| # taz.de -- Staatliche Coronahilfe: „Kurzarbeit ist relativ billig“ | |
| > Das Kurzarbeitergeld ist eine Erfolgsgeschichte. Und der Missbrauch der | |
| > Maßnahme kein Kavaliersdelikt, sagt der Ökonom Sebastian Dullien. | |
| Bild: Schlagzeug ohne Publikum: Seit langem sind viele Mitarbeitende von Bars u… | |
| taz: Herr Dullien, das [1][Kurzarbeitergeld soll bis zu zwei Jahre | |
| verlängert] werden. Eine gute Idee? | |
| Sebastian Dullien: Diese Maßnahme finde ich richtig. Denn die | |
| Coronapandemie ist ja keineswegs vorbei. | |
| Inzwischen häufen sich aber Berichte, dass Firmen Kurzarbeit beantragen, | |
| obwohl die Betriebe florieren. | |
| Ja, davon höre ich auch. In manchen Kreisen schien es fast zum guten Ton zu | |
| gehören, Kurzarbeit zu beantragen, unabhängig von der echten Notwendigkeit. | |
| Unter den Kollegen standen Manager fast wie Trottel da, wenn sie keine | |
| Hilfen beanspruchten. | |
| Sind manche Branchen besonders prädestiniert für den Missbrauch? | |
| In den großen Industrieunternehmen dürfte der Betrug am geringsten sein, | |
| denn dort wird die Arbeitszeit sehr genau erfasst. In der Gastronomie oder | |
| auch bei Start-ups ist das anders. Allerdings wundert es mich, dass sich | |
| die Arbeitgeber gegenüber ihren Beschäftigten erpressbar machen. Die | |
| Angestellten bekommen ja mit, wenn sie offiziell in Kurzarbeit sind – und | |
| inoffiziell voll arbeiten. Damit können sie ihren Chef jederzeit anzeigen. | |
| Denn der Missbrauch von Kurzarbeit ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine | |
| Straftat. | |
| Wie lässt sich dieser Missbrauch einschränken? | |
| Man sollte die Kontrollen verschärfen und die Bußgelder deutlich erhöhen. | |
| Davon abgesehen muss man erwägen, was schlimmer ist: der gelegentliche | |
| Missbrauch? Oder wenn massenhaft Jobs verloren gehen und die Konjunktur | |
| einbricht, weil gar kein Kurzarbeitergeld gezahlt wird? | |
| Das Kurzarbeitergeld beträgt zunächst 60 oder 67 Prozent des Nettolohns, ab | |
| dem 7. Monat dann 80 oder 87 Prozent. Ist diese Höhe richtig? | |
| Nein. Für die Konjunktur wäre es besser, wenn alle betroffenen Arbeitnehmer | |
| sofort mindestens 80 Prozent ihres Nettolohns erhalten würden. Wir haben | |
| eine repräsentative Umfrage unter mehr als 6.300 Erwerbstätigen gemacht: | |
| Von den Beschäftigten in Kurzarbeit gaben 42 Prozent an, dass sie ihre | |
| Ausgaben gekürzt hätten. Für die Wirtschaft ist es eine schwere Belastung, | |
| wenn Millionen Menschen ihren Konsum einschränken müssen. | |
| Aber reicht das Geld des Staates? | |
| Kurzarbeit ist relativ billig. Im ersten Halbjahr hat sie nur 10 Milliarden | |
| Euro gekostet. Das war wenig: Insgesamt gibt der Bund mehr als 200 | |
| Milliarden aus. Allein die Reduzierung der Mehrwertsteuer um 2 bis 3 | |
| Prozentpunkte für ein halbes Jahr hat 20 Milliarden verschlungen – und hat | |
| die Konjunktur längst nicht so stark belebt wie das Kurzarbeitergeld. | |
| Trotzdem bleibt die Frage: Wie soll der Staat die vielen Schulden | |
| zurückzahlen? Werden die Sozialleistungen gekürzt, sobald das Coronavirus | |
| Geschichte ist? | |
| Diese Sorge ist nicht unbegründet. Die Schuldenbremse verlangt, dass der | |
| Staat die Schulden zurückzahlt. Die Lösung wäre jedoch einfach: Man könnte | |
| darauf verzichten, den Solidarzuschlag abzuschaffen, wie es für das Jahr | |
| 2021 geplant ist – und ihn in Coronazuschlag umbenennen. Dies würde | |
| jährlich knapp 10 Milliarden Euro bringen, und damit könnte man die | |
| Coronaschulden wieder tilgen. | |
| 25 Aug 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ulrike Herrmann | |
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