| # taz.de -- Streit um Nord Stream 2: „Fortuna“ ist blockiert | |
| > Erneute US-Sanktionen verzögern den Bau der deutsch-russischen Pipeline. | |
| > Selbst Hauptinvestor Gazprom schließt ihr Scheitern nicht mehr aus. | |
| Bild: Im Sommer 2019 wurde noch gebaut, jetzt ist wieder Stopp bei Nord Stream 2 | |
| „Fortuna“ bringt Stillstand. Vorerst. Das 139 Meter lange Ankerschiff liegt | |
| bereits seit Tagen vor Rostock. Das Gefährt, das mit einer Geschwindigkeit | |
| von einem Kilometer pro Tag Rohre in einer Tiefe von bis zu 200 Metern | |
| verlegen kann, spielt eine Schlüsselrolle bei der Fertigstellung der | |
| deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2. Es soll die letzten Kilometer | |
| der umstrittenen Pipeline von Wyborg nach Lubmin fertigstellen – und wurde | |
| von den USA nun zum „blockierten Eigentum“ erklärt. | |
| So heißt es in der neuen Sanktionsliste der Amerikaner, auf der auch das | |
| russische Unternehmen KVT Rus steht, der „Fortuna“ gehört. Damit bestraft | |
| Washington zum ersten Mal eine Firma wegen der Beteiligung am Bau von Nord | |
| Stream 2. Das US-Außenministerium [1][begründet die Sanktionen] damit, dass | |
| Nord Stream 2 es den Russen erlaube, „natürliche Ressourcen als Mittel für | |
| politischen Druck und bösartigen Einfluss gegen Westeuropa zu nutzen“. Auch | |
| weitere Maßnahmen seien angedacht. | |
| Welche Konsequenzen allerdings ein solch „blockiertes Eigentum“ wie die | |
| „Fortuna“ haben soll, wenn das Schiff gar nicht in amerikanischen Gewässern | |
| ist, steht nicht in den Papieren. Doch die Sanktionen zeigen Wirkung: So | |
| teilte das norwegische Zertifizierungsunternehmen DNV GL seinen Rückzug aus | |
| dem Projekt mit. Und auch das deutsche Unternehmen Bilfinger Nord, das den | |
| Zuschlag für Leit- und Sicherheitssysteme zum Betrieb der Pipeline erhalten | |
| hatte und verantwortlich für den Bau einer Zentrale zur Vorwärmung von | |
| Erdgas am Anlandepunkt ist, soll laut unbestätigten Berichten seinen | |
| Rückzug aus dem Projekt angekündigt haben. | |
| Mecklenburg-Vorpommern hat derweil seine umstrittene Umweltstiftung | |
| gegründet. Zu ihren Aufgaben gehört nicht nur die Förderung von Projekten | |
| in Umwelt- und Klimaschutz, sondern auch der Kauf von Bauteilen und | |
| Maschinen, die für die Fertigstellung von Nord Stream 2 nötig sind. Damit | |
| will man die Sanktionen der USA möglichst umgehen. Für die Bundesregierung | |
| sind die hochpolitisierten Rohre weiterhin ein reines „Wirtschaftsprojekt“. | |
| Auch die Russen zeigen sich gewohnt unbeeindruckt von den erneuten | |
| Sanktionen. Die kontinuierliche Arbeit an der Fertigstellung des Projekts | |
| werde fortgeführt, sagte der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. | |
| ## Der Einfluss des Falles Nawalny | |
| Allerdings könnte die [2][Festnahme des nach Moskau zurückgekehrten | |
| Kreml-Kritikers Alexei Nawalny] weitere Bewegung in die Sache bringen. Es | |
| sind vor allem die Mittelosteuropäer, die Ukraine und die Skandinavier, die | |
| das Projekt von Anfang an in Frage stellten. Das EU-Parlament bereitet im | |
| Zuge einer geplanten Erklärung zum Fall Nawalny – der Oppositionspolitiker | |
| sitzt seit Montag in einem der härtesten russischen | |
| Untersuchungsgefängnisse, der „Matrosenstille“ in Moskau – einen Aufruf … | |
| Baustopp von Nord Stream 2 vor und fordert das Aus der Pipeline. | |
| Selbst der Gasriese Gazprom, der Hauptinvestor von Nord Stream 2, schließt | |
| das Scheitern des Projekts offenbar nicht mehr aus. In einem Prospekt, das | |
| an Investoren ausgegeben worden sein soll, heißt es laut russischen | |
| Agenturen: „Bei der Umsetzung unserer großen internationalen Projekte wie | |
| Nord Stream 2 sind wir Risiken im Zusammenhang mit Änderungen der | |
| politischen Situation in verschiedenen Regionen begegnet.“ | |
| Bereits in der vergangenen Woche waren Verlegearbeiten mit der „Fortuna“ | |
| südlich der dänischen Insel Bornholm angekündigt worden. Nach dänischem | |
| Recht müssen alle Schiffe in ihren Gewässern mit einem dynamischen | |
| Positionierungssystem ausgestattet sein. Das russische Schiff musste | |
| nachrüsten, was wieder Zeit und Geld kostet. Die „Fortuna“ schaukelt weiter | |
| vor Rostock. | |
| 20 Jan 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Inna Hartwich | |
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