# taz.de -- Sexualisierte Gewalt durch Geistliche: Benedikt streitet Vorwürfe … | |
> Der emeritierte Papst bittet die Opfer sexualisierter Gewalt durch | |
> Priester um Verzeihung. Er wehrt sich aber gegen die Anschuldigung, | |
> solche Fälle vertuscht zu haben. | |
Bild: Will von nichts gewusst haben: der emeritierte Papst Benedikt XVI. im Feb… | |
ROM/MÜNCHEN dpa/afp | Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat zentrale | |
Vorwürfe im Münchner Skandal um sexualisierte Gewalt durch Priester | |
zurückgewiesen. In einer [1][Ordinariatssitzung zu einem Priester im Jahr | |
1980] sei es weder um dessen Taten noch dessen geplanten seelsorgerischen | |
Einsatz im Münchner Erzbistum gegangen, hieß es in einer am Dienstag vom | |
Vatikan veröffentlichten Erklärung seiner persönlichen Berater. Benedikt | |
richtete in einem Brief zugleich eine „aufrichtige Bitte um Entschuldigung“ | |
an sämtliche Opfer. | |
„Ich habe in der katholischen Kirche große Verantwortung getragen. Umso | |
größer ist mein Schmerz über die Vergehen und Fehler, die in meinen | |
Amtszeiten und an den betreffenden Orten geschehen sind“, schrieb er in der | |
Stellungnahme. | |
Er wolle seine „tiefe Scham“, seinen „großen Schmerz“ und seine | |
„aufrichtige Bitte um Entschuldigung gegenüber allen Opfern sexuellen | |
Missbrauchs zum Ausdruck bringen“, heißt es in dem Schreiben weiter. | |
Benedikt, der frühere Kardinal Joseph Ratzinger, [2][steht seit Wochen | |
heftig in der Kritik], weil ihm ein Gutachten zu Fällen sexualisierter | |
Gewalt im Erzbistum München und Freising Fehlverhalten in vier Fällen | |
vorwirft. Die Gutachter der Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) | |
gehen davon aus, dass Ratzinger in seiner Zeit als Münchner Erzbischof | |
Priester, die Kindern sexualisierte Gewalt angetan hatten, wieder in der | |
Seelsorge einsetzte. | |
## Mindestens 235 mutmaßliche Täter | |
Diese Vorwürfe werden in einem ebenfalls am Dienstag veröffentlichten | |
„Faktencheck“ von Ratzingers Anwälten und Beratern kategorisch | |
abgestritten. „Das Gutachten enthält keinen Beweis für einen Vorwurf des | |
Fehlverhaltens oder der Mithilfe bei einer Vertuschung“, heißt es darin. | |
„Als Erzbischof war Kardinal Ratzinger nicht an einer Vertuschung von | |
Missbrauchstaten beteiligt.“ | |
Benedikt äußerte sich auch selbst zu Vorwürfen, er habe über seine | |
Teilnahme an einer Sitzung gelogen, in der es um die Versetzung eines | |
Priesters von Nordrhein-Westfalen nach Bayern ging. Dieser Priester soll | |
später in zwei oberbayerischen Gemeinden wieder Kindern Gewalt angetan | |
haben. Die falsche Angabe, er sei bei der fraglichen Sitzung nicht dabei | |
gewesen, beruhe auf einem Missverständnis. Das habe sich beim Verfassen der | |
Stellungnahme zu dem Gutachten ergeben, bei dem „eine kleine Gruppe von | |
Freunden“ ihm geholfen habe. | |
„Bei der Riesenarbeit jener Tage – der Erarbeitung der Stellungnahme – ist | |
ein Versehen erfolgt, was die Frage meiner Teilnahme an der | |
Ordinariatssitzung vom 15. Januar 1980 betrifft“. Der Fehler sei „nicht | |
beabsichtigt“ gewesen – und „so hoffe ich, auch entschuldbar“, schreibt | |
Benedikt. „Dass das Versehen ausgenutzt wurde, um an meiner Wahrhaftigkeit | |
zu zweifeln, ja, mich als Lügner darzustellen, hat mich tief getroffen.“ | |
Die Teilnahme an der Sitzung belege nicht, dass er von früheren Taten des | |
Priesters aus Essen gewusst habe, betonen Ratzingers Anwälte. Die Akten | |
zeigten, „dass in der fraglichen Sitzung nicht thematisiert wurde, dass der | |
Priester sexuellen Missbrauch begangen hat“, schreiben sie. | |
Laut dem am 20. Januar vorgestellten Gutachten wurde mindestens 497 Kindern | |
und Jugendlichen zwischen 1945 und 2019 in dem katholischen Bistum von | |
Priestern, Diakonen oder anderen Mitarbeitern der Kirche sexualisierte | |
Gewalt angetan. Mindestens 235 mutmaßliche Täter gab es demnach – darunter | |
173 Priester und 9 Diakone. Allerdings sei dies nur das „Hellfeld“ – es s… | |
von einer viel größeren Dunkelziffer auszugehen. | |
In seinem Brief bittet Ratzinger die Gläubigen, für ihn zu beten: „Immer | |
mehr verstehe ich die Abscheu und die Angst, die Christus auf dem Ölberg | |
überfielen, als er all das Schreckliche sah, das er nun von innen her | |
überwinden sollte“, schreibt er. „Dass gleichzeitig die Jünger schlafen | |
konnten, ist leider die Situation, die auch heute wieder von Neuem besteht | |
und in der auch ich mich angesprochen fühle.“ | |
8 Feb 2022 | |
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