden] an. Nicht nur die Flotten
griechischer Reeder werden immer größer. Die Reederfamilien Alafouzos,
Vardinogiannis, Kyriakou und Marinakis kontrollieren fünf von sechs
privaten, landesweit ausstrahlenden Fernsehsendern in Griechenland. Dafür
prahlen die „Taxifahrer der Meere“, wie sie sich selbst gerne nennen,
medienwirksam damit, dass sie seit 2013 einen fixen Betrag zur „Stärkung“
des Staatshaushalts leisten: Bisher jährlich 40 Millionen, fortan sollen es
für alle Reeder [3][zusammen nur 60 Millionen Euro] sein.
Die Nähe von [4][Premier Kyriakos Mitsotakis zur Oligarchie] in
Griechenland ist nahezu greifbar: ob durch die Vergabe von Großaufträgen,
aufgeschobene Zahlungsverpflichtungen oder großzügig erlassene Schulden.
Kleine Unternehmen profitieren nicht von solchen Großzügigkeiten.
## Kritik an Oligarchen
Auch familiäre Verflechtungen zwischen der konservativen Regierungspartei
und Großfirmen zeigen: Der Schwiegervater von Georgios Gerapetritis,
Staatsminister im Kabinett Mitsotakis, ist die Nummer zwei im Baukonzern
GEK TERNA. Und siehe da: Ob Autobahnen, Windparks oder in der
Müllverwertung: die GEK Terna erhält einen Auftrag nach dem nächsten.
Wenn Politiker hingegen aufmüpfig werden, lernen sie die Oligarchen ganz
anders kennen. Das passierte jüngst Kleon Grigoriadis, seit 2019
Abgeordneter der kleinen oppositionellen Linkspartei „Mera25“ von
Ex-Finanzminister Janis Varoufakis.
Bei einer Parlamentsrede griff er namentlich den Reeder Jannis Alafouzos
an, dem auch der private Fernsehsender „Skai“ gehört. Während Alafouzos'
Sender „Skai“ von früh bis spät den mörderischen Angriffskrieg von Russl…
in der Ukraine aufs Schärfste verurteile, verdiene sich Alafouzos selbst
mit seinen Tankern und dem Transport von russischem Öl nachweislich dumm
und dämlich, platzte Grigoriadis der Kragen. Alafouzos reagierte: Er erhob
Klage gegen den Parlamentarier.
Doch Grigoriadis forderte vehement die Aufhebung seiner eigenen Immunität,
um sich vor Gericht gegen den Tankerkönig zu verteidigen. Auf der Straße,
im Parlament und vor Gericht wolle er gegen Oligarchie kämpfen. Nur: Eine
Schwalbe macht keinen Sommer. In Griechenland schon gar nicht.
3 Dec 2022
## LINKS
[1] /Merkel-und-Griechenland/!5808720
[2] /Milliardaere-im-griechischen-Fussball/!5489579
[3] https://www.naftemporiki.gr/maritime/1407118/synyposchetiko-sta-60-ekat-eyr…
[4] /Spionage-in-Griechenland/!5895319
## AUTOREN
Ferry Batzoglou
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