# taz.de -- Soldatin über Krieg in der Ukraine: „Ich tue alles, um meine Leu… | |
> Julija Mykytenko kämpft als Leutnant der ukrainischen Streitkräfte an der | |
> Front. Ein Gespräch über Kriegswinter, Sexismus und aktuelle | |
> Verhandlungen. | |
Bild: Auf Dauer wird Europa sich unabhängiger machen müssen von den USA und s… | |
Julija Mykytenko sitzt in einem kahlen Raum vor ihrem Laptop, hinter ihr | |
sieht man einen dunklen Gang, sie befindet sich in einem Haus in der Region | |
Donezk. Die 29-Jährige ist Leutnant der ukrainischen Armee, sie leitet den | |
Zug einer Kompanie, der für Aufklärungsarbeit mit Drohnen zuständig ist. | |
Mykytenko hat bläulich gefärbtes, kinnlanges Haar und sie trägt einen | |
Hoodie. Auch die französisch-amerikanische Journalistin Lara Marlowe ist | |
zugeschaltet, sie hat Mykytenkos Geschichte aufgeschrieben. Das Buch ist | |
gerade auf Deutsch erschienen. | |
taz: Frau Mykytenko, Sie sind gerade in der Nähe von Donezk an der Front. | |
Wie ist Ihre Situation dort derzeit? | |
Julija Mykytenko: Meine persönliche Situation oder die militärische? | |
taz: Erst mal Ihre persönliche. | |
Mykytenko: Ich bin ziemlich müde und erschöpft. Viele meiner Freundinnen | |
und Freunde sind nach fast drei Jahren an der Front zu anderen | |
Militäreinheiten versetzt worden, weit entfernt von der Front, weil auch | |
sie völlig erschöpft sind. Sie leisten nun auf andere Weise Dienst. Aber | |
ich habe immer noch Hoffnung und bin entschlossen weiterzumachen. Es gibt | |
auch keine andere Option, ich muss diese Sisyphosarbeit fortsetzen. Ich | |
kann es mir nicht erlauben, meinen Gefühlen zu viel Raum zu geben. | |
taz: Wie ist die militärische Situation? | |
Mykytenko: Die Russen greifen weiterhin an. Während [1][Trump und Putin | |
Verhandlungen ankündigen], nutzt Russland die volatile Situation aus, um so | |
viel Gebiet wie möglich zu erobern. | |
taz: Wie nehmen Sie als Angehörige der Armee die Debatte wahr? | |
Mykytenko: Ich habe nur Trumps Tweet gesehen, in dem er behauptet, die | |
Russen hätten 60 Millionen Menschen verloren im Zweiten Weltkrieg und so | |
geholfen, den Krieg zu gewinnen. Nicht nur, dass die Zahl falsch ist – es | |
frustriert mich, dass er russische Propaganda betreibt. Er wiederholt den | |
Mythos von der großen russischen Nation, er erwähnt nicht, dass für die | |
Sowjetunion auch Ukrainer, Belarussen und viele andere kolonisierte | |
Bevölkerungsgruppen Menschenleben verloren haben. | |
taz: Wie bewerten Sie Trumps Vorstoß zu Verhandlungen mit Putin? | |
Mykytenko: Abgesehen davon, dass es nie gut ist, mit einem Kriegsverbrecher | |
zu sprechen, könnten die Verhandlungen den Effekt haben, dass Europa dazu | |
gebracht wird, aufzurüsten und abwehrbereit zu werden. Das wäre | |
folgerichtig, denn Russland bedroht in erster Linie europäische Länder, | |
nicht die USA. | |
taz: Was sagen Sie zu Selenskyis Forderung nach einer europäischen Armee? | |
Mykytenko: Aktuell gibt es leider keine Alternative zur Nato. [2][Auf Dauer | |
wird Europa sich aber unabhängiger machen müssen] von den USA. Es geht ja | |
nicht nur um Territorien, sondern auch um Ressourcen. | |
taz: Sie sind in der Region Donezk an der Front im Einsatz. Was tun Sie | |
genau dort? | |
Mykytenko: Ich bin Kommandeurin eines Zugs, also einer militärischen | |
Einheit mit rund 25 Soldat:innen, wir sind Teil einer Kompanie. Wir | |
