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# taz.de -- Rupert Murdoch: Der letzte Medienmogul
> Rupert Murdoch, 94, streitet mit seinen Kindern immer noch darum, wer
> sein Medienimperium weiterregieren wird. Kann ihn überhaupt jemand
> ersetzen?
Bild: Rupert Murdoch, ein Mediendinosaurier aus einer fernen publizistischen Ä…
Der bisherige Höhepunkt des Erbstreits spielt sich in einem geschlossenen
Gerichtssaal in Reno, Nevada, ab – fernab der Kamerablitze des medialen
Rampenlichts, das quasi zum Businessmodell der Murdochs gehört. Es ist der
16. September 2024 und in diesem Raum wird über die nächsten sechs Tage
unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Zukunft des größten konservativen
Medienimperiums der Welt entschieden. Ein Konglomerat, zu dem Sender wie
Fox und Zeitungen wie The Wall Street Journal, The New York Post und The
Sun zählen.
Rupert Murdoch wurde im März 94 Jahre alt. Er „wird trotz seiner
sehnlichsten Wünsche eines Tages sterben“, [1][schrieb im Februar The
Atlantic] über den Patriarchen in einem Porträt der Murdochs. „Er wird eine
Familie hinterlassen, die sich mit sich selbst im Krieg befindet.“
Die Verhandlung im Renoer Gerichtssaal stellt den Gipfel eines
jahrzehntelangen Ringens um die Zukunft der Fox Corporation und News Corp
dar, denen die verschiedenen Titel der Murdochs gehören. Rupert kämpft
dafür, dass sein Sohn Lachlan – es wäre fair, ihn das rechtspopulistischste
seiner Kinder zu nennen – den Familienbetrieb nach seinem Tod alleine
übernimmt. Dafür muss er den Familientrust ändern. Im Moment sind vier
seiner Kinder – neben Lachlan auch Liz, Prue und James, die zu
unterschiedlichen Maßen als liberaler gelten – gleich stimmberechtigt, und
könnten Lachlan überstimmen (er hat auch zwei weitere Töchter).
Diesen Erbstreit spitzt die HBO-Erfolgsserie „Succession“ (2018–2023)
satirisch zu. In einer Szene fragt Logan Roy, Vater der Familie, seinen
Sohn Roman, ob er den fiktiven, Fox-ähnlichen Sender ATN leiten könne. Er
brauche „einen echten Feuerspucker“. Eine Beschreibung, die genauso wenig
zu Roman Roy wie zu Lachlan Murdoch passt. Am Ende gibt der Vater Logan Roy
zu: „Ich brauche dich.“ Ein ähnliches Gespräch fand zwischen Rupert und
Lachlan um die Jahre 2012/13 statt, sagt der Lachlan-Biograf Paddy Manning
(„The Successor“) der taz.
Mit Lachlan hofft Rupert, sein politisch-publizistisches Erbe sichern zu
können. Aber wofür steht der Sohn? Wird der Plan aufgehen? Und kann
überhaupt jemand in die beachtlichen Fußstapfen eines Mediendinosauriers
treten, der aus einer fernen publizistischen Ära zu stammen scheint?
## Ein globaler Machtbroker
„Es besteht kein Zweifel, dass Lachlan mit zunehmendem Alter immer
konservativer geworden ist, und er wird allgemein als rechts von Rupert
angesehen“, sagt Manning. James Murdoch hingegen, der lange als Ruperts
Favorit galt, hat inzwischen Millionen an Wahlkampagnen der Demokraten
gespendet und fördert Initiativen gegen die Klimakrise und
Rechtsextremismus.
