# taz.de -- Reinhard Loske über Gruhl-Gesellschaft: „Eine Tarnorganisation d… | |
> Die Klimapolitiker Reinhard Loske und Josef Göppel geben ihren | |
> Herbert-Gruhl-Preis zurück. Sie werfen der Gruhl-Gesellschaft Missbrauch | |
> vor. | |
Bild: Herbert Gruhl (links) 1980 auf der Bundesversammlung der Grünen, deren M… | |
taz: Herr Loske, Sie haben zusammen mit dem CSU-Politiker Josef Göppel den | |
[1][Herbert-Gruhl-Preis] zurückgegeben, den Sie vor einigen Jahren von der | |
Gruhl-Gesellschaft verliehen bekommen haben, die das Erbe des frühen | |
[2][CDU-Ökos und Grünen-Gründers] verwaltet. Warum? | |
Reinhard Loske: Wir haben den Preis zurückgegeben, weil wir sehen, dass die | |
Ideen von Herbert Gruhl heute von der Gesellschaft, die seinen Namen trägt, | |
politisch missbraucht, extrem tendenziös interpretiert und für | |
nationalistische, populistische und teils sogar völkische Zwecke | |
instrumentalisiert werden. Nach intensivem Studium der aktuellen Webseite | |
der Herbert-Gruhl-Gesellschaft kommen wir zu dem Ergebnis, dass diese | |
Gesellschaft mittlerweile offenkundig zu einer Art Tarnorganisation der AfD | |
geworden ist. | |
Welche Belege haben Sie dafür? | |
Der Vorsitzende Volker Kempf ist Kommunalpolitiker der AfD in | |
Baden-Württemberg. Sein Stellvertreter Wolfram Bednarski ist | |
AfD-Kommunalpolitiker in Niedersachsen. Auf der letzten Hauptversammlung im | |
Herbst 2019 sprachen neben Kempf und Bednarski der ehemalige | |
AfD-Bundesvorsitzende Konrad Adam, zugleich Ehrenvorsitzender der | |
Gesellschaft, dann Bednarski sowie Bernd Grimmer, baden-württembergischer | |
AfD-Landtagsabgeordneter aus Pforzheim. Auf der Webseite der | |
Herbert-Gruhl-Gesellschaft ist man durchweg bemüht, die Sache der Ökologie | |
und der Nachhaltigkeit in einen rechten Kontext zu rücken. Das fügt sich in | |
ein Gesamtbild ein, das wir derzeit auch an anderer Stelle beobachten. Die | |
AfD und ihre parteinahe [3][Desiderius-Erasmus-Stiftung] versucht einiges, | |
um Themen wie Klimaschutz oder Klimagerechtigkeit als linke Ideologie zu | |
denunzieren und dem eine wahre, tiefe, deutsche Naturliebe | |
entgegenzustellen. | |
Was steht denn konkret auf der Gruhl-Webseite? | |
In einem Beitrag mit dem Titel „Selbstbestimmungsrecht der Deutschen“ des | |
Vorstandsmitglieds Helmut Kirchner heißt es vor dem Hintergrund der | |
Migrationsdebatte, Medien und Vertreter der „noch herrschenden“ Parteien | |
erzeugten im Lande eine Stimmung, „als sei es nicht mehr opportun, | |
patriotisch zu wählen“, womit ganz offenkundig die AfD gemeint ist. Statt | |
die Zuwanderung, die „zu Lasten der Umwelt“ gehe, zu begrenzen, würden die | |
„etablierten“ Parteien, „lebensfeindliche“ und „unkontrollierte“ | |
Zuwanderung wollen. Am Ende des Artikels folgt dann der ultimative Appell: | |
„Es kann, es darf keine Zuwanderung geben, die das Ende der Nationen und | |
Europas bedeutet.“ | |
Ist das ein Ausnahmefall? | |
Leider überhaupt nicht. In anderen Beiträgen wird offene Wahlwerbung für | |
die AfD betrieben. Da findet sich von hohlen Abschreckungsphrasen gegenüber | |
Migranten bis zur Islamophobie so ziemlich alles. Das ist | |
ressentimentgeladen, intellektuell erbärmlich und weit unter dem Niveau, | |
das Herbert Gruhl als Autor gepflegt hat. Josef Göppel und ich wissen | |
nicht, wann und wie genau aus dieser wertkonservativ orientierten Pflege | |
der Ideen Gruhls eine nationalistische Tarnorganisation der AfD wurde, | |
jedenfalls wollen wir damit nichts zu tun haben. | |
Was sind die zu bewahrenden Gedanken von Herbert Gruhl? | |
Gruhl hat als CDU-Bundestagsabgeordneter und früher Wachstumskritiker die | |
ökologische Debatte über Deutschland hinaus entwickelt und geprägt wie nur | |
wenige Zeitgenossen. Vor allem hat er immer wieder betont, dass es nicht | |
nur um andere Technologien, sondern auch um Mäßigung geht, nicht nur um | |
„grünes Wachstum“, sondern auch um Kulturwandel. Seine These lautete, dass | |
ökologische Ideen nicht links, nicht rechts, sondern vorn sind. Es ist für | |
uns nicht hinnehmbar, dass sein Denken in braune Gewässer geleitet werden | |
soll. | |
In „Himmelfahrt ins Nichts“ hat Gruhl schon 1992 „die Menschheit am Ende�… | |
gesehen, 80 Prozent der Menschen attestiert, dass sie zu „Enthaltsamkeit | |
bei der Fortpflanzung“ nicht in der Lage seien, und den „ökologischen Umbau | |
der Industriegesellschaft“ als Widerspruch in sich selbst gebrandmarkt. | |
Ja, zum Ende seines Lebens hin, er ist 1993 gestorben, hat Gruhl eine sehr | |
kulturpessimistische Weltsicht entwickelt. Die prägte auch die „Himmelfahrt | |
ins Nichts“. Er war ob der vielen Vergeblichkeitserfahrungen verbittert und | |
sah keine Hoffnung mehr. Der Kollaps durch die ökologische Krise hatte für | |
ihn zum Schluss leider etwas Zwangsläufiges. Aber das schmälert in keiner | |
Weise seine Leistungen als Autor eines der wichtigsten deutschen Bücher zur | |
globalen Umweltkrise („Ein Planet wird geplündert“ von 1975), als | |
BUND-Vorsitzender, Widersacher von Helmut Kohl in der CDU und | |
Grünen-Gründer. Mit so einem Schmarrn wie der krausen AfD-Ideologie hätte | |
er wohl nichts zu tun haben wollen. | |
15 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] http://herbert-gruhl.de/h-gruhl-preis/ | |
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_Gruhl | |
[3] /Parteinahe-Stiftung-der-AfD/!5522471 | |
## AUTOREN | |
Peter Unfried | |
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