# taz.de -- Queerfeindliche Übergriffe in Hannover: Hass und sexualisierte Gew… | |
> Beim Christopher Street Day in Hannover gab es wohl mehr Übergriffe, als | |
> zunächst bekannt. Auch von einer Vergewaltigung ist die Rede. | |
Bild: Müssen beim Feiern und Demonstrieren auf Beleidigungen und mehr gefasst … | |
Eineinhalb Wochen nach dem [1][Christopher Street Day (CSD)] in Hannover | |
werden immer mehr Übergriffe bekannt. „Am Rande der Demo wurden offenbar | |
von einem Anwohner Eier auf die Teilnehmenden geworfen“, sagt Corinna | |
Weiler vom CSD-Veranstalter „Andersraum“. Zudem habe es an diesem letzten | |
Mai-Wochenende queerfeindliche Beschimpfungen gegeben. Erfahren habe der | |
Verein das durch Nachrichten der Betroffenen, Mails und Kommentare in den | |
Sozialen Medien. | |
Es soll außerdem zu zwei sexualisierten Übergriffen gekommen sein, am Rande | |
von Demo und Party am Opernplatz in Hannovers Innenstadt – darunter eine | |
Vergewaltigung. „Wir wissen da leider nicht mehr zu“, sagt Weiler, „wir | |
haben keinen Kontakt zu der betroffenen Person.“ Der | |
Arbeiter-Samariter-Bund habe das gemeldet, weil sich die Betroffene danach | |
an die Organisation gewandt habe. Der zweite Vorfall sei am Sonntag, dem | |
zweiten Tag der Veranstaltung, passiert. „Ich habe die Person auch gesehen, | |
wie sie danach in einem Rettungswagen war, um telefonieren zu können.“ | |
Beide Übergriffe wurden von der Polizei bislang nicht bestätigt. Eine | |
Sprecherin schrieb der taz, dass es sich nach derzeitigem Ermittlungsstand | |
nicht um Nötigung oder Vergewaltigung gehandelt habe. „Aufgrund des Alters | |
der involvierten Personen werden keine genaueren Auskünfte erteilt.“ Sie | |
wies außerdem darauf hin, dass nicht sicher gesagt werden können, ob den | |
Straftaten ein queerfeindlicher Ursprung zugrunde liege. „So kann es zu | |
Sexualdelikten gekommen sein, die im Rahmen des CSD aufgenommen wurden, | |
deren Hintergrund jedoch keinen Bezug zur gesellschaftlichen Aussage der | |
Veranstaltung hat.“ | |
## Gegen den Kopf getreten | |
Unmittelbar nach dem CSD war lediglich von einem [2][queerfeindlichen | |
Angriff] die Rede: Am Samstagabend sind nach Angaben der Polizei eine | |
18-jährige nicht-binäre Person und ein 17-jähriger trans*-Mann direkt vor | |
dem Hauptbahnhof von zwei Tätern beleidigt, verletzt und bestohlen worden. | |
Die Täter äußerten sich zunächst queerfeindlich gegenüber insgesamt vier | |
Teilnehmer*innen des CSD. Sie schlugen die 18-jährige Person, dann auch | |
den 17-Jährigen, der schlichten wollte. Sie schubsten ihn zu Boden und | |
traten ihm mehrmals gegen der Kopf, sein Handy nahmen sie mit. Der | |
17-Jährige wurde ins Krankenhaus gebracht. Dort sei er aber nicht stationär | |
aufgenommen worden, sagt Weiler. Weil die Angegriffenen am CSD teilgenommen | |
haben, ermittelt der Staatsschutz mittlerweile wegen queerfeindlicher | |
Hasskriminalität. | |
Die Gewalt gegen die beiden jungen Erwachsenen wurde auch aus der örtlichen | |
Politik verurteilt. „So etwas ist nicht hinnehmbar“, twitterte Belit Onay, | |
Hannovers grüner Bürgermeister. „Solange es solche Angriffe gibt, müssen | |
wir weiterhin gemeinsam auf die Straße gehen, um für die Rechte aller zu | |
protestieren.“ | |
Onay nahm nicht nur am CSD selbst, sondern auch an der Kundgebung teil, die | |
am Sonntag als Reaktion auf die Gewalt von Andersraum veranstaltet wurde. | |
Ebenso waren Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens und | |
Regionspräsident Steffen Krach (beide SPD) dabei. „Einige | |
Teilnehmer*innen haben uns geschrieben“, berichtet Weiler, „dass sie | |
ermutigt aus der Kundgebung rausgegangen sind und die Solidarität gespürt | |
haben.“ Vorher seien viele vor allem wütend und ängstlich gewesen. | |
Weiler spricht von einer „Verrohung der Gesellschaft“: „Das erleben wir d… | |
ganze Jahr über. Vom Gefühl her sind die Übergriffe mehr geworden, vor | |
allem queerfeindliche Beschimpfungen.“ Die Vorfälle fielen aber auch mehr | |
auf, weil mehr Energie in die Sicherheit investiert werde. | |
Für die Sicherheit beim CSD auf dem zentralen Veranstaltungsort am | |
Opernplatz in Hannover seien unter anderem Security und ein Awareness-Team | |
zuständig gewesen. Das Problem des Konzepts zeige sich an dem Angriff am | |
Hauptbahnhof, so Weiler: „Das ist gar nicht weit weg, aber da haben wir | |
überhaupt keine Handhabe.“ Man wolle sich daher gemeinsam mit Polizei und | |
Stadt überlegen, was man nächstes Jahr verbessern könne – ohne den CSD | |
„martialisch zu schützen“. Sie weist auch darauf hin, dass „sexualisierte | |
Übergriffe kein Einzelfall beim CSD“ seien. „Es ist wichtig, dass man die | |
gesellschaftliche Dimension sieht.“ | |
Veranstalter*innen, auch über den CSD hinaus, hätten „schon sehr das | |
Gefühl, dass es eine hohe Queerfeindlichkeit gibt“, sagt auch Anna Rießen | |
vom Veranstaltungsort Pavillon Hannover, wo sie das Projekt „We take care“ | |
für ein diskriminierungsfreies Nachtleben koordiniert. „Die Fälle sind | |
sichtbarer als früher.“ Ob das an der Wahrnehmung liege oder tatsächlich an | |
der steigenden Anzahl der Vorfälle, sei nicht klar. | |
7 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] /CSD-Mitveranstalter-ueber-CSU-Ausschluss/!5930675 | |
[2] /Toedlicher-Angriff-auf-trans-Mann/!5922956 | |
## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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