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# taz.de -- Sechste Staffel von „Game of Thrones“: Seine Mudder
> Mit dem Start der neuen Staffel der Fantasy-Serie „Game of Thrones“
> überholt der Plot im Fernsehen das Buch. Gut für Gucker, schlecht für
> Leser.
Bild: Weiß Barack Obama sein Geheimnis? Kit Harrington als Jon Snow
Es ist die ultimative Frage, von der alles abhängt: Wer ist die Mutter von
Jon Snow? Diese Frage ist nicht nur ein Nerd-Rätsel für langhaarige Spinner
aus dem Fantasybuchladen. Sie ist auch Grundlage und Anfang des
kommerziellen Erfolgs der HBO-Serie „Game of Thrones“. Mehr noch: Die
Verfilmung der zehn Fantasyschinken von George RR Martin hing ab von der
Beantwortung dieser Frage. Doch dazu später mehr.
„Game of Thrones“ spaltet die Menschheit in drei Lager: Es gibt Leute, die
keine Sekunde der 50-Stunden-Serie gesehen haben. Es gibt jene, die alle
Folgen und Staffeln komplett aufgesogen haben. Und schließlich ist da noch
das dritte Lager: nerdige Binge-Watcher, die alle Folgen und Staffeln
mehrfach gesehen, die Bücher studiert und sämtliche Prequels, Spin-offs und
Fan-Fiction inhaliert haben.
Das sind vermutlich dieselben Personen, die sich als Seriencharaktere
verkleidet auf Comic-Conventions herumtreiben. Oder im Einkaufszentrum
Selfies mit einer Promo-Version des eisernen Throns machen, in der
authentischen Umgebung von McDonald’s und Media Markt. Für Außenstehende
unverständlich, behaupten sie etwa im Frühling, dass der Winter bevorstehe.
Oder sie faseln was von „Valar Morghulis – all men must die. But we are not
men.“
Das alles wäre halb so wild, wenn diese Menschen nicht auch behaupten
würden, dass die Bücher von Martin besser seien als die Serie. Gefolgt von
langen Vorträgen darüber, was an der filmischen Umsetzung falsch und was im
Buch anders ist.
## Leser versus Zuschauer
Die Nerds waren den Serienfans immer voraus: Sie wussten, wer als Nächstes
stirbt, drohten mit Spoilern oder filmten ihre weinenden Freunde und
Lieben, als diese die „Rote Hochzeit“ erlitten. Zur Erinnerung: Das ist die
Szene, bei der in fünf Minuten rund die Hälfte der Hauptdarsteller
geschlachtet wird.
Mit dem Start der sechsten Staffel folgt nun die Rache der Seriengucker:
Erstmals weiß keiner, wie es weitergeht. Auch die Buchnerds nicht. Denn
George RR Martin, Autor des Fantasyepos, im Original „Das Lied von Eis und
Feuer“, schreibt langsam. Er verpasste eine Deadline nach der anderen.
Ursprünglich sollte der nächste Teil „The Winds of Winter“ 2014 erscheine…
dann 2015, schließlich zumindest vor dem Start der sechsten Staffel. Aber
es dauert. Für die ersten zehn Bände mit 6.780 Seiten des Epos hat er sich
15 Jahre Zeit gelassen.
Im Klartext heißt das: Die wichtigen Fragen beantwortet jetzt die
Serienadaption. Sie überholt die Vorlage. Unerträglich für die
Buchliebhaber. Wird es jetzt umgedreht sein? Werden die Seriengucker die
wichtigsten Ereignisse verraten?
Das Schlimmste: Die Macher der Serie wissen vom Autor persönlich, wie es
ausgeht. Martin hat es ihnen gesteckt. Für den Fall, dass ihm etwas zustoße
(Valar Morghulis). Zynische Fans machen sich ob seines Alters und
Übergewichts schon länger Sorgen um die Gesundheit des Autors.
