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# taz.de -- Studienwerk-Leiterin über AfD-Stiftung: „Keine Zusammenarbeit“
> Das Evangelische Studienwerk distanziert sich von der AfD-nahen
> Desiderius-Erasmus-Stiftung. Warum erst jetzt, Friederike Faß?
Bild: Erika Steinbach und ihr Anwalt fordern Bundesmittel für die Desiderius-E…
taz: Frau Faß, in einem aktuellen Positionspapier kündigt ihre
Studienstiftung Villigst an, nicht mit der AfD-nahen
Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) zusammenarbeiten zu wollen. Warum?
Friederike Faß: Weil uns die Zusammenarbeit mit den anderen
Begabtenförderungswerken unglaublich wichtig ist. Natürlich sind wir mit
denen nicht immer in allen Dingen einer Meinung, aber wir haben eine
gemeinsame Wertebasis auf Grundlage des Grundgesetzes. Bei Studienwerk
Nummer 14, das allmählich Formen annimmt, sind wir uns da nicht so sicher.
Woran machen Sie das fest?
Den Geschichtsrevisionismus, den die DES betreibt, kann man schon auf ihrer
Website sehen – auch anhand ihrer Personalien. Im Kuratorium sitzt
Karlheinz Weißmann, der eng mit dem Institut für Staatspolitik (umstrittene
Denkfabrik der Neuen Rechten, d. Red.) verbunden ist.
Oder [1][Erika Steinbach], die Stiftungsvorsitzende. In ihrem letzten
Rundbrief beschwert sie sich darüber, dass der Verfassungsschutz der AfD
Unrecht tue. Sie kritisiert aber nicht die extremistischen Tendenzen des
Instituts für Staatspolitik. Der Verfassungsschutz hat es zum Verdachtsfall
erklärt und sein Geschäftsführer [2][Erik Lehnert war bis vor kurzem im
DES-Vorstand].
Nun gibt es die Desiderius-Erasmus-Stiftung schon seit 2017. Warum haben
Sie drei Jahre gebraucht, um sich von ihr zu distanzieren?
Unsere StipendiatInnen haben uns schon 2017 gefragt, warum wir da nichts
tun. Wir haben die DES aber am Anfang vielleicht nicht ernst genug
genommen. Unsere Gremien – auch ich – wollten erst mal abwarten. Wir haben
uns die Arbeit der DES über einen längeren Zeitraum angeschaut, unter
anderem auch mithilfe der mobilen Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus.
Es hat etwas länger gedauert, aber nun haben wir eine ganz klare Position
bezogen: keine Zusammenarbeit mit der DES.
Gibt es einen konkreten Anlass?
Seit die [3][AfD] im Bundestag sitzt, hat rassistisch motivierte Gewalt in
Deutschland stark zugenommen. Da braucht es gar nicht den einen Aufhänger,
um sich davon abzugrenzen.
Die AfD ist immerhin die größte Oppositionspartei im Bundestag. Sollte man
der zugehörigen Stiftung dann nicht die gleichen Rechte zugestehen, wie
allen anderen auch?
Genau das ist der Vor- und Nachteil einer Demokratie. Es braucht die
Vielstimmigkeit. Dafür sollten aber alle Beteiligten auf der Basis des
Grundgesetzes stehen. Genau das tut die AfD aber nicht in allen Teilen.
Sie schreiben, die Stiftung leugne wissenschaftliche Qualitätsstandards,
„wo politische Positionen der AfD dem entgegenstehen.“ Haben Sie dafür ein
Beispiel?
Bei der Debatte zum Klimaschutz sehen wir das immer wieder, ebenso in der
Corona-Krise. Angeblich ist nicht das Virus die Gefahr, sondern „die da
oben“. Verwiesen wird dann oft auf merkwürdige eigene Studien, die mit
unabhängiger Wissenschaft nichts zu tun haben. Die Stiftung könnte eine
solche Arbeit verstetigen. Alice Weidel hat in diesem Zusammenhang selbst
von einer „AfD-Ideenschmiede“ gesprochen.
