# taz.de -- Rechte Montagsdemo in Berlin: Revisionistische Friedensengel | |
> Sie wollen weder rechts noch links sein: Ex-Linke, | |
> Verschwörungstheoretiker und NPD-Kader kommen im Namen des Friedens | |
> zusammen. | |
Bild: Prominenter Kundgebungsteilnehmer: der NPD-Landesvorsitzende Sebastian Sc… | |
BERLIN taz | Mit Frieden hatte die Kundgebung der [1][„Friedensbewegung | |
2014“] in Berlin nichts zu tun. Zwar wurden an die gut 1.500 Teilnehmer, | |
die sich am Montagabend auf dem Potsdamer Platz eingefunden hatten, | |
Aufkleber mit der Friedenstaube verteilt. Doch eine inhaltliche | |
Auseinandersetzung mit der Thematik entfiel weitestgehend. | |
Dafür waren die Redner, die aus einem improvisierten Partyzelt durch ein | |
krächzendes Mikrofon zur Menge sprachen, zu sehr mit sich selbst | |
beschäftigt, zu sehr arbeiteten sie sich an den angeblichen Lügen und | |
Unterstellungen der Mainstream-Medien ab. | |
Montagsdemo-Initiator Lars Mährholz hatte für die ambitionierte Aufgabe, | |
die rechten Tendenzen seiner Bewegung zu negieren, deren Spitzenpersonal | |
geladen. Neben ihm traten Compact-Herausgeber Jürgen Elsässer und | |
Verschwörungstheoretiker Andreas Popp auf, im Publikum befand sich der | |
ehemalige RBB-Moderator Ken Jebsen. | |
Mährholz selbst gab die zentralen Botschaften des Abends vor. Die eine war, | |
dass es „Bullshit“ sei, dass seine Bewegung dem rechten Spektrum entspringe | |
und in diesen Gewässern fische. Dass sie bald etwas verändern werde, mit | |
Millionen von Menschen, europaweit, war die andere. | |
## Kleinster gemeinsamer Nenner | |
Ungeduld im Publikum war angesichts der fehlenden Inhalte und konkreten | |
Forderungen nicht auszumachen. Stattdessen erfreuten sich die überwiegend | |
männlichen Teilnehmer am selbstbeschwörenden Mantra ihrer männlichen | |
Vordenker: Man stehe hier zusammen, weil man durchschaut habe, was schief | |
laufe. | |
Die Schlagworte dieses Mantras lauten: 3. Weltkrieg, Ukraine, | |
Propaganda-Medien, Milliardäre, FED. Übersetzt: Die US-Notenbank wird von | |
den reichsten Menschen der Welt dazu benutzt, Kriege zu führen – und die | |
nicht-souveräne Bundesrepublik und ihre Medien unterstützen sie dabei. So | |
vielfältig, sich das Publikum zusammensetzte: Auf diese Behauptung dürften | |
sich die meisten der Anwesenden einigen können. | |
Darüber hinaus versuchten viele der Anwesenden, andere Teilnehmer von ihren | |
jeweiligen kruden Ideen zu überzeugen. So schritt durch die die Reihen eine | |
junge Frau mit einem Flugblatt, dass die Deutschen als „staatenlos“ | |
bezeichnet, weil das NS-Staatsangehörigkeitsrecht angeblich erst 2010 außer | |
Kraft gesetzt wurde – aber nicht durch ein neues Gesetz ersetzt. Andere | |
forderten auf ihren Schildern und Transparenten „USA go home“ oder | |
„Wahrheit statt alliierter Geschichtsschreibung“. | |
## Weder rechts noch links | |
Als Rechte oder gar Faschisten versteht sich die überwiegende Mehrheit der | |
Montagsdemonstranten trotzdem nicht – das Selbstverständnis ist ein | |
anderes. Viel Zustimmung erhielt etwa der Ex-Linke Elsässer, der den | |
Großteil seiner Redezeit darauf verwendete, den Gegensatz zwischen links | |
und rechts als überholt darzustellen. Beides seien „alte Kategorien“, die | |
heute keinen Wert mehr besäßen. Wie er am Ende darauf kam, sich und die | |
Anwesenden als die „wahren Antifaschisten“ zu bezeichnen, blieb dabei ein | |
Rätsel. | |
Befremden wird Elsässer mit seiner Behauptung beim Berliner | |
NPD-Vorsitzenden Sebastian Schmidtke ausgelöst haben. Dieser hatte sich | |
zusammen mit „Ring Nationaler Frauen“-Aktivistin Maria Fank und einer | |
