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# taz.de -- Umstrittenes Kohlekraftwerk: Datteln macht Ökostromern Probleme
> Trotz niedriger Stromnachfrage am Markt läuft das neue Kraftwerk im
> Testbetrieb auf vollen Touren – und sorgt damit für stark negative
> Strompreise.
Bild: Sorgt für viel Protest: Kohlekraftwerk Datteln 4
Berlin taz | Eigentlich ist der Bedarf an Strom aus Kohlekraftwerken
derzeit so gering wie noch nie: Der deutliche Rückgang des Stromverbrauchs
durch die Coronakrise einerseits und eine wetterbedingt
überdurchschnittliche Produktion von Wind- und Solarstrom andererseits
haben die Leistung der deutschen Stein- und Braunkohlekraftwerke im April
auf den niedrigsten Stand seit Jahrzehnten fallen lassen. Gerade bei der
Steinkohle wurden weniger als 10 Prozent der Kapazität ausgenutzt. Nur ein
Kohleblock lief im April trotzdem an vielen Tagen auf Hochtouren:
[1][Datteln 4, das umstrittene neue Kraftwerk bei Recklinghausen].
Das soll trotz beschlossenem Kohleausstieg und trotz massiver Proteste im
Sommer seinen Betrieb offiziell aufnehmen. Doch schon jetzt läuft es im
Probebetrieb. [2][Im April wurde es wiederholt unter voller Leistung
getestet], und zwar ausgerechnet meist an Tagen, an denen es ohnehin
überreichlich Strom gab, etwa vom 20. bis 22. April jeweils von 8.30 bis
16.30 Uhr. Dadurch ist der Preis an der Strombörse so stark ins Negative
gefallen wie lange nicht mehr: Am 21. April lag er mittags bei minus 80
Euro pro Megawattstunde.
## Kritik am rücksichtslosen Vorgehen
Probleme bereitet dieser negative Strompreis den Betreibern von
Ökostromanlagen, die keine feste Vergütung bekommen, sondern das Modell
nutzen, bei dem sich der Erlös aus einer sogenannten Marktprämie und dem
Wert des Stroms an der Börse zusammensetzt. Besonders ungünstig ist es,
wenn der Preis, wie am 21. April geschehen, für mehr als 6 Stunden negativ
ist: Dann bekommen sie in dieser Zeit gar kein Geld für ihren Strom.
Bruno Burger vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme findet das
Vorgehen von Datteln-Betreiber Uniper darum rücksichtslos. Denn die
voraussichtliche Produktion und Nachfrage von Strom werde für mehrere Tage
im Voraus prognostiziert, sagte er der taz. „Wenn sie ihre Tests eine Woche
später gemacht hätten, hätte es keine Probleme bereitet.“ Uniper-Sprecher
Leif Erichsen sagte am Montag zur Erklärung, dass es für den Probebetrieb
einen festen Fahrplan gebe, der unabhängig von der Nachfrage sei.
Am Samstag hatte es in Datteln eine [3][Demonstration] gegen die geplante
Inbetriebnahme des Kraftwerks gegeben. Weitere Proteste sind an diesem
Mittwoch aus Anlass der Hauptversammlung von Uniper geplant.
## EEG-Konto leert sich
Auch unabhängig vom Probebetrieb in Datteln bringt die niedrige
Stromnachfrage dem Ökostrommarkt Probleme. Weil der Strom aus erneuerbaren
Energien wegen des niedrigen Strompreises weniger einbringt als geplant,
hat sich das sogenannte EEG-Konto deutlich geleert. Während es vor einem
Jahr noch eine Reserve von 5,4 Milliarden Euro hatte, sank diese im April
auf nur noch 1,1 Milliarden Euro.
Setzt sich dieser Trend fort, dürfte die von allen Stromkunden zu
bezahlende EEG-Umlage im nächsten Jahr wieder steigen. Insgesamt müsste der
Strompreis aber eher sinken. Wenn die Anbieter den niedrigen Börsenpreis an
die KundInnen weitergeben, müsste das die steigende Umlage
überkompensieren.
19 May 2020
## LINKS
[1] /Proteste-gegen-Kohlekraftwerk/!5656199
[2] https://twitter.com/energy_charts_d/status/1261612007998009346
[3] /Demo-gegen-Kohlekraftwerk-Datteln-4/!5683775
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
## TAGS
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