| # taz.de -- Schufa-Debatte auf der re:publica: Machtfrage beim Scoring | |
| > Die umstrittene Wirtschaftsauskunftei Schufa bemüht sich zunehmend um | |
| > Offenheit. Doch eine aktuelle Petition kratzt schon wieder an ihrem | |
| > Image. | |
| Bild: Netzaktivist Arne Semsrott bei der re:publica 2023 in Berlin | |
| Berlin taz | Braucht die Welt [1][Auskunfteien wie die Schufa]? Und wenn | |
| ja, unter welchen Bedingungen? „Man kann schon die Frage stellen, ob es | |
| private Unternehmen geben sollte, die so viel Macht haben, dass sie über | |
| die Bonität von Einzelnen entscheiden“, sagt der Aktivist Arne Semsrott am | |
| Montag auf der [2][Digitalkonferenz re:publica] bei einer Diskussion mit | |
| Schufa-Chefin Tanja Birkholz. | |
| Die hält dagegen: Sobald zwischen Leistung und Zahlung Zeit liege, brauche | |
| es jemanden, der die Kreditwürdigkeit einschätze – und damit insbesondere | |
| in der digitalen Welt. | |
| Semsrott hat vor fünf Jahren die Initiative OpenSchufa mitgestartet, die | |
| [3][Licht in das Scoring-Verfahren der im Verbraucherbereich größten | |
| deutschen Auskunftei bringen] wollte. Er gilt seitdem als einer ihrer | |
| schärfsten Kritiker. Dass Birkholz sich mit ihm auf eine Bühne setzt, sogar | |
| als Partner der Konferenz auftritt, was eine finanzielle Beteiligung | |
| bedeutet, ist Teil einer Transparenzoffensive, mit der die Schufa für mehr | |
| Akzeptanz in der Bevölkerung sorgen will. Das Scoring, also die kompakte | |
| Einschätzung der Bonität, ist ein bedeutender Teil des Geschäftsmodells der | |
| Auskunftei. | |
| Eine positive Entwicklung in Sachen Transparenz sieht grundsätzlich auch | |
| Semsrott. Die gehe allerdings nicht primär von der Schufa selbst aus. Druck | |
| komme etwa aus der Gesellschaft und vom Europäischen Gerichtshof (EuGH). | |
| Nachdem dessen Generalanwalt unter anderem [4][eine zu lange Speicherung | |
| von Daten über Privatinsolvenzen kritisierte], kürzte die Schufa die | |
| Speicherfristen entsprechend. | |
| ## Neues Transparenzportal | |
| Semsrott kritisiert nicht nur das Wesen der Schufa, sondern auch die | |
| gesellschaftlichen Folgen der Bonitäteinschätzung: „Schlechter Score heißt, | |
| dass ich A, B oder C nicht mehr machen kann.“ Etwa auf Rechnung kaufen, | |
| einen Kredit bekommen oder einen Mobilfunkvertrag abschließen. Hier müsse | |
| die Politik nicht nur für mehr Transparenz, sondern auch für Kontrolle und | |
| gegebenenfalls für andere Regeln sorgen. Auch könne es sinnvoll sein, für | |
| eine Auskunftei kein privatwirtschaftliches Modell, sondern eine | |
| öffentlich-rechtliche Unternehmensform vorzusehen, um weniger auf Profit | |
| als auf gesellschaftliche Vorteile zu zielen. | |
| Birkholz zufolge soll noch „vor der Sommerpause“ ein weiteres | |
| Transparenzwerkzeug starten: Verbraucher:innen sollen dann [5][über das | |
| Portal Bonify] Einsicht in die von ihnen bei der Schufa gespeicherten Daten | |
| erhalten. Ende vergangenen Jahres hatte die Schufa das Finanz-Start-up | |
| übernommen. | |
| ## Petition gegen Kontozugang | |
| Und mit der Übernahme von Bonify hängt auch eine [6][Petition zusammen, die | |
| die NGO Finanzwende am Montag gestartet] hat. Sie antizipiert einen Plan, | |
| den die Schufa perspektivisch mit Bonify verfolgen könnte: So könnte sie | |
| Verbraucher:innen anbieten, über Bonify Kontoinformationen zur | |
| Verfügung zu stellen, um damit den eigenen Score zu verbessern. Ähnliche | |
| Pläne hatte die Auskunftei vor einigen Jahren bereits verfolgt, aber nach | |
| Protesten eingestellt. | |
| Mit der Petition fordert Finanzwende die Schufa nun auf, „jeglichen Plänen, | |
| an die Kontoinformationen Dritter zu gelangen, eine klare Absage erteilen“. | |
| Das tut Birkholz bei der Diskussion auf der re:publica nicht. Zwar | |
| stellt sie klar, dass es akut keine derartigen Pläne gebe, und sagt: „Wir | |
| werden nie ein Interesse daran haben, einfach nur Daten reinzupumpen.“ | |
| Allerdings betonte sie auch, es gebe einen Nutzen für Verbraucher:innen, | |
| könnten diese der Schufa zusätzliche Daten zur Verfügung stellen. | |
| Finanzwende überzeugt das nicht: Der Verein befürchtet [7][mehr Macht für | |
| das Unternehmen] – und gegebenenfalls Einblicke in sehr persönliche | |
| Zahlungsdaten. So könnten auch gezahlte Gewerkschaftsbeiträge oder | |
| beglichene Arztrechnungen kreditrelevant und damit für die Schufa | |
| interessant sein. | |
| 6 Jun 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Zugestaendnis-der-Schufa/!5927575 | |
| [2] https://re-publica.com/de/unser-motto | |
| [3] /Transparenz-Bemuehungen-bei-der-Schufa/!5884099 | |
| [4] /Schufa-loescht-Schuldnerinnen-Daten/!5930749 | |
| [5] /Bonitaetsauskunft-per-App/!5904060 | |
| [6] https://www.finanzwende.de/kampagnen/schufa-finger-weg-von-meinem-konto/ | |
| [7] /Schufa-Auskunft-zu-Unrecht-gefordert/!5888823 | |
| ## AUTOREN | |
| Svenja Bergt | |
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