| # taz.de -- Russlands Staatsfernsehen in der Krise: Propaganda ohne Publikum | |
| > Der staatliche TV-Sender verliert Zuschauer, vor allem unter | |
| > Jugendlichen. Putin will deshalb mehr Kontrolle über digitale Medien. | |
| Bild: Doppelt hält besser: Putin bei seinem jährlichen TV-Auftritt | |
| Kaum einer hetzt so gnadenlos wie der [1][Moderator Wladimir Solowjow] im | |
| russischen staatlichen TV-Sender Rossija 1, wenn er sich in seiner | |
| wöchentlichen Sendung „Moskau.Kreml.Putin“ in Lobeshymen auf den | |
| Präsidenten ergeht und am verwesenden Westen abarbeitet. | |
| Doch jetzt müssen er und die anderen Granden der Kremlpropaganda sich etwas | |
| Neues einfallen lassen. Denn immer mehr RussInnen schalten den Fernseher | |
| ab. Das geht aus einer Untersuchung über die russische Medienlandschaft | |
| hervor, die das unabhängige Moskauer Meinungsforschungsinstitut Levada | |
| Center Anfang August vorgelegt hat. Waren es vor zehn Jahren noch 94 | |
| Prozent der RussInnen, die ihre Informationen vor allem aus dem Fernsehen | |
| bezogen, sind es jetzt nur noch 72 Prozent. | |
| Dabei lassen sich vor allem RentnerInnen von dem schlichten und einseitig | |
| gefärbten Weltbild berieseln, bei den unter 25-Jährigen sind das nur noch | |
| 42 Prozent. Besonders Rossija 1 ist von dem Popularitätsschwund betroffen: | |
| Die Anzahl der Befragten, die hier regelmäßig einschalten, sank von 72 auf | |
| 47 Prozent. | |
| Ein Hauptgrund für die wachsende Unlust, staatliche TV- Sender zu | |
| konsumieren, ist ein dramatischer Vertrauensschwund in der Bevölkerung. Nur | |
| noch knapp über die Hälfte der ZuschauerInnen glaubt dem, was da über die | |
| Bildschirme flimmert. | |
| ## Alarmstufe Rot im Kreml | |
| Angesichts dieser Bestandsaufnahme ist es wenig überraschend, dass die | |
| Bedeutung von Internetmedien enorm zugenommen hat – um 250 Prozent in den | |
| vergangenen acht Jahren. Vor allem RussInnen unter 35 Jahren sind hier | |
| unterwegs. Auch Messenger-Apps erfreuen sich wachsender Beliebtheit als | |
| Nachrichtenquellen – alle voran WhatsApp und Viber. Aber auch die | |
| russische Variante Telegram ist im Kommen. | |
| Ob dieser Entwicklung herrscht im Kreml Alarmstufe Rot. Ende 2016 setzte | |
| Wladimir Putin per Dekret eine „Doktrin über Informationssicherheit“ in | |
| Kraft. Dabei geht es in erster Linie darum, vor allem junge Leute vor | |
| schädlichen Informationen aus dem Ausland zu schützen. Denn diese hätten | |
| das Ziel, „unsere traditionelle russische Moral sowie unsere spirituellen | |
| Werte auszulöschen“. | |
| Wie das in der Praxis aussieht, bekamen die Anbieter der Messenger-App | |
| Telegram, die Brüder Nikolai und Pawel Durow, zu spüren. Mehrfach | |
| versuchten die Behörden, Telegram zu blockieren und die Anbieter dazu zu | |
| zwingen, bei der Entschlüsselung von Nachrichten zu „helfen“. Bislang | |
| konnte Telegram sich dem Vernehmen nach erfolgreich widersetzen. Fragt | |
| sich, wie lange noch. | |
| 16 Aug 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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