# taz.de -- Corona-TV in Russland: Einer hat alles unter Kontrolle | |
> Noch kürzlich propagierte das staatsnahe russische Fernsehen, | |
> Händewaschen helfe nicht gegen das Virus. Nun steigen die | |
> Infiziertenzahlen. | |
Bild: Hat Corona und alles andere in der öffentlichen Darstellung im Griff: Wl… | |
Wackelbilder, schummriges Licht, Atemgeräusche aus dem Off. Irgendwo gehen | |
Türen auf, Hände drücken auf Geräten herum, es piept und dröhnt, irgendwer | |
spricht durch eine Maske, die Kamera schwenkt schnell zur Seite. „Wir sind | |
nah dran“, erzählen die Journalist*innen des [1][staatsnahen russischen | |
Fernsehens] ihren Zuschauer*innen, „damit Sie zu Hause bleiben.“ | |
Russland hat derzeit mehr als 57.000 Infizierte, die Zahlen steigen stark | |
an, viele Städte und Regionen setzen auf strenge Ausgangsbeschränkungen. | |
Das Staatsfernsehen ist geübt darin, wie der Oberlehrer aufzutreten und | |
Botschaften der Staatsführung in platte Formeln zu packen. | |
## Russland habe kein Bettenproblem | |
Hatte es vor Kurzem noch genüsslich über den Zerfall der EU berichtet, weil | |
diese nicht gegen ein Virus ankomme, das [2][„etwas mehr als eine Grippe“] | |
sei, liefert es nun gehetzte Bilder aus den Krankenhausfluren – um dann den | |
Moderator in Ruhe sagen zu lassen: „Russland hat 45.000 Betten, um | |
Coronapatienten aufzunehmen.“ Alles in bester Ordnung also. | |
Bilder von Treffen des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit | |
Minister*innen, Wirtschaftsführern, Bürgermeistern sind Bildern von | |
Videokonferenzen gewichen. Der Erste Kanal fängt jede Nachrichtensendung | |
mit Grafiken an: die niedrigste Linie ist rot und steht für Russland. „Weil | |
wir maximal effektiv dagegen ankämpfen“, sagt die Moderatorin. | |
## Einer bleibt cool | |
Bei Rossija 1 bietet die Sendung „Moskau. Kreml. Putin“ Ekstase pur und | |
zeigt einen Präsidenten, der alles im Griff hat. Für seine Interviews muss | |
der jungenhafte wie huldigende Reporter Pawel Sarubin Handschuhe und | |
Maske anlegen. Bei Rossija 24 tragen die Moderator*innen T-Shirts mit | |
dem Slogan „Wir bleiben zu Hause“. Sie arbeiten aus ihren Wohnzimmern | |
heraus. | |
Reporter*innen begleiten Polizist*innen oder Ärzt*innen. | |
Krankenhausflure werden auf allen Kanälen gezeigt. Berichte von | |
Ärzt*innen, die über fehlende Schutzkleidung klagen, kommen nicht vor. | |
Ebenso wenig überfüllte Metro-Zugänge, die zustande kommen, weil die | |
Polizei Passierscheine kontrollieren will. | |
Die Botschaft dahinter: Die Coronawelt ist zwar auch im staatsnahen | |
russischen Fernsehen eine bedrohliche. Doch es gibt einen, der dabei alles | |
unter Kontrolle hat – Wladimir Putin. | |
23 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Inna Hartwich | |
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