# taz.de -- Ringen um Ringe: Die Krux mit der Meinung des Volkes | |
> Hamburg hat versprochen, die Bürger über eine Olympia-Bewerbung abstimmen | |
> zu lassen - muss dafür aber die Verfassung ändern. | |
Bild: Schwierigkeiten mit Olympia? Olaf Scholz strahlt trotzdem. | |
HAMBURG taz | Es geht um eine sehr komplexe Materie. Darin zumindest waren | |
sich Kritiker wie Befürworter einer Hamburger Olympia-Bewerbung am Tag nach | |
der Sitzung des Verfassungsausschusses der Bürgerschaft am Mittwoch einig. | |
Dort ging es ging um die Frage, wie Hamburg sein Versprechen einlösen will, | |
die BürgerInnen zu fragen, ob sie einer Olympia-Bewerbung ihrer Stadt | |
zustimmen – oder eben nicht. Und zwar bevor Hamburg am 8. Januar 2016 die | |
erste Kurzbewerbung, das etwa 80 Seiten umfassende sogenannte Mini Bid | |
Book, beim Internationalen Olympischen Komitee einreichen muss. | |
Während die CDU sich für eine unverbindliche und einmalige Volksbefragung | |
zum Thema Olympia aussprach, legte die rot-grüne Koalition einen Vorschlag | |
für eine Verfassungsänderung vor. Dieses „Hamburg-Referendum“ sieht eine | |
Änderung und Ergänzung des Artikels 50 der Hamburgischen Verfassung vor. | |
Auf Antrag des Senats soll die Bürgerschaft demnach mit | |
Zwei-Drittel-Mehrheit Gesetzentwürfe zum Volksentscheid vorlegen dürfen. | |
Laufende Volksbegehren sollen als Gegenvorschläge ebenfalls den Bürgern zur | |
Abstimmung gestellt werden. Und, was vor allem wichtig für eine mögliche | |
Olympia-Bewerbung wäre: Einmal vom Volk getroffene Entscheidungen sollen | |
innerhalb der laufenden Legislaturperiode, mindestens aber drei Jahre, | |
nicht durch eine neue Volksinitiative geändert werden können. | |
„Worum es hier im Kern geht, ist die Angst vor dem Volk“, bewertete Manfred | |
Brandt vom Verein „Mehr Demokratie“ diesen Vorschlag. Offenbar glaube die | |
Stadt, die HamburgerInnen nicht von ihrem Olympia-Konzept überzeugen zu | |
können. „Statt politisch zu punkten, soll hier eine Volksinitiative | |
ausgeschaltet werden“, kritisierte Brandt. Denn bis zu einem möglichen | |
Referendum Anfang November, das nach dem bisherigen rot-grünen Vorschlag | |
ohne Quorum auskäme, also ohne eine Mindestbeteiligung der befragten | |
HamburgerInnen, bleibe für Initiativen kaum Zeit, die notwendigen | |
Unterschriften für ein Volksbegehren zu sammeln. | |
Das ist auch eine Kritik von Dirk Seifert von der Initiative Nolympia. „Das | |
Problem ist, dass zum angepeilten Zeitpunkt des Referendums noch überhaupt | |
nicht klar ist, welche Baumaßnahmen und natürlich auch welche Kosten auf | |
die Stadt zukommen“, sagte Seifert. Alle Erfahrungen mit | |
Olympia-Bewerbungen zeigten, dass es dann teuer werde, wenn das IOC ins | |
Spiel komme und die Planungen konkreter werden. „Das wäre erst ab 2017 der | |
Fall, wenn das IOC Hamburg als Ausrichterstadt benennen würde.“ Eine so | |
wichtige Frage, wie ein Referendum über diese Bewerbung, dürfe daher nicht | |
mit so heißer Nadel gestrickt werden. | |
„Wir werden dem vorgelegten rot-grünen Entwurf so auf keinen Fall | |
zustimmen“, sagte Christiane Schneider von den Linken, auf deren Stimmen | |
die Koalition angewiesen ist, denn für eine Verfassungsänderung ist eine | |
Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Für Schneider aber sind einfach zu viele | |
Fragen ungeklärt. „Es muss gesichert sein, dass die Rechte von | |
Volksinitiativen nicht durch den Terminplan des Referendums, den Senat und | |
Bürgerschaft festlegen, unter die Räder kommen“, sagte Schneider. Auch | |
seien die Kosten bisher nicht transparent. „Was ist denn, wenn der zum | |
Zeitpunkt des Referendums angegebene Kostenrahmen schon ein, zwei Jahre | |
später von der Wirklichkeit eingeholt wird? Dies wäre jedenfalls nichts | |
Neues in Hamburg“, warnte Schneider. | |
Andreas Dressel, SPD-Fraktionschef, gab sich gestern gelassen. „Wir sind | |
uns ja alle in der Sache einig, dass wir eine verbindliche Entscheidung | |
durch das Volk wollen.“ Er sehe da keine unüberwindlichen Hindernisse. | |
„Klar hätten wir gern mehr Zeit, aber es geht nun nicht anders.“ | |
Am kommenden Dienstag steht das Thema erneut auf der Tagesordnung des | |
Verfassungsausschusses und in der ersten Mai-Woche soll es bereits die | |
erste Lesung in der Bürgerschaft geben. Ein sportlicher Zeitplan, wie auch | |
Dressel einräumte. Aber das passe ja zum Thema. | |
23 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Ilka Kreutzträger | |
## TAGS | |
Hamburg | |
Nolympia | |
Referendum | |
Schwerpunkt Olympische Spiele 2021 | |
Rot-Grün Hamburg | |
Schwerpunkt Olympische Spiele 2021 | |
Hamburg | |
Protest | |
Sportmedizin | |
Olympische Spiele | |
Olympische Spiele | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Blamage für Anti-Olympia-Bewegung: Volksinitiativen in der Krise | |
Wenig Unterstützung für Anti-Olympia-Initiativen und zur Rettung der | |
Volksgesetzgebung. Insider befürchten Blamage für Bürgerrechtsverein. | |
Linke Spitzen gegen Scholz: „Olympia ist pervertiert“ | |
Die Fraktionsvorsitzenden der Linken, Sabine Boeddinghaus und Cansu | |
Özdemir, erklären, wie sie Olaf Scholz Sozialpolitik beibringen wollen. | |
Olympia macht's nötig: Hamburg führt die Volksbefragung ein | |
Eine Verfassungsänderung macht den Weg frei für ein "Olympia-Referendum" im | |
kommenden Herbst. Kritiker fürchten eine Aushebelung von Volksentscheiden. | |
Olympische Demokratie: Volksentscheid von oben | |
Wegen der Olympia-Bewerbung wollen SPD, Grüne und CDU in Hamburg | |
Volksbefragungen einführen. Der Verein „Mehr Demokratie“ sieht darin eher | |
eine Gefahr. | |
Protest gegen Spiele in Hamburg: Initiative warnt vor Olympia | |
Die Aktivisten von Nolympia intensivieren ihre Kampagne gegen eine | |
Bewerbung für das Großereignis und das geplante Referendum. | |
Die Wahrheit: Winnetous Wut | |
Ein Hausbesuch beim weltberühmten Münchner Wunderdoktor und ehemaligen | |
FC-Bayern-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt | |
Rom bewirbt sich um Olympia 2024: Letztlich soll der Papst es richten | |
Italiens Premierminister Matteo Renzi unterstützt seine Hauptstadt. | |
Olympia-Kritiker verweisen auf Korruption und unseriöse Kostenschätzungen. | |
Paris bewirbt sich um Olympia 2024: Baguette und Spiele | |
Bereits zum vierten Mal seit 1986 nimmt Frankreichs Hauptstadt Anlauf. | |
Damit es diesmal klappt, soll gleich auch noch die Weltausstellung her. |