# taz.de -- Rad-Dialog gescheitert?: Unterbrechung der Fahrt | |
> Um den kommenden Radverkehrsplan gibt es Streit: AktivistInnen haben die | |
> Dialogrunde mit der Senatsverwaltung verlassen. | |
Bild: So rollt's nicht (Symbolbild) | |
Die Senatsverwaltung für Verkehr nimmt es mit dem Ausbau der | |
Rad-Infrastruktur nicht ernst und drückt sich vor verbindlichen Zusagen: | |
Diesen [1][Vorwurf erheben AktivistInnen der Vereine ADFC und Changing | |
Cities]. Am Donnerstagabend verließen sie eine Dialogrunde mit | |
SenatsvertreterInnen, auf der über den künftigen Radverkehrsplan verhandelt | |
wurde, und erklärten die Gespräche für gescheitert. „Der Senat verweigert | |
eine echte Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft“, hieß es in einer | |
gemeinsamen Pressemitteilung. | |
Der Radverkehrsplan ist das Regelwerk, das die eher allgemein formulierten | |
Vorgaben des im Sommer 2018 verabschiedeten Mobilitätsgesetzes | |
konkretisieren soll. Es geht um Quantität – etwa die Frage, wie viele | |
Straßen Radverkehrsanlagen erhalten sollen –, aber auch um die bauliche | |
Qualität dieser Anlagen und den jeweiligen Zeithorizont. | |
Noch gibt es den Plan nicht: Laut Gesetz muss er innerhalb von zwei Jahren | |
aufgestellt werden, also bis spätestens Juli 2020. Allerdings ist | |
vorgesehen, dass die Verwaltung umgehend beginnt, planerische „Vorgaben“ zu | |
entwickeln, die unter anderem für die Bezirke schon jetzt verbindlich sind | |
und später in den Plan einfließen. Es war und ist beabsichtigt, diese | |
Vorgaben vor der parlamentarischen Sommerpause zu beschließen. | |
Evan Vosberg vom ADFC-Vorstand, der an den insgesamt drei Dialogrunden | |
beteiligt war, beschrieb den Konflikt gegenüber der taz so: Aus dem Dialog, | |
den die Organisationen im Vorfeld des Mobilitätsgesetzes seit 2017 mit dem | |
Senat geführt hatten, sei ein Konsenspapier für den Radverkehrsplan übrig | |
geblieben. Es habe aber auch noch viele offene Punkte gegeben – | |
beispielsweise zur Breite von Radspuren und zur Frage, welche Straßen als | |
„Hauptstraßen“ gelten und mit gesonderten Radwegen auszustatten sind. | |
Diese ungeklärten Aspekte habe die Senatsseite nun versucht, „in die Mühlen | |
der Verwaltung“ abzuschieben, so Vosberg. Sie habe zwar „versichert, dass | |
das schon nicht unter den Tisch fallen werde“, möglicherweise würde es aber | |
auch nicht im Radverkehrsplan landen, sondern nur in einer – | |
unverbindlicheren – Ausführungsvorschrift. Besonders ärgerte ADFC und | |
Changing Cities die Vagheit ihrer AnsprechpartnerInnen. „Wir haben immer | |
wieder gefragt: In welche Dokumente fließt das ein, bis wann und nach | |
welchen Verfahren?“, berichtet Vosberg. „Zu all diesen Punkten gab es keine | |
Aussagen.“ | |
Auf Twitter kam es am Freitag zum erhitzten Schlagabtausch: Die Vereine | |
seien „lieber symbolisch mit wehendem Trenchcoat und vorgefertigter | |
Pressemitteilung vom Feld gelindnert“, als im Gespräch zu bleiben, schrieb | |
der frühere Radentscheid-Aktivist Peter Feldkamp, der mittlerweile die | |
„Koordinierungsstelle Radverkehr“ in der Senatsverwaltung leitet. | |
Radentscheid-Initiator Heinrich Strößenreuther hingegen mutmaßte, | |
Verkehrssenatorin Regine Günther „verarsche“ die zivilgesellschaftlichen | |
Organisationen – oder aber sie handle „im Auftrag“ der Grünen-Spitze. Von | |
dieser „wäre jetzt mal eine Klarstellung angesagt“. | |
## „Viele Anregungen aufgenommen“ | |
Die gab es bis Redaktionsschluss nicht, wohl aber eine Stellungnahme der | |
Senatsverwaltung. „Überraschend“ sei der Ausstieg gekommen, teilte Sprecher | |
Jan Thomsen mit. Man bedauere das, werde die Initiativen aber auch künftig | |
zur Mitarbeit an der Radverkehrsplanung einladen – im dafür zuständigen | |
Gremium „FahrRat“. | |
Zu den Vorwürfen sagte Thomsen, man sei sich bislang immer einig gewesen, | |
dass man „gerade keine dicken Papiere“ produzieren wolle, sondern „ein | |
schlanker Prozess im Dialog Radverkehr anzustreben ist, um anschließend | |
alle Kraft auf den eigentlichen Radverkehrsplan zu konzentrieren“. Dennoch | |
habe die Verwaltung bereits „viele Anregungen“ aufgenommen und Dinge im | |
Sinne der Initiativen vorangebracht, „sei es bei der Beteiligung an den | |
Ausführungsvorschriften für Geh- und Radwege, sei es bei der Aufnahme von | |
Impulsen zum Design sicherer Kreuzungen“. | |
Der ebenfalls an der Dialogrunde beteiligte BUND-Geschäftsführer Tilmann | |
Heuser (der sitzen blieb) sagte zur taz, er sehe gar keinen inhaltlichen | |
Konflikt, sondern unterschiedliche Erwartungen seitens der Haupt- und | |
Ehrenamtlichen in diesem Prozess. Letzteren könne es oft einfach nicht | |
schnell genug gehen. „Es sind gerade viele Baustellen und Prozesse offen, | |
und es soll ja ein Konzept unter Einbindung aller Akteure entwickelt | |
werden. Changing Cities und ADFC erwarten im Grunde, dass dieses Konzept | |
schon fertig ist.“ | |
Dem gestiegenen Erregungspegel zum Trotz drückte Heuser seine Hoffnung aus, | |
dass die Beteiligten sich wieder zusammenraufen: „Ich bin optimistisch, | |
dass wir das auf die Reihe kriegen.“ | |
15 Mar 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://changing-cities.org/presse/artikel/senat-dr%C3%BCckt-sich-vor-verbi… | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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