Handvoll weiterer rechter Kader ins Publikum gemischt. | |
Doch die „Friedensaktivisten“ ziehen nicht nur Rechte an. Anwesend und von | |
Andreas Popp als Sympathisantin hervorgehoben war auch Sonja Karas, | |
Mitglied des Landesvorstandes der Grünen in Brandenburg. Dort hat ihr | |
Auftritt bei den Verschwörungstheoretikern am Dienstag zu einiger Aufregung | |
geführt. | |
Man versuche die Sache aufzuklären, sagte Simon Zunk, zuständig für Presse- | |
und Öffentlichkeitsarbeit in der Landesgeschäftsstelle der Partei gegenüber | |
der taz. Die Bewegung halte man für „gefährlich, geschichtsrevisionistisch | |
und höchst fremdenfeindlich“. „Wir unterstützen das keinesfalls“, so Zu… | |
22 Apr 2014 | |
## LINKS | |
[1] /Neurechte-Friedensbewegung/!136944/ | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Jürgen Elsässer | |
Ken Jebsen | |
Ukraine | |
NPD | |
Montagsdemos | |
Antisemitismus | |
NPD | |
Die Linke | |
Montagsdemos | |
Montagsdemos | |
NPD | |
Demonstrationen | |
NPD | |
Verschwörungsmythen und Corona | |
Compact | |
Schwerpunkt AfD | |
Prism | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neurechte Friedensbewegung: Tausend Mal berührt | |
Seit vier Monaten läuft der Friedenswinter, Schulter an Schulter mit der | |
Querfront. Am Samstag treffen sich alte und neue Kriegsgegner in Frankfurt. | |
Wahl in Mecklenburg-Vorpommern: Rechte Mütter | |
Im NPD-Wahlkampf in Meck-Pomm geht es um „aktive Volkserhaltung“, | |
Gleichstellung wird abgelehnt. Trotzdem engagieren sich viele Frauen. | |
Linke streitet über Montagsdemos: Der Querfront einen Schritt näher | |
Mehrere linke Funktionsträger rufen zur Teilnahme an der dubiosen | |
„Friedensbewegung 2014“ auf. Widerspruch kommt aus den eigenen Reihen. | |
Friedensmahnwache in Berlin: Endlich mal naiv sein dürfen | |
Am Montag nahmen an der Friedensmahnwache in Berlin auch linke Aktivisten | |
teil. Teils standen sie auf dem Podium, teils traten sie als Störer auf. | |
Ex-Attac-Aktivist über Montagsdemos: „Warum sollte ich pfeifen?“ | |
Attac warnt vor den Montagsdemos. Mit Pedram Shahyar wird nun ein früher | |
führender Aktivist in Berlin dort sprechen – und hofft auf linken Zulauf. | |
NPD sagt Demo in Neukölln ab: Der 1. Mai bleibt nazifrei | |
Die NPD sagt ihren für Donnerstag geplanten Aufmarsch in Neukölln ab. | |
Nazigegner werten das auch als Erfolg der Blockaden vom vergangenen | |
Samstag. | |
NPD-Aufmarsch blockieren?: Pro: Kein Fußbreit den Faschisten! | |
Auch 100 Neonazis sind zu viele: Sie laufen zu lassen, würde sie belohnen. | |
Es würde ihnen Raum zugestehen, den sie nicht bekommen dürfen. | |
NPD-Aufmarsch blockieren?: Contra: Lasst sie laufen! | |
Der Aufmarsch ist eine Provokation. Dennoch sollte man die Neonazis mit | |
Desinteresse strafen und möglichst schnell wieder abziehen lassen. | |
Neurechte „Friedensbewegung“: Im Kampf gegen die Medien-Mafia | |
Im Internet und mit „Montagsdemos“ macht eine neue Bewegung mobil. | |
Verbreitet werden rechte Phrasen und Verschwörungstheorien. | |
Rechtspopulisten treffen sich bei Leipzig: Heilsbringer im Verfolgungswahn | |
Böse Feministinnen und zeugungsunwillige Homos. Die | |
„Souveränitätskonferenz“ des Compact-Magazins ähnelte einer populistisch… | |
Gruppentherapie. | |
Rechte Verschwörungstheoretiker: Schluss mit Schnullipulli | |
In Leipzig trifft sich der „wahnsinnige Rand“ des politischen Spektrums. | |
Gehetzt wird gegen die Homo-Ehe. Mit dabei: Thilo Sarrazin und die AfD. | |
Verstimmung bei Anti-NSA-Protesten: Presse in den Knast | |
Wenn die Menschen gegen Überwachung auf die Straße gehen, ist das auch die | |
Stunde der Medienfeinde und Verschwörungstheoretiker. |