# taz.de -- Rechtspopulisten im Europaparlament: Konservative schmeißen Pretze… | |
> Die zwei AfD-Abgeordneten im Europaparlament sitzen nicht mehr in einer | |
> Fraktion. Jetzt orientieren sie sich wohl noch weiter rechts. | |
Bild: Marcus Pretzell im Europaparlament am 12. April | |
Die Wahlen zum Europaparlament waren der erste große Erfolg der AfD. Sieben | |
Prozent holte die Partei im Mai 2014 aus dem Stand und zog mit sieben | |
Abgeordneten in das Brüsseler Parlament. Viel übrig ist davon nicht: Nach | |
der Abspaltung des Lucke-Flügels gibt es noch zwei AfD-Abgeordnete – in | |
einer gemeinsamen Fraktion sitzen sie nicht mehr. | |
Die konservative und EU-kritische EKR, zu der die englischen Tories | |
gehören, hat am Dienstag Abend Marcus Pretzell, NRW-Landeschef und | |
Lebensgefährte von Parteichefin Frauke Petry, aus der Fraktion | |
ausgeschlossen. Bis zum Parteitag bleibe er fraktionslos, sagte Pretzell | |
der taz. „Ich werde die Entscheidung, wie es weiter geht, dem Parteitag | |
überlassen.“ Dieser kommt Ende des Monats in Stuttgart zusammen, um über | |
ein Grundsatzprogramm zu entscheiden. | |
Beatrix von Storch, die zweite Abgeordnete, war Freitag ihrem drohenden | |
Rausschmiss zuvor gekommen und quasi eine Fraktion weiter nach rechts | |
gerückt: zur EFDD, zu der vor allem die britische UKIP um ihren Chef Nigel | |
Farange, aber auch die italienische Fünf- Sterne-Bewegung gehört. Die UKIP | |
habe für ein Referendum über den Verbleib in der EU gekämpft, „das ist | |
genau unsere Position“, sagte von Storch der taz. „Ich sollte meine | |
Ausschussmitgliedschaften abgeben, da musste ich schnell handeln.“ Soll | |
heißen: Aus Zeitnot habe sie nicht mit Pretzell gemeinsam agiert. | |
Bekannt aber ist, dass von Storch nicht gut auf Pretzell und Petry zu | |
sprechen ist. In einem Homestory-Interview, das die beiden der Bunte | |
gegeben hatten, hatte Petry von Storch scharf kritisiert: „Was Beatrix | |
gesagt hat, war katastrophal.“ Gemeint waren deren – später relativierte | |
Äußerungen – auf Facebook, dass man als als letztes Mittel der | |
Grenzsicherung auch [1][auf geflüchtete Frauen und Kinder schließen müsse]. | |
Die Debatte aber hatten Petry und Pretzell losgetreten. Die Äußerungen zum | |
Schießen an der Grenze und zunehmende Kontakte der AfD zur österreichischen | |
FPÖ, die in Brüssel einer anderen Fraktion angehört, waren letzlich der | |
Anlass, warum die EKR die beiden aufforderte, die Fraktion zu verlassen. Im | |
Hintergrund hatten die früheren-Parteifreunde um Alfa-Chef Bernd Lucke | |
eifrig an diesem Ziel gearbeitet. | |
## Liebäugeln mit UKIP und Front National | |
Pretzell, der bereits früher mit UKIP geliebäugelt hat, hat die | |
AfD-Mitglieder nun aufgefordert, auf dem Parteitag Ende des Monats über die | |
künftige Fraktionsmitgliedschaft im europäischen Parlament abzustimmen. | |
Neben der EFDD-Fraktion kommt die nationalistische und rechtsextreme | |
ENF-Fraktion in Betracht, zu der der französische Front National und die | |
FPÖ gehören – von der EKR wären das gleich zwei Schritte weiter nach | |
rechts. Außerdem könnte Pretzell fraktionlos bleiben. | |
Björn Höcke, Führungsfigur der AfD-Rechten aus Thüringen, hat auf den | |
Landesparteitag am Wochenende bereits dafür geworben, die Gemeinsamkeiten | |
der AfD mit dem Front National zu betonen. Die Patriotischen Plattform, in | |
der sich der rechte Rand der AfD zusammengefunden hat, wirbt mit Blick auf | |
den Parteitag bereits offensiv für ein Zusammengehen mit Front National und | |
FPÖ. | |
Sie kann sich dabei auf eine Annäherung berufen, die die Parteispitze in | |
den vergangenen Wochen zur FPÖ vollzogen hat: So hatten Petry und Pretzell | |
im Februar in Düsseldorf mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gemeinsame | |
Visionen für Europa diskutiert, vor gut einer Woche hatte AfD-Vizechef | |
Alexander Gauland FPÖ-Geschäftsführer Harald Vilimsky nach Nauen geladen. | |
Am Wochenende hatte [2][Gauland im Gespräch mit der FAZ bereits über den | |
Betritt der AfD zu einer neuen Europafraktion unter Beteiligung des | |
rechtsextremen Front National] nachgedacht. Sollte sich in naher Zukunft | |
eine neue Europafraktion aus EU-kritischen Parteien gründen, befürworte er | |
den Beitritt der AfD-Abgeordneten, sagte Gauland. „Man muss den FN ja nicht | |
lieben, aber es kann der Moment kommen, in dem man sagen muss, wir können | |
mit dem FN zusammenwirken, auch wenn wir nicht mit allem einverstanden | |
sind, wofür er steht.“ | |
Im Dezember war Höcke von Petry und ihrem Co-Chef Jörg Meuthen, dem | |
wirtschaftsliberalen Aushängeschild der Partei, noch scharf dafür | |
kritisiert worden, dass er dem Front National zu dessen Wahlsieg bei den | |
französischen Regionalwahlen gratuliert hatte. „Falsch und unangemessen“ | |
sei das gewesen, hatte Meuthen damals gesagt. Er sehe den Front National | |
weiterhin „sehr kritisch“, sagte der AfD-Chef jetzt der taz. „Der FN ist | |
nationalistisch und in der Wirtschaftspolitik sozialistisch ausgerichtet, | |
wir sind patriotisch und freiheitlich. Das passt nicht zusammen.“ | |
Meuthen sagt aber auch: „Jeder Abgeordnete kann selbstbestimmt den Wechsel | |
von einer Fraktion zu einer anderen vollziehen.“ Hört sich nicht so an, als | |
würde er sich einem weiteren Rechtsruck der AfD vehement entgegenstellen. | |
13 Apr 2016 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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