# taz.de -- Regisseurin Maryam Moghaddam: 14 Monate Haft im Iran | |
> Ihr Film formuliert eine zarte, aber deutliche Kritik an den | |
> Verhältnissen in der Islamischen Republik. Jetzt wurde die Filmemacherin | |
> verurteilt. | |
Bild: Im Iran zu 14 Monaten Haft verurteilt: die Regisseurin und Schauspielerin… | |
Ihr Film wurde auf der Berlinale 2024 gefeiert, ein poetisches Werk, ein | |
stiller Aufschrei gegen die Verhältnisse in ihrem Heimatland Iran. Jetzt | |
wird Regisseurin Maryam Moghaddam dafür im Iran zu 14 Monaten Haft | |
verurteilt. Der Vorwurf: „Propaganda gegen das System“. Die Wahrheit, die | |
sie zeigt, ist unerwünscht. | |
Moghaddam ist vieles: Schauspielerin, Regisseurin, Drehbuchautorin – eine | |
der wichtigsten Stimmen des iranischen Kinos. Doch in den Augen des Regimes | |
ist sie vor allem eins: unbequem. Gemeinsam mit ihrem Partner und | |
Ko-Regisseur Behtash Sanaeeha hat sie mit dem [1][Film „Keyke mahboobe man“ | |
(„Ein kleines Stück vom Kuchen“)] eine zarte, aber deutliche Kritik | |
formuliert. | |
Es geht darin um eine 70-jährige Witwe, die nach dem Tod ihres Mannes das | |
Liebesleben wiederentdeckt – ein Thema, dessen Existenz allein im Iran als | |
Provokation gilt. Doch nicht nur das: Die Protagonistinnen tragen kein | |
Kopftuch, der Film thematisiert die schlechte Lage von Arbeiter*innen | |
und Rentner*innen – kurz: Der Film ist eine Kritik am System der | |
Islamischen Republik. | |
„Wir wollen die Wahrheit über das Leben iranischer Frauen zeigen“, sagte | |
Moghaddam im Juli 2024 im Interview mit der Deutschen Welle. Ihre pinken | |
Haare sind offen und unverhüllt – eine Straftat in Iran. „Die iranischen | |
Frauen waren die Vorbilder.“ | |
Es ist nicht das erste Mal, dass die 55-jährige Maryam Moghaddam zur | |
Zielscheibe wird. Bereits 2013, nach der Premiere von „Pardé“ auf der | |
Berlinale, wurde ihr bei der Rückkehr in den Iran der Reisepass abgenommen. | |
Erst internationaler Druck ermöglichte ihre Rückkehr nach Schweden, wo sie | |
seit ihrem 16. Lebensjahr lebte. Sie studierte Schauspiel in Göteborg, | |
spielte in schwedischen wie iranischen Produktionen und kehrte schließlich | |
doch zurück nach Teheran, wo sie derzeit lebt. | |
## Film über eine zu Unrecht verurteilte Frau | |
„Ein kleines Stück vom Kuchen“ ist nicht ihr erster Film, der bei der | |
Berlinale gezeigt wird. Bereits 2021 wurde „Ballade von der weißen Kuh“ | |
gezeigt, bei der Moghaddam die weibliche Hauptrolle spielte. Es ist ein | |
Drama über eine Frau, die nach dem zu Unrecht [2][vollstreckten | |
Todesurteil] gegen ihren Mann gegen die Justiz kämpft. Der Film ist | |
Moghaddams Mutter gewidmet. | |
Im September 2023 wurden Moghadam und Sanaeeha die Pässe entzogen, als sie | |
zur Postproduktion ihres Films „Ein kleines Stück vom Kuchen“ nach Paris | |
reisen wollten. Eine anschließende Hausdurchsuchung, bei der Filmmaterial | |
beschlagnahmt wurde, machte unmissverständlich klar, dass die Repressionen | |
im Zusammenhang mit ihrem aktuellen Film stehen. Zum 74. Berlinale-Festival | |
durften sie nicht ausreisen. | |
Und jetzt das Urteil: 14 Monate Haft, dazu eine Geldstrafe. Auch der | |
Produzent Gholamresa Mussawi wurde verurteilt. Formal müssen die Strafen | |
erst in fünf Jahren angetreten werden – doch sie stehen als Drohung im | |
Raum, sie sind jederzeit vollstreckbar. | |
Die Filmkunst von Moghaddam und Sanaeeha lebt von Zwischentönen, von | |
Blicken, Andeutungen, Leerstellen. In einem Land, in dem offene Kritik | |
gefährlich ist, entfaltet ihr Kino seine Wucht gerade durch das, was nicht | |
gesagt werden darf. | |
Es ist ein weiteres Kapitel in der Geschichte der Repression gegen | |
iranische Künstler*innen. Die lebendige, [3][international gefeierte | |
Filmszene des Landes] wird zunehmend zur Zielscheibe. Offizielle | |
Drehgenehmigungen sind Pflicht, jede Kamera steht unter Beobachtung. Und | |
doch entstehen Filme wie „Ein kleines Stück vom Kuchen“, die sich trotz | |
Zensur Raum erkämpfen, den das System nicht geben will. | |
8 Apr 2025 | |
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## AUTOREN | |
Daniela Sepehri | |
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