leisten überwiegend Aufklärungsarbeit und sind auch für Logistik zuständig, | |
wir liefern beispielsweise Wasser und Lebensmittel mit Drohnen an | |
Infanteriestellungen. Das machen wir seit nunmehr drei Jahren. | |
taz: Wo sind Sie stationiert? | |
Mykytenko: Wir haben ein Quartier in einem leerstehenden Haus in der Nähe | |
eines Dorfs. Von da aus spreche ich gerade mit Ihnen. Wir sind 20 Kilometer | |
von den Russen entfernt, unsere Schützengräben befinden sich rund 15 | |
Kilometer von hier. Wir halten uns entweder hier im Haus auf oder in den | |
Schützengräben. Von dort starten wir unsere Aufklärungsmissionen. | |
taz: Es ist das dritte Jahr Krieg. Wie schaffen Sie es, den Winter | |
durchzustehen? | |
Mykytenko: Wir machen langsam Witze darüber. Jedes Jahr heißt es, dass der | |
nächste Winter der härteste werden wird und wir ihn einfach nur überstehen | |
müssen. Dann kommt der nächste Winter, es wird noch härter, und wir halten | |
immer noch durch. Aber ja, es ist heute definitiv schwieriger als im ersten | |
Jahr der Invasion. Und der Winter ist natürlich härter als der Sommer. Wir | |
müssen Holz hacken, um heizen zu können. | |
taz: Wie beginnt derzeit Ihr Tag im Krieg? | |
Mykytenko: Normalerweise wache ich vielleicht um 11 oder 12 Uhr auf. In der | |
Morgendämmerung kommt es häufig zu Angriffen, deshalb gehe ich in der Regel | |
ziemlich spät schlafen, gegen 5 Uhr morgens. Eine geregelte Schlafenszeit | |
habe ich aber natürlich nicht. Nach dem Aufstehen trinke ich einen Kaffee | |
und koche Wasser auf, um duschen zu können. Wir müssen es aus einem Brunnen | |
holen. Unsere Toiletten sind Löcher im Boden. Wir verbringen viel Zeit | |
damit, unsere Grundbedürfnisse zu befriedigen. | |
taz: Wie ist die Stromversorgung? | |
Mykytenko: Wir haben gasbetriebene Generatoren. Dank ihnen haben wir Licht | |
und Internet. | |
taz: Ist Ihr Zug auch an Angriffen beteiligt? | |
Mykytenko: Meine Leute sind dafür ausgebildet, aber ich versuche sie davon | |
fernzuhalten, sie sind als Aufklärer:innen besser. Aber es kommt | |
natürlich vor, dass wir angegriffen werden – und uns dann verteidigen | |
müssen. Vor einigen Wochen wurde unsere Kompanie attackiert, wir haben den | |
Angriff mit Kampfdrohnen abgewehrt. Dabei sind etwa zwanzig russische | |
Soldaten getötet worden. | |
taz: Wie ist es, als Kommandeurin bei Kampfhandlungen die Verantwortung zu | |
tragen? | |
Mykytenko: Das Schlimmste ist, wenn man eigene Leute verliert. Damit kann | |
ich leider nicht gut umgehen. Ich tue alles, um sie zu schützen. Bislang | |
sind zwei Menschen aus meiner Truppe bei feindlichem Beschuss gestorben. | |
Damit haben wir weitaus weniger Verluste zu beklagen als viele andere | |
Truppen. | |
taz: Sie mussten als Frau im Militär zunächst gegen erhebliche Widerstände | |
ankämpfen. | |
Mykytenko: Ja. Ich übernahm einen Aufklärungszug, als ich gerade mal 22 | |
Jahre alt war. Viele Männer wollten damals nicht unter meinem Kommando | |
dienen, 16 von 20 Männern haben den Zug verlassen. Das war allerdings noch | |
vor Beginn des russischen Angriffskriegs, 2017, während des Kriegs in der | |
Ostukraine. Zu der Zeit gab es auch noch nicht viele Frauen in der Armee. | |
taz: Woran lag das? | |
Mykytenko: Das hängt mit einem Gesetz zusammen, das bis 2018 in der Ukraine | |