„Lachlan ist ein sehr zurückhaltender Mensch, der nicht danach strebt, ein
allwissender Chefredakteur oder globaler Machtbroker zu sein, wie es sein
Vater auf dem Höhepunkt seiner 70-jährigen Karriere war“, so Manning
weiter. 2023 erschien sein Podcast „Rupert: The Last Mogul“, ein
investigativer Sechsteiler. Er habe ihn so genannt, weil die Medienbranche,
die Rupert Murdoch geschaffen hat, nicht mehr existiere, sagt Manning. „Es
wird nie wieder eine Persönlichkeit wie ihn geben, egal wie der Nachname
lautet.“
Rupert Murdoch, 1931 in Melbourne, Australien, geboren, war mal selbst
Succesor: Sein Vater machte sich im Ersten Weltkrieg einen Namen als
mutiger Reporter, der die Militärzensur der Briten umging. Sohn Rupert erbt
mit 21 eine Boulevardzeitung und erobert die australische Medienlandschaft
Stück für Stück, mit 40 kontrolliert er zwei Drittel des dortigen
Zeitungsmarkts. Nächstes Ziel: Großbritannien, wo seine Titel Margaret
Thatcher eifrig unterstützen. Danach: die USA, wo seine Zeitungen Ronald
Reagan helfen.
Einer, der Rupert Murdoch gut kennt, ist Preston Padden. Er ist ein Veteran
der amerikanischen Medienbranche, arbeitete mit Murdoch in den 1990ern als
Präsident des Netzwerkvertriebs bei Fox, bevor er zu ABC und dann Disney
wechselte. „Ruperts Gehirn hat zwei Seiten“, erklärt Padden der taz. „Ei…
Seite ist ein sehr seriöser, engagierter Journalist. Die andere Hälfte ist
darauf ausgerichtet, Geld zu verdienen.“
## Profitabler Populismus
Gekämpft wird derzeit um ein mächtiges Portfolio, das sich über Kontinente
erstreckt und die zwei Seiten von Murdochs Gehirn verkörpert. Das seriöse
Wall Street Journal ist mit einer knappen halben Million Exemplare die
auflagenstärkste Zeitung in den USA, schon vor der New York Times. Fox News
sendet profitablen Populismus. Zusammen können sie einen Kandidaten in ein
politisches Amt hieven.
Im Vereinigten Königreich versuchen bis heute Politiker links und rechts
die Boulevardzeitung Sun, jahrzehntelang die meistgelesene Zeitung des
Landes, zu umwerben (The Sun behauptete 1992 auf der Titelseite, für den
Überraschungswahlsieg des Konservativen John Major verantwortlich gewesen
zu sein). Ergänzt wird das Portfolio dort mit der konservativen
Tageszeitung Times, die als ein Leitmedium des Landes gilt.
Abgerundet wird das Imperium mit zwei kräftigen Gewinnbringern: dem Verlag
HarperCollins, einem der größten der Welt, sowie der
Finanznachrichtenagentur Dow Jones, die den bekannten Index veröffentlicht.
Das „Legacy Media“-Geschäft der Murdochs ist Teil einer kriselnden Branche.
Erstaunlicherweise boomt es trotzdem. Der Aktienwert der Fox Corporation
geht durch die Decke und überholt dabei die Konkurrenz Disney, Comcast und
Warner Bros.Discovery.
Allein seit dem Wahlsieg Donald Trumps im November 2024 ist der Kurs um 30
Prozent gestiegen, seit März 2024 hat er sich verdoppelt. Der Kurs von News
Corp, zu dem die Zeitungen der Murdochs gehören, geht ebenfalls nach oben.
## Der meistgesehene Kabelnachrichtensender der USA
Hinter dem Wachstum dürften die Entscheidungen stehen, die
Unterhaltungsaktiva an Disney zu verkaufen, um sich auf Sport und
Nachrichten zu fokussieren, sowie den Streamingdienst Tubi zu kaufen, der
dieses Jahr mehr als 1 Milliarde Dollar einbringen soll.
Aber auch Trump selbst spielt eine wichtige Rolle. Fox, der Sender, der ihm
zur Macht verhalf, gilt trotz harter persönlicher und politischer
Differenzen zwischen Präsident und Medienmogul als sein Sprachrohr.
Die schwindelerregenden ersten sechs Monate seiner zweiten Amtszeit –
Akquise von Grönland, Annexion von Kanada, „Gaza-Riviera“, Zollkrieg gegen
die Welt – liefern reichlich Futter für den rechtspopulistischen Kanal, den
meistgesehenen Kabelnachrichtensender des Landes.
„Murdoch hat erkannt, dass es sehr profitabel ist, eine Medienmarke wie Fox
News mit einem äußerst treuen Publikum zu besitzen“, erklärt Jon Marshall,
Dozent für Medien an der Northwestern University in Illinois, der taz.
