# taz.de -- Pyrotechnik im Fußballstadion: Minister gegen Eintracht Frankfurt | |
> Die Opposition kritisiert den hessischen Innenminister für Polizeigewalt | |
> bei einem Fußballspiel. Sie wirft ihm eine „Privatfehde“ vor. | |
Bild: Vor dem Spiel gegen Schachtjor Donezk wurden Räume der Eintracht-Fan-Clu… | |
WIESBADEN/FRANKFURT AM MAIN taz | Die Opposition im hessischen Landtag hat | |
am Donnerstagvormittag mit scharfen Worten Innenminister Peter Beuth (CDU) | |
kritisiert. Sie macht Beuth für die Eskalation der Gewalt am Rande des | |
Europa-League Spiels von [1][Eintracht Frankfurt gegen Schachtjor Donezk] | |
verantwortlich. | |
RednerInnen von SPD, FDP und Linken warfen dem Minister vor, in einer | |
„Privatfehde“ gegen die Fans der Frankfurter Eintracht Frankfurt die | |
Verhältnismäßigkeit der Mittel aus den Augen verloren zu haben. Schon seit | |
Beuths Amtsantritt vor fünf Jahren beharken sich Eintracht-Fans und der | |
Minister immer wieder öffentlich. Endgültig brachte er diese gegen sich | |
auf, als er für den Einsatz von Pyrotechnik in Stadien Gefängnisstrafen | |
forderte. | |
Mit einem massiven Polizeieinsatz waren vor dem Spiel am vergangenen | |
Donnerstag die Räume der Eintracht-Fan-Clubs im Frankfurter Waldstadion | |
nach Pyrotechnik und Waffen durchsucht worden. Als daraufhin wütende Fans | |
Transparente mit beleidigenden Parolen gegen den Innenminister hochhielten, | |
ging die Polizei mit Schlagstöcken gegen sie vor und kassierte die Banner. | |
Zwei Fans erlitten dabei Knochenbrüche. | |
„Ihr Job ist es zu deeskalieren!“, rief der SPD-Abgeordnete Günter Rudolph | |
dem Innenminister zu. Beuth hatte gefordert, das Abfackeln von Pyrotechnik | |
im Stadion zur Straftat zu erklären. „Sie reden gern über Pyrotechnik; sie | |
sollten sich anderen Aufgaben mit gleicher Verve widmen,“ sagte Rudolph und | |
erinnerte an die rechtsextremistischen Umtriebe in der Landespolizei. | |
## Vorwurf der Kriminalisierung von Fußballfans | |
Gegen rechte Chatgruppen der Polizei in Frankfurt und Mittelhessen laufen | |
derzeit Ermittlungsverfahren. [2][Von einem Polizeicomputer waren Daten] | |
der Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız abgerufen worden. Seit | |
Monaten wird die Anwältin [