galt. Es verbot Frauen, an Kämpfen teilzunehmen. Es gab Frauen, die | |
kämpften, aber sie wurden dann offiziell als Köchinnen und Näherinnen | |
geführt. Unter diesen Bedingungen wollten nur wenige Frauen in die Armee. | |
Ich war eine Ausnahme. Ein Hauptmann der Armee hat es mir 2017 zugetraut, | |
einen Aufklärungszug zu führen. 2018 änderte sich das Gesetz nach einer | |
langen Kampagne der Soldatinnengruppe Veteranka, bei der ich mitgemacht | |
habe. Seither dürfen Frauen auch kämpfen. | |
taz: Sind inzwischen mehr Frauen in der Armee? | |
Mykytenko: Ja, viel mehr. Nach Beginn des russischen Angriffskriegs sind | |
viele Frauen eingetreten. Sie wollten in Kampfeinheiten dienen, weil sie | |
gesehen haben, was in Butscha und an vielen anderen Orten geschehen ist und | |
was die Russen mit Frauen gemacht haben. Frauen gehen auch deshalb zum | |
Militär, weil sie die Möglichkeit haben wollen, sich selbst zu schützen. | |
Inzwischen haben wir auch mehr Frauen in Führungspositionen. | |
taz: Sie erzählen dennoch von Problemen mit Sexismus in der ukrainischen | |
Armee. | |
Mykytenko: Sexismus habe ich vor allem von Seiten hochrangiger Offiziere | |
erlebt, die schon lange im Dienst sind. Sie kommen offenbar nicht damit | |
zurecht, dass eine junge Frau an ihrer Seite kämpft. Als ich einmal hitzig | |
mit einem Oberstleutnant über Urlaub für meine Soldaten diskutierte – es | |
war wenige Monate nach dem Tod meines Mannes —, ließ er im Lauf der | |
Diskussion die Bemerkung fallen, ich bräuchte dringend einen Mann. Ich | |
sagte ihm, das sei der sexistischste Spruch, den ich je zu hören bekommen | |
hätte. | |
taz: Wie haben Sie sich innerhalb Ihres Zugs Respekt verschafft? | |
Mykytenko: Das Wichtigste ist, immer bei seinen Leuten zu sein und für sie | |
da zu sein. Das gilt nicht nur für weibliche, auch für männliche | |
Kommandeure. Ich bin die ganze Zeit bei meiner Truppe. | |
taz: Rund um die Uhr? | |
Mykytenko: Ja, sicher. Wenn wir zum Schützengraben gehen, gehe ich voran. | |
Und wenn Soldat:innen krank oder verletzt sind, versetze ich sie auf | |
andere Positionen. Sie sollen wissen, dass ich mich voll und ganz für sie | |
einsetze und es mir wichtig ist, sie zu schützen. | |
taz: Besteht Ihr Zug abgesehen von Ihnen ausschließlich aus Männern? | |
Mykytenko: Derzeit ist nur eine Frau außer mir da – in einer Truppe von | |
rund 25 Personen. Ich schlafe derzeit jede Nacht in einem Zimmer mit fünf | |
Männern. | |
taz: Aber Sie haben noch nie unerwünschte sexuelle Annäherungsversuche | |
erlebt? | |
Mykytenko: Nein, ich habe auch keine Angst davor. Denn ich bin hier mit | |
aufrechten Kriegern zusammen. Manchmal brauche ich etwas Privatsphäre, und | |
sie respektieren es. Wenn es Situationen gibt, wo ich mich vor ihnen | |
umziehen muss, wenden sie sich ab oder schauen auf ihre Handys. Ich bin | |
dankbar, so ein Team zu haben. | |
taz: Sie sind auf dem Maidan politisiert worden, waren als friedliche | |
Aktivistin in einer Gruppe organisiert. Wie sind Sie von der | |
friedensbewegten Studentin der Ukrainischen Philologie zu einer Soldatin | |
geworden, die mit einer Waffe für ihr Land kämpft? | |
Mykytenko: Militärische Mittel einsetzen zu müssen, ist schrecklich. Ich | |
bin immer noch davon überzeugt, dass wir nur friedlich protestieren | |
sollten, um politische Ziele zu erreichen. Aber wenn der Mörder in dein | |