Bisher halten sich die Aktivitäten der Stiftung aber in Grenzen.
Es gibt die Stiftung, aber sie hat noch keinen Anspruch auf Bundesgelder.
Das wäre erst der Fall, wenn die AfD 2021 zum zweiten Mal in den Bundestag
gewählt würde – was ich nicht hoffe. Aktuell wird die DES von Spenden
finanziert. Woher diese genau stammen, weiß man nicht. Frau Steinbach hat
nach meinem Kenntnisstand darüber bislang keine Auskunft gegeben.
Wie soll es in der Praxis ablaufen, nicht mit einer anderen politischen
Stiftung zu kooperieren?
Es gibt immer mal wieder Kooperationsveranstaltungen, zum Beispiel die
gemeinsame Sommerakademie aller 13 Begabtenförderungswerke. Da begegnen
sich StipendiatInnen aus allen 13 Werken. Wir müssen miteinander ins
Gespräch kommen, raus aus unserer Blase.
Bei einzelnen Personen, die der AfD nahestehen, will ich das auch gar nicht
ausschließen. Aber ich will nicht, dass irgendwelchen AfD-Funktionären ein
Raum gegeben wird, um ihre Parolen weiter zu verbreiten. Die Alternative
wäre, dass irgendwann strahlende StipendiatInnen von uns auf einem Foto
neben AfD-Funktionären stehen. Das möchten weder ich noch unsere
StipendiatInnen.
Haben sich andere Begabtenförderungswerke ebenfalls von der
Desiderius-Erasmus-Stiftung abgegrenzt?
Es gibt eine gemeinsame Wertebasis, damit ist vieles gesagt. Dass sich etwa
das Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk (jüdische Begabtenförderung) da nicht
noch mal positionieren muss, halte ich für selbstverständlich, aber ich
kann nicht für die anderen Werke sprechen. Auch für uns ist so eine
Äußerung sehr ungewöhnlich – so etwas hat es sehr lange nicht gegeben.
Was bedeutet es eigentlich für Ihr Haus, wenn die DES vom Bund gefördert
werden sollte? Bekommt ihre Stiftung dann weniger Geld?
Das wage ich nicht vorherzusagen. Entweder wird der Topf aufgestockt oder
neu verteilt. Bisher war das allerdings auch nie ein Thema. Als 2012 das
muslimische Studienwerk zu uns stieß, haben sich alle gefreut. Das war
überfällig. Die Mittel, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung
zur Verfügung stellt, werden nach einem Schlüssel verteilt, je nach Größe
der Stiftung. 2019 waren das insgesamt 266 Millionen Euro. Davon soll ein
Prozent der Studierenden in Deutschland ein Stipendium erhalten.
Wie würden Sie reagieren, wenn sich Ihre eigenen Stipendiatinnen in der AfD
engagieren?
Das habe ich ehrlich gesagt noch nicht erlebt. Natürlich gibt es auch im
Evangelischen Studienwerk manche Menschen, die ein sehr viel
konservativeres Weltbild vertreten als ich selbst. Aber deswegen haben wir
noch nie jemanden rausgeschmissen. Wir würden mit der Einzelperson
hoffentlich das Gespräch suchen, versuchen zuzuhören und zu verstehen und
ins Gespräch zu kommen.
Also keine Gesinnungsprüfung?
Die haben wir nicht. Wir nehmen ja auch nicht nur evangelische Menschen
auf, denn wir brauchen nicht im eigenen Saft zu schmoren. Ich glaube aber,
wer sich bei uns bewirbt, macht sich meistens im Vorfeld mit dem Leitbild
und der Aussichtung des Werkes vertraut. Daher würde sich bei uns
wahrscheinlich kaum jemand bewerben, der unsere Werte nicht teilt. Das
würde für beide Seiten nicht passen.
10 Jul 2020
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## AUTOREN
Steve Przybilla
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