## Hinweise auf das Ende
Daher sind die Fragen umso drängender: Wer ist denn nun die Mutter von Jon
Snow? Und warum ist das überhaupt wichtig? Jon Snow ist doch am Ende der
fünften Staffel gestorben. Oder? Und wie endet die Geschichte? Und, die
klassische Game-of-Thrones-Frage: Wer stirbt als Nächster?
Es hat auch Gutes: Endlich können sich auch die reinen Seriengucker an der
Spekulation beteiligen. Vergiss 9/11, GOT ist der neue heiße Scheiß für
Verschwörungstheoretiker. Das liegt an dem unglaublichen Erfolg der
Fantasyserie. Und der beruht auf den kaum auszuhaltenden ungelösten Fragen,
mit denen Martin in seinen Büchern spielt, um letztlich doch alle
ProtagonistInnen enthaupten, verbrennen, vergewaltigen, kastrieren oder
foltern zu lassen.
Zudem enthält die Geschichte zahlreiche Andeutungen, die bereits den
Fortlauf und sogar das Ende der Geschichte andeuten. Beispiel gefällig? Die
Buchreihe heißt „Das Lied von Eis und Feuer“ und nicht etwa „Game of
Thrones“. Allein der Titel ist schon ein Hinweis. Ein Lied ist die gängige
Erzählform von Geschichten im europäischen Mittelalter, das Vorlage für die
Martin-Welt ist. Eis und Feuer könnten zwei der ProtagonistInnen
symbolisieren: Jon Snow, der gut aussehende Wolfstyp aus dem Norden (Kit
Harrington), und Daenerys Tagaryen (Emilia Clarke), die gut aussehende
Drachenfrau ohne festen Wohnsitz. Er Eis, sie Feuer? Get it?
Zu einfach. Vielleicht ja so: Eis und Feuer symbolisieren eine der
dualistischen Religionen, die in Martins Welt herumspuken. In Form des
Herrn des Lichts mit dem Namen H’llor (ausgesprochen: chchloarr) und des
Gottes der Eiszombies mit dem Namen Der Große Andere. Die religiöse
Prophezeiung besagt, dass ein Prinz am Ende die bösen Eiszombies
niederknüppelt und die Welt rettet. Allerdings muss der sein Feuerschwert
mit dem Blut seiner geliebten Frau schmieden und irgendwas mit Drachen zu
tun haben. Religion halt. Komplizierte Anforderungen, passende
KandidatInnen finden sich nicht allzu leicht.
## Die Antwort naht
Es sei denn, es stimmt irgendetwas nicht mit dem Abstammungsverhältnis von
Jon Snow. Martin selbst hat gesagt: „Mindestens ein oder zwei Leser haben
die extrem subtilen und obskuren Hinweise, die ich in den Büchern versteckt
habe, richtig zusammengesetzt und kamen zu der richtigen Lösung.“
Wie war noch mal die Frage? Genau: Wer ist Jon Snows Mutter? Aber warum ist
diese für den Erfolg der Serie wichtig? Ganz einfach: Es ist die Frage, die
Martin den Machern der Serie bei ihrem ersten Treffen stellte. Er wollte
prüfen, ob sie in dem Stoff richtig drin waren, und fragte sie etwas, was
sie nicht wissen konnten.
David Benioff, einer der Serienmacher, beantwortete die Frage anscheinend
richtig, denn sie durften den Stoff verfilmen. Seine Antwort ist leider
nicht bekannt. Die wissen nur der Autor, die Produzenten und Barack Obama.
Der durfte nämlich als „Anführer der freien Welt“ die sechste Staffel sch…
sehen. Eine Journalistenanfrage an das Weiße Haus nach dem
Informationsfreiheitsgesetz läuft derzeit, scheitert aber wohl.
Die Normalsterblichen werden es frühestens Sonntagnacht wissen, dann
startet die Serie in Deutschland auf dem Bezahlsender Sky.
24 Apr 2016
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Game of Thrones
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