Haus kommt, bringt es nichts, ihn höflich darum zu bitten, es zu verlassen. | |
taz: Sie schildern in Ihrem Buch auch eine lustige Geschichte. Nach dem | |
Sturz des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowytsch im Jahr 2014 haben | |
Sie mit Ihrer Aktivistinnengruppe eine Woche lang auf seinen Palast | |
aufgepasst. | |
Mykytenko: Ja, wir waren eine Gruppe Studentinnen vom Maidan, viele hielten | |
uns für engagiert und ehrlich. Wir haben auf den Staatsanwalt gewartet, | |
damit er alles sicherstellen kann. Beeindruckend fand ich, dass da so viele | |
wertvolle Sachen in dem Palast waren, die zugleich geschmacklos und | |
schrecklich aussahen. Lustig war, dass eine vergoldete Kapelle | |
Janukowytschs Schlafzimmer von dem seiner Geliebten trennte. Wir haben | |
Witze gemacht, dass er erst sündhaften Sex hatte, dann gebetet hat und | |
danach ins Bett gegangen ist. | |
taz: Sie zitieren in Ihrem gemeinsamen Buch oft Erich Maria Remarques | |
Klassiker „Im Westen nichts Neues“. Finden Sie sich in dieser Geschichte | |
wieder? | |
Mykytenko: Ich habe Remarques Roman 2016 zum zweiten Mal gelesen, während | |
ich beim Militär war. Das war keine gute Idee, denn man durchlebt fast das | |
Gleiche: die Schützengräben, den Dreck, die Niedergeschlagenheit. Das | |
Gefühl ist ähnlich wie bei Remarque. Nur gibt es technische Verbesserungen, | |
was das Kriegsgerät betrifft. | |
taz: Ähnlich wie der Protagonist beschreiben auch Sie eine Entfremdung | |
zwischen Soldat:innen und Zivilist:innen. | |
Mykytenko: Einmal traf ich mich mit einer Freundin von der Uni auf einen | |
Kaffee in Kyjiw. Wir haben über die Wehrpflicht für Frauen gesprochen. Sie | |
sagte zu mir: „Wenn die versuchen, mich einzuziehen, dann bin ich hier weg | |
und beantrage in einem anderen Land die Staatsbürgerschaft.“ Ich war sehr | |
enttäuscht von ihr. Nachdem ich Zivilist:innen in Kyjiw besucht hatte, | |
war ich immer froh, wenn ich zu meiner Einheit zurückkehren konnte. Ich | |
fühle mich immer noch irgendwie unwohl, wenn ich in die vermeintlich | |
friedlicheren Städte zurückkehre. Hier in der Region Donezk fühle ich mich | |
sicherer. | |
taz: Sicherer? Wirklich? | |
Mykytenko: Ja. Denn hier höre ich, wenn Geschosse abgefeuert werden. | |
[3][Die Artillerie kann man hören]. Man hat Zeit zu reagieren. Hier feuern | |
die Russen keine ballistischen Raketen ab. Wenn sie Raketen oder | |
Fluggeschosse auf die Städte abschießen, treffen diese einen ohne | |
Vorwarnung. | |
taz: Es gibt eine hitzige Debatte über die Wehrpflicht in der Ukraine und | |
Männer, die nicht zum Militär gehen. | |
Mykytenko: Ja. Und ich muss klar sagen: Ich verachte die Männer, die sich | |
weigern, der ukrainischen Armee beizutreten. Man muss ja nicht unbedingt | |
auf dem Schlachtfeld kämpfen, man kann auch andere Dienste für die Armee | |
leisten. Aber ich denke, jeder sollte irgendetwas tun, um das Land zu | |
verteidigen. | |
taz: Sie selbst mussten mehrere schlimme persönliche Ereignisse | |
verarbeiten. Ihr Mann ist 2018 im Krieg in der Ostukraine ums Leben | |
gekommen. | |
Mykytenko: Illja ist bei Kämpfen in Switlodarsk in der Oblast Donezk | |
gestorben. Ein Granatsplitter hat ihn in der Brust getroffen. In der Klinik | |
ist er dann gestorben. Es fühlte sich für mich an, als würde mir das Herz | |
herausgerissen. | |
taz: Was hat Ihnen nach seinem Tod geholfen? | |
Mykytenko: Ein Jahr nach seinem Tod habe ich einen Psychotherapeuten | |
aufgesucht. Bei dem habe ich neun Sitzungen gehabt. | |
taz: Das ist nicht viel. | |
Mykytenko: Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich noch mehr brauche. Aber im | |
Moment ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür. | |
taz: Ihr Vater Mykola Mykytenko, Veteran des Kriegs im Donbass, hat sich | |
2020 auf dem Maidan aus Protest selbst verbrannt. | |
Mykytenko: Ich wusste lange nicht, wie ich damit umgehen sollte. Viele | |
Leute sprachen von Suizid. Wenn er sich einfach hätte umbringen wollen, | |
hätte er sich aber auch für einen weniger schmerzhaften Tod entscheiden | |
können. Zunächst war ich sehr wütend auf ihn, weil er mich verlassen hat. | |
Dann habe ich mir die Videos der Überwachungskameras am Maidan angesehen. | |
Ich hatte den Eindruck, er war sehr entschlossen in dem, was er tat. Für | |
mich war seine Selbstverbrennung ein politischer Akt. Er hat angeprangert, | |
dass die Ukraine mit der Anerkennung der Steinmeier-Formel 2019 quasi | |
Gebiete aufgab, für deren Verteidigung unsere Soldaten mit ihrem Leben | |
bezahlt hatten. Seine letzten Worte auf Facebook waren: „Ich möchte, dass | |
die Ukraine unabhängig ist.“ Inzwischen denke ich, ich sollte ihn für das | |
respektieren, was er getan hat. | |
taz: Die ersten fünf Jahre Ihres Lebens haben Sie in Butscha verbracht. | |
Sind Sie nach den grausamen Kriegsverbrechen der russischen Armee dorthin | |
zurückgekehrt? | |
Mykytenko: Ja, im Mai 2022. Ich habe die Stadt, in der ich früher gelebt | |
habe, nicht mehr wiedererkannt. Abgebrannte Häuser, zerstörte Straßen. Ich | |
hatte mir Sorgen um mein früheres Kindermädchen gemacht, sie hatte die Zeit | |
der russischen Okkupation erlebt. Ihr Mann wurde von den Russen getötet. | |
Wir haben dann gemeinsam sein Grab besucht. | |
taz: Sie ziehen in Ihrem Buch auch Parallelen zur „hingerichteten | |
Renaissance“ (Rosstriljane widrodschennja), also der von Stalin | |
ausgelöschten kulturellen Elite der 1930er Jahre. | |
Mykytenko: Ja. Viele Schriftsteller:innen, Künstler:innen und | |
Intellektuelle sind heute der Armee beigetreten. Einige von ihnen wurden | |
von Russen hingerichtet, einzig weil sie ukrainische | |
Schriftsteller:innen waren. Ich denke, die Situation ist vergleichbar | |
mit der damaligen. | |
taz: Sie zitieren auch einige Gedichte von Künstler:innen, die derzeit | |
der Armee dienen. | |
Mykytenko: Ja. Einem Kapitel unseres Buchs ist ein Gedicht des Lyrikers | |
Borys Humenjuk vorangestellt. Er kämpfte als Soldat und gilt seit 2022 als | |
vermisst. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er tot ist. | |
taz: Medien berichteten in den vergangenen Monaten über die sinkende Moral | |
und den nachlassenden Kampfgeist der Ukrainer:innen. Wie sehen Sie das? | |
Mykytenko: Nun, wäre es nicht allzu verständlich, wenn der Kampfgeist | |
nachließe? Es ist ein extrem intensiver Krieg, natürlich ist das | |
erschöpfend. Ich bin deshalb voller Hochachtung für die meisten meiner | |
Kamerad:innen, die trotzdem voller Entschlossenheit weiterkämpfen. Wir | |
haben leider keine andere Wahl, als weiterzukämpfen. Denn klar ist: Wenn | |
wir die russische Armee jetzt nicht stoppen, wird es uns in ein paar Jahren | |
wieder einholen. | |
24 Feb 2025 | |
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