# taz.de -- Sexuelle Gewalt an Kindern: Schutz gibt es nicht gratis | |
> Kinder müssen in sozialen Institutionen wie Schulen besser vor sexuellen | |
> Übergriffen geschützt werden. Das wird Kraft kosten – und Geld. | |
Bild: Überall dort, wo Wissen und Sensibilität fehlen, können Kinder leichte… | |
Am Donnerstag werden die Urteile im sogenannten [1][Lügde-Prozess] | |
gesprochen. Die beiden Hauptangeklagten dürften für viele Jahre hinter | |
Gitter wandern. Das ist gut so, denn sie haben massenhaft und in brutaler | |
Weise Kindern Gewalt zugefügt. Auch wenn der Fall Lügde in seiner Drastik | |
ein Einzelfall zu sein scheint, heißt das nicht, dass Kinder und | |
Jugendliche anderswo und in jedem Fall besser vor Missbrauch geschützt | |
sind. Im Gegenteil: Überall dort, wo Wissen, Sensibilität und Engagement | |
für Kinderrechte fehlen, können Kinder leichte Beute werden. Die | |
[2][Tatorte können Schulen sein], Krankenhäuser, Ferienheime, Internate, | |
Sportvereine, kirchliche Einrichtungen. | |
Das heißt nicht, dass dort grundsätzlich Gefahr lauert und Kinder nicht | |
mehr im Krankenhaus behandelt werden oder ins Ferienlager fahren können. | |
Aber nicht selten wissen Lehrer*innen, Erzieher*innen und | |
Krankenhauspersonal gar nicht, worauf sie achten müssen, um sexuellen | |
Missbrauch zu erkennen. Das sollten sie aber wissen, denn nur so können sie | |
eingreifen – am besten bevor etwas passiert. | |
Dafür braucht es Schutzkonzepte in jeder Schule, jeder Kita, jeder Klinik, | |
jedem Hort. Es muss Personen geben, an die sich Kinder und Jugendliche | |
wenden können, ohne Furcht, dass ihnen (wieder) nicht geglaubt wird. Und | |
mit der Gewissheit, dass ihnen (endlich) geholfen wird. In Einrichtungen, | |
wo Kinder und Jugendliche aufeinandertreffen und betreut werden, muss eine | |
angstfreie Atmosphäre herrschen. Eine solche Atmosphäre ist kein | |
Selbstläufer, sie steht und fällt mit den Personen, die sie produzieren. | |
Flächendeckende Schutzkonzepte zu erarbeiten, Schulgesetze dahingehend zu | |
ändern und Ansprechpartner*innen in den Einrichtungen auszubilden, kostet | |
viel Geld. Der Missbrauchsbeauftragte Johannes-Wilhelm Rörig spricht gern | |
von einer dreistelligen Millionensumme, die dafür nötig sei. Und er wünscht | |
sich „kinderschutzfreundliche Finanzminister“. Das klingt ein bisschen wie | |
Gedöns, entspricht aber exakt der UN-Kinderrechtskonvention, die auch | |
Deutschland ratifiziert hat. | |
5 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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