Murdoch wisse aber auch, dass er Zuschauer verlieren und der Sender weniger
lukrativ werden kann, wenn er sich zu weit von Trump entferne, so Marshall.
Es ist ein Balanceakt zwischen den zwei Seiten Rupert Murdochs.
Privat hält Murdoch wenig von Trump. 2021 schrieb Murdoch dem ehemaligen
Fox-Präsidenten Preston Padden in einer E-Mail, er wolle Trump zur
„Nichtperson“ machen – als Reaktion auf die Erstürmung des Kapitols in
Washington, zu der Trump angestachelt hatte, nachdem er die Wahl 2020
verloren hatte.
## Durch Trumps Wahlsieg rehabilitiert
Murdochs Haltung weicht jedoch wieder auf, denn sie ist nicht mehr
profitabel. Der Wahlsieg Trumps im November 2024 hat Fox wieder
rehabilitiert, der Sender schreckt Werbekunden nicht mehr ab. Amazon,
JPMorgan Chase und Netflix sind einige Beispiele. Solche Unternehmen hätten
„ihre Positionierung in diesem Land überdacht und erkannt, dass die
Zuschauer von Fox News tatsächlich die Mitte Amerikas repräsentieren“,
sagte Lachlan Murdoch [2][der Financial Times im März].
Preston Padden, der die Entwicklung von Fox scharf kritisiert und durch
Anträge bei der Federal Communications Commission dem Kanal die
Sendelizenzen entziehen will, sieht aber in Murdoch keinen Mann, der vor
Trump einknickt, während diverse Medien [3][von ABC bis zur Washington
Post] in der zweiten Amtszeit des Präsidenten äußerst vorsichtig geworden
sind. „Und ich glaube nicht, dass er das tun wird“, sagt er. „Denn das ist
seine ernsthafte journalistische Seite.“
Nach [4][einem Bericht des Wall Street Journals] im Juli über einen
Geburtstagsbrief des Präsidenten samt Zeichnung einer nackten Frau an
Jeffrey Epstein verklagte ihn Trump.
Wie der Erbstreit mit seinen Kindern ausgehen wird, bleibt offen. Im
Dezember folgte nach den geheimen Verhandlungen in Reno ein Urteil: Rupert
und Lachlan verloren. Doch sie wollen offenbar in Revision gehen. Details
und Dokumente des Verfahrens sind bis heute unter Verschluss. Mehrere
Medien [5][kämpfen um deren Veröffentlichung], eine Entscheidung des
Obersten Gerichts in Nevada dazu steht noch aus.
Folgende Szenarien sind möglich: Nach dem Tod ihres Vaters könnten James,
Prue und Liz nach jetzigem Stand den Rupert-Liebling Lachlan mit ihren
Stimmen im Trust stürzen. Ob sie dann die Murdoch-Medien zu reformieren
versuchen und riskieren, das Fox-Stammpublikum damit zu verlieren, bleibt
ungewiss. Alternativ könnte das größte konservative Medienimperium der Welt
im Streit entmachtet werden.
Sollte es aber Rupert Murdoch gelingen, Lachlan zum alleinigen
Stimmberechtigten des Trusts zu ernennen oder die anderen Kinder
herauszukaufen, dann würde zumindest dessen politischer Kurs bestehen
bleiben.
Ob Lachlan das Zeug dazu hat? Preston Padden sagt: „Ich würde ihn nicht
unterschätzen.“
12 Aug 2025
## LINKS
[1] https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2025/04/rupert-murdoch-family-…
[2] https://www.ft.com/content/2b297461-309a-4022-9e73-2bdcb3ae229a
[3] /Klage-gegen-renommierten-US-Sender/!6088381
[4] https://www.wsj.com/politics/trump-jeffrey-epstein-birthday-letter-we-have-…
[5] https://www.theguardian.com/media/2025/may/07/rupert-murdoch-nevada-hearing
## AUTOREN
Nicholas Potter
## TAGS
Rupert Murdoch
Fox News
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Schwerpunkt Pressefreiheit
Großbritannien
Italien
Schwerpunkt Pressefreiheit
Holger Friedrich
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