# taz.de -- Streit um die CSD-Parade in Bremen: Wie explizit darf's sein? | |
> Bremens CSD-Verein bittet darum, auf der Parade auf die Darstellung | |
> sexueller Handlung zu verzichten. Vor allem die schwule Fetisch-Szene ist | |
> empört. | |
Bild: Geht sogar in Bayern: Fetisch-Freunde beim CSD 2019 in München | |
BREMEN taz | „Mit dem [1][CSD Bremen] reiht sich nun eine angeblich an | |
Emanzipation interessierte Organisation an Putins und Orbáns Seite ein“, | |
hieß es am Samstag in einer [2][Pressemitteilung der | |
Bundesarbeitsgemeinschaft Queer der Linkspartei] (BAG). Ja, richtig | |
gelesen, der Bremer CSD-Verein, also die Leute, die jedes Jahr ehrenamtlich | |
daran arbeiten, dass es in Bremen einen Christopher Street Day gibt, kurz | |
CSD, sollen auf einer Linie liegen mit homophoben, rassistischen Despoten. | |
Der CSD erinnert seit den 70er-Jahren weltweit an die Kämpfe um die Rechte | |
und die Sichtbarkeit zunächst von trans- und homosexuellen Menschen. | |
Mittlerweile wird häufig der Begriff „queer“ genutzt, was deutlich machen | |
soll, dass alle gemeint sind, die von einer heterosexuellen, | |
zweigeschlechtlichen Norm abweichen. In Bremen gibt es ihn erst wieder seit | |
2017 und dieser Bremer CSD verstand sich stets als politische Demonstration | |
– und nicht als Karnevalsveranstaltung mit Humpftata-Techno wie andernorts. | |
Dieses Selbstverständnis hat der Verein im November noch einmal als „Vision | |
und Grundsätze“ aufgeschrieben und auf seiner Homepage veröffentlicht. | |
Darin steht viel darüber, wie das Team die eigene Vorgehensweise | |
reflektiert, und auch, dass es nicht für sich gepachtet hat, auf der | |
richtigen Seite der Macht zu stehen. „Wir sind selbst in einer Gesellschaft | |
aufgewachsen, in der Diskriminierung jeden Tag stattfindet“, steht dort, | |
„deshalb ist uns bewusst, dass auch wir diskriminieren“. | |
Stimmt, sagen jetzt BAG und zahlreiche Personen, die sich in sozialen | |
Medien aufregen – acht Monate nach Veröffentlichung des Textes und in der | |
heißen Vorbereitungsphase des CSD-Wochenendes Ende August. Auslöser: | |
[3][Ein Abschnitt der mit „Keine Fetischdarstellung“ überschrieben ist.] | |
„Das Darstellen von Fetischen in der Öffentlichkeit finden wir nicht | |
hilfreich, wenn wir bei der gleichen Demonstration und Kundgebung über | |
Themen wie Asylrecht, Trans*Recht oder queere Krankenversorgung sprechen | |
möchten“, hieß es darin. Schließlich könne das Publikum nicht einwilligen, | |
ob es so etwas sehen möchte. | |
## Vergleich mit Putin und Orbán | |
Dieses „Fetisch-Verbot“ wird jetzt so interpretiert, dass die | |
CSD-Organisator*innen sich bei der „heternormativen“ oder der | |
„bürgerlichen“ Mehrheit anbiedern wollen, den CSD „entsexualisieren“ u… | |
damit weichspülen. Dies würde – so der Kern der Vorwürfe – die Idee des | |
Gedenktags verraten, der alle sichtbar machen soll, die aufgrund ihrer als | |
abweichend bewerteten Sexualität diskriminiert werden. Dabei seien gerade | |
diese „Kinks und Fetische“ Ausdruck von „Community, Selbstbestimmung und | |
Befreiung“. | |
Was dort allerdings nicht steht: Dass der CSD und seine Selbstinszenierung | |
jahrzehntelang von schwulen Männern dominiert wurde. Daran stört sich auch | |
Maja Tegeler, queerpolitische Sprecherin der Links-Fraktion in der | |
Bremischen Bürgerschaft. Den BAG-Vergleich der CSD-Organisator*innen mit | |
dem russischen Präsidenten Putin und Orbán hält sie zwar für „mehrere | |
Nummern drüber“. Im Kern aber teilt sie die Kritik: „Niemand darf | |
ausgeschlossen werden.“ | |
Das gelte aber auch für diejenigen, die mitlaufen und sich nicht wohl | |
fühlen, wenn sehr harte Spielarten von Sexualität dargestellt werden. | |
Anders sieht es Kai Wargalla, Tegelers Pendant in der Grünen | |
Bürgerschaftsfraktion. „Der CSD ist kein bürgerlicher Protest“, sagt sie. | |
„Es ging immer um das Recht, so sein zu dürfen, wie man ist und lieben zu | |
dürfen, wen man will.“ Daher müsse die Aussage der Demonstration immer | |
sein: „Ihr habt uns in unserer Vielfalt zu akzeptieren.“ | |
Es wäre fatal, „im vorauseilenden Gehorsam Schlips und Krawatte | |
anzuziehen“. Dass die Formulierung auf der Homepage [4][inzwischen geändert | |
wurde], reicht ihr nicht. Dort steht jetzt, dass Fetische natürlich Platz | |
hätten auf dem Bremer CSD, aber die Organisator*innen nach wie vor | |
darum bitten, auf „die Darstellung von Sex, sexuellen Handlungen, wie zum | |
Beispiel symbolische Penetration“ zu verzichten. | |
Das Problem bleibe, dass der CSD-Verein seinen Aufruf zur Enthaltsamkeit | |
damit begründe, so bessere Chancen zu haben, akzeptiert und gehört zu | |
werden. „Das geht nicht“, sagt Wargalla, „damit machen wir uns klein“. … | |
Medien gern Fotos mit viel nackter Männerhaut für die Berichterstattung | |
nutzen, sei diesen anzulasten. „Wenn der CSD-Verein zeigen möchte, dass es | |
mehr queere Menschen als schwule weiße Männer gibt, muss er dafür sorgen, | |
dass der CSD diverser wird.“ | |
20 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Polizei-demonstriert-gegen-Polizeiwillkuer/!5435625 | |
[2] https://www.dielinke-queer.de/nc/aktuelles/presse/detail/news/die-linke-que… | |
[3] https://web.archive.org/web/20201126071901/https://www.csd-bremen.org/2020/… | |
[4] https://www.csd-bremen.org/2020/unsere-grundsaetze/ | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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