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# taz.de -- Streit über Kohlekraftwerk Datteln 4: Proteste beim finnischen Eig…
> Fortum, Mehrheitseigner des Kraftwerksbetreibers Uniper, hält am Dienstag
> seine Hauptversammlung ab. Auch Demonstranten haben sich angekündigt.
Bild: Wegen der Beteiligung am Kohlekraftwerk Datteln 4 gerät die finnische Re…
Stockholm taz | Peter Lund, Physikprofessor und Experte für Energietechnik
an der finnischen Aalto-Universität, kann die Proteste der Klimabewegung
verstehen: „Jetzt mit einem neuen Kohlekraftwerk ans Netz zu gehen, würde
ein ganz schlechtes Signal an Länder wie Indien oder China schicken, von
denen wir ja erwarten, dass sie ihre Emissionen senken und keine neue
Kohlekraft bauen.“ Angesichts der Klimaziele, die man sich gesetzt habe,
sei das, was Uniper vorhabe, „direkt kontraproduktiv“.
Es geht um [1][„Datteln 4“]. Das Steinkohlekraftwerk, das der
Energiekonzern Uniper im Frühsommer in Betrieb nehmen möchte, ist auch in
Finnland zu einem heißen Thema geworden. Uniper gehört derzeit zu 49,99
Prozent dem finnischen Fortum-Konzern – demnächst werden es über 70 Prozent
sein. Und Fortum wiederum gehört mehrheitlich dem finnischen Staat. Der
finnischen Regierung, die das ehrgeizige Ziel hat, das Land bis 2035
„CO2-neutral“ zu machen, wird also durch Fortum die Verantwortung für ein
Steinkohlekraftwerk ans Bein gebunden, das die für Finnland beschlossenen
Klimaziele regelrecht desavouiert. Im vergangenen Jahr beschloss das
Parlament in Helsinki, dass spätestens ab 1. Mai 2029 keine Tonne Kohle
mehr zur Energieproduktion verfeuert werden soll.
Den Unmut der Klimabewegung bekam Finnlands Ministerpräsidentin Sanna Marin
[2][schon bei ihrem Antrittsbesuch] bei der Bundeskanzlerin Mitte Februar
in Berlin zu spüren. DemonstrantInnen forderten die Sozialdemokratin auf,
alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um „Datteln 4“ zu stoppen.
In Interviews versuchte sich die Ministerpräsidentin herauszuwinden. Ja,
Fortum sei ein Staatsunternehmen, aber das bedeute aufgrund der geltenden
Bestimmungen nicht, dass sich die Regierung in dessen operative Geschäfte
einmischen dürfe. Formal mag das stimmen, doch praktisch richtete sich
Fortum in der Vergangenheit durchaus nach den „Wünschen“ der jeweiligen
Regierung. 2015 drohte der geplante Bau von „Hanhikivi 1“, dem sechsten AKW
des Landes, zu scheitern, weil nach dem Ausstieg von Eon und dem
umstrittenen Einstieg des russischen Staatsunternehmens Rosatom in das
Projekt mehrere Investoren absprangen. Seinerzeit wurde Fortum kurzerhand
verdonnert, sich als neuer Investor zu beteiligen. Nur so konnte in letzter
Minute der gesetzlichen Vorgabe, wonach 60 Prozent der AKW-Anteile von
finnischen oder EU-Investoren gehalten werden müssen, Genüge getan werden.
## Finnische Klimastrategie wird unglaubwürdig
Eine Einflussnahme wäre also möglich, sofern das politisch gewollt ist. In
dem von der Sozialdemokratin Tytti Tuppurainen geführten Ministerium für
Europa und die Staatsbetriebe wird aktuell an neuen Richtlinien für die
Steuerung der staatlichen Unternehmen durch Parlament und Regierung
gearbeitet. Die künftigen Richtlinien müssten diese Unternehmen zur
Verantwortung für die Einhaltung der Klimaziele Finnlands verpflichten,
fordert Sini Harkki von Greenpeace-Finnland.
Auch die Hintergründe für den Anfang März erklärten überraschenden
Rücktritt des bisherigen Fortum-Chefs Pekka Lundmark bringen mehrere
Medienkommentare mit den Zweifeln an Fortums Uniper-Deal in Verbindung. Der
war von Anfang an heftig umstritten gewesen. Unter Lundmark war er zur
Regierungszeit einer Rechts-/Rechtsaußenkoalition eingefädelt worden, der
Vorgängerin der [3][jetzigen Mitte-links-Regierung.] Und neben den
seinerzeit oppositionellen Sozialdemokraten stellte auch die Mehrheit der
anderen Parteien der jetzigen Koalitionsregierung diesen Deal grundsätzlich
infrage. Sie warfen der damaligen Regierung vor, mit Fortums Einstieg bei
Uniper Finnlands Klimastrategie unglaubwürdig zu machen, und kritisierten,
das Geld der finnischen Stromkunden werde ausgerechnet zum Kauf von Eons
„Resterampe“ und damit höchst klimaschädlicher Energieproduktion
hinausgeworfen.
## Vorwärts in die Vergangenheit
Während sich Fortum in der Öffentlichkeit gern als Unternehmen präsentiert,
das „die Energieproduktion von morgen aufbaut“, fasste der Energieberater
Mycle Schneider dessen Strategie nach dem Einstieg bei Uniper zusammen mit:
„Vorwärts in die Vergangenheit!“ Die Zahlen sprechen eine deutliche
Sprache: Fortums Kraftwerke emittieren jetzt jährlich 26 Megatonnen CO2.
Bei Uniper sind es über 70 Megatonnen und Finnlands gesammelte CO2-Bilanz
liegt aktuell bei 56 Megatonnen. Fortum wird mit seiner Uniper-Beteiligung
ein größerer CO2-Emittent sein als ganz Finnland.
Am Dienstag hält der Konzern seine Jahreshauptversammlung in der
Finlandia-Halle von Helsinki ab. Die Klimabewegung will demonstrieren.
Neben finnischen haben auch AktivistInnen aus Deutschland und Russland ihr
Kommen angekündigt. Finnland habe sich „beim Klimaschutz großartige Ziele
gesetzt“, meint die Energie-Expertin von Greenpeace Lisa Göldner: Es sei
daher „vollkommen unverständlich“, wenn der finnische Staatskonzern als
Hauptanteilseigner von Uniper zulassen wolle, „dass in Deutschland im Jahr
2020 noch ein neues Kohlekraftwerk in Betrieb geht“. Die finnische
Regierung müsse ihren eigenen Ansprüchen beim Klimaschutz gerecht werden,
betonte Tom Patzelt von Fridays for Future schon änlässlich des
Deutschlandbesuchs der Ministerpräsidentin. Zumal die Steinkohle, die in
Datteln 4 verbrannt werden solle, teilweise „Blutkohle“ sei, die
beispielsweise unter Verletzung der Menschenrechte der indigenen
Bevölkerung in Kolumbien abgebaut werde.
17 Mar 2020
## LINKS
[1] /Proteste-gegen-Kohlekraftwerk/!5656199
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[3] /Wahlen-in-Finnland/!5588407
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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