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# taz.de -- Spanien in der Krise: Für das Recht auf Wohnung
> Abstieg ins Elend: Mehr als 500 Wohnungen werden in spanien täglich
> zwangsgeräumt, weil ihre Bewohner überschuldet sind. Nun wird eine
> Gesetzesreform diskutiert.
Bild: Das Protestcamp eines Obdachlosen vor einer Bank in Madrid
MADRID taz | Freitag früh, 9.23 Uhr. Der Gerichtsvollzieher kommt mit einem
Bescheid zur Zwangsräumung. Die 53-jährige Amaya Egaña stürzt sich aus dem
Fenster ihrer Wohnung im baskischen Barrakaldo und ist tot. Es ist der
dritte solche Selbstmord in nur zwei Wochen.
532 Wohnungen, deren Bewohner ihre Kredite nicht mehr bedienen können,
werden in Spanien täglich auf Druck der Banken geräumt. Die Opfer sind
obdachlos, die Schulden bleiben. Denn die Banken nehmen die Wohnung nur zu
60 Prozent des ursprünglichen Preises zurück. Den Rest des Kredites sowie
die Gerichtskosten müssen die Opfer weiterhin bezahlen. Jetzt versprechen
die beiden großen Parteien, die regierende konservative Volkspartei (PP)
von Regierungschef Mariano Rajoy und die oppositionellen Sozialisten (PSOE)
eine Gesetzesänderung.
Doch wann sie kommen wird und wie sie aussehen soll, ist unklar, monieren
Betroffene. „PP und PSOE wollen von ihrer eigenen Verantwortung für die
Spekulationsblase und deren Folgen ablenken“, beschwert sich Lucia Martín
von der Plattform der Opfer der Hypotheken (PAH). Zu lange seien sie
untätig geblieben. Seit 2007 haben über 400.000 Familien in Spanien ihre
Bleibe verloren. Die PAH berät die Menschen, die in Zahlungsrückstand
geraten, versucht mit Banken zu verhandeln und verhindert mit
Demonstrationen Räumungen.
„Die Lösung ist ganz einfach“, sagt Martín. Ihre Organisation sammelt seit
Monaten Unterschriften für einen Gesetzentwurf. Der sieht vor, dass die
Betroffenen ihre Wohnung abgeben und damit alle Schulden tilgen können.
Außerdem sollen alle Räumungsverfahren, die Erstwohnungen betreffen, sofort
gestoppt werden; Wohnungen im Besitz von Banken sollen für eine
sozialverträgliche Miete auf den Markt kommen. „Wir brauchen eine halbe
Million Unterstützer, damit das Parlament darüber beraten muss. Wir haben
bereits weit mehr“, sagt Martín.
Unterstützung bekommt die PAH überraschend von Spaniens oberstem Justizrat
CGJP. „Ein Teil der Hilfen, die der Staat an die Banken zahlt, muss den
hoch verschuldeten Kunden zugute kommen“, mahnt ein Dokument der höchsten
Richtervertretung von Ende Oktober. Die Juristen wollen nicht mehr länger
die „Schuldeneintreiber der Banken“ sein. In den letzten vier Jahren habe
sich die Zahl der Räumungsklagen, so die Justiz, vervierfacht. Allein
dieses Jahr sind es 20 Prozent mehr als noch 2011. „Das sind keine kalten
Zahlen. Jedes Verfahren steht für ein echtes Familiendrama“, mahnt der CGPJ
und verlangt, dass das gültige Gesetz, das aus dem Jahr 1909 stammt,
reformiert wird.
„Die Betroffenen können nicht länger warten“, betont PAH-Sprecherin Mart�…
Auf der Website ihrer Plattform werden Termine und Orte der Räumungen
bekannt gegeben, um Solidarität mit den Familien zu mobilisieren. Mehr als
500 Räumungen wurden so seit 2010 verhindert.
9 Nov 2012
## AUTOREN
Reiner Wandler
Reiner Wandler
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