# taz.de -- Stillstehendes Hamburger Prestigeprojekt: „Abriss wäre eine Opti… | |
> Auf der Baustelle des Elbtowers an den Hamburger Elbbrücken tut sich | |
> schon lang nichts mehr. Jetzt hat die SPD den Abriss ins Gespräch | |
> gebracht. | |
Bild: Unvollendet: der Wolkenkratzer neben den Elbbrücken im November 2023 | |
HAMBURG taz | Er soll der östliche Eckstein und krönende Abschluss der | |
Hamburger Hafencity werden: der 245 Meter hohe Elbtower direkt an den | |
Elbbrücken. Doch dort steht nur ein 100 Meter hoher Stumpf, umgeben von | |
untätigen Kränen. Die Baustelle seht seit einem halben Jahr still. Jetzt | |
hat SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf einen möglichen Abriss des | |
unvollendeten Wolkenkratzers ins Gespräch gebracht. | |
Das Projekt Elbtower war 2018 vom damaligen Ersten Bürgermeister Olaf | |
Scholz (SPD) auf seiner letzten Pressekonferenz vorgestellt worden, bevor | |
er sich nach Berlin aufmachte, um Bundesfinanzminister zu werden. Geplant | |
war das dritthöchste Hochhaus der Republik, um in der norddeutschen | |
Tiefebene weithin sichtbar zu signalisieren: Hier ist Hamburg. | |
Dank der Niedrigzinspolitik der Zentralbanken blühte die | |
Immobilienwirtschaft. Die Corona-Pandemie mit der folgenden | |
Homeoffice-Welle war nicht absehbar. Ein Wolkenkratzer mit Büros, einem | |
Hotel, Gastronomie und vielen anderen öffentlichen Nutzungen mit direktem | |
Schnell- und Autobahnanschluss erschien machbar. | |
Nun platzte aber der Immobilienboom. Und damit flog auch das verschachtelte | |
[1][Imperium des Investors René Benko auseinander]. Ende Oktober stellte | |
das beauftragte Bauunternehmen die Arbeit ein, weil Benkos Signa-Gruppe | |
dessen Rechnungen nicht mehr bezahlte. Die für den Elbtower verantwortliche | |
Tochtergesellschaft meldete Ende Januar Insolvenz an. | |
Das Ganze ist unschön für den rot-grünen Hamburger Senat, hatte der sich | |
doch sehr bemüht, eine Bauruine oder ein zweites Millionengrab wie die | |
Elbphilharmonie zu vermeiden. „Die Fertigstellung des Elbtowers ist in | |
erster Linie ein [2][privatwirtschaftliches Vorhaben], und das wird es auch | |
bleiben“, versicherte SPD-Fraktionschef Kienscherf am Dienstag. | |
Er gehe davon aus, dass sich ein Investor finde, der den Turm weiterbauen | |
und bis 2029 fertigstellen werde. „Falls dies nicht gelingen sollte, wäre | |
ein Abriss des Rohbaus eine mögliche Option“, teilte Kienscherf mit. Er | |
rechne aber nicht damit, dass das notwendig sein werde. Die Stadt werde den | |
Wolkenkratzer jedenfalls nicht in Eigenregie fertig bauen und auch keine | |
Steuergelder dafür aufwenden. | |
So ein Versprechen sei ja schön und gut, sagt Heike Sudmann, | |
Bürgerschaftsabgeordnete der Linken. „Aber vielleicht hat ihm ja niemand | |
gesagt, dass die Stadt die Abrisskosten selbst bezahlen muss.“ | |
Die Verträge der Stadt mit Signa sehen vor, dass die Stadt das Grundstück | |
zum Einstandspreis zurückkaufen darf, wenn das Bauwerk nicht bis Januar | |
2029 fertiggestellt ist; was bis dahin gebaut sein würde käme kostenlos | |
obendrauf. Dieses Wiederkaufsrecht hat der Senat vor einer Woche beim | |
Insolvenzverwalter angemeldet. Jetzt hat er neun Monate Zeit, es auch zu | |
ziehen. | |
Auf Nachfrage Sudmanns erläuterte der Senat, dass er nach einem | |
Wiederverkauf frei über die Immobilie verfügen könne. Sollte er sie binnen | |
zehn Jahren verkaufen, ginge ein Pauschalbetrag an Signa – abzüglich | |
etwaiger Abrisskosten. Gelänge der Verkauf nicht, blieben etwaige | |
Abrisskosten bei der Stadt hängen. | |
Sollte dieser aus Sicht des Senats „theoretische Fall“ eintreten, könnte es | |
teuer werden. Das Hamburger Abendblatt spekulierte unter Berufung auf | |
ungenannte Experten mit 40 Millionen Euro. [3][Ralf Pietsch, | |
Geschäftsführer des Abbruch-Verbandes Nord] will sich lediglich auf einen | |
zweistelligen Millionenbetrag festlegen. Zu ungewiss sei, was in einem | |
solchen Projekt verbaut worden sei. | |
## Gigantische Mengen Beton | |
Pietsch geht davon aus, dass der Rohbau von oben her Etage für Etage | |
abgebaut werden müsste. „Die gesetzlichen Regeln verlangen, dass alle beim | |
Rückbau anfallenden Stoffe getrennt werden“, sagt er. Dazu gehörten | |
Gefahrstoffe, die entsorgt werden müssten aber auch Stoffe wie Stahl und | |
Beton, die recycelt werden könnten und Erlöse brächten. | |
Pietsch weist darauf hin, dass es am nachhaltigsten wäre den Rohbau stehen | |
zu lassen, denn beim Bauen sei viel Treibhausgas freigesetzt worden. | |
Insbesondere müsse die Gründung des Hochhauses im weichen Marschboden | |
gigantische Mengen an Beton verschlungen haben. „Abreißen wäre der größte | |
Schwachsinn“, fasst es Volker Benkendorf von der Firma Eggers zusammen, die | |
das markante Hochhaus der Hermes-Kreditversicherung in Hamburg abgetragen | |
hat. | |
Der Insolvenzverwalter Torsten Martini [4][sucht inzwischen seit zwei | |
Monaten nach Käufern]. Wie der NDR aus dem Haushaltsausschuss berichtete, | |
soll es mehrere Interessenten geben. | |
22 May 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Auch-Signa-Holding-pleite/!6001704 | |
[2] /Elbtower-Mieter-springt-ab/!5992490 | |
[3] https://www.abbruchverband.de/ | |
[4] /Naechste-Insolvenz-bei-Rene-Benko/!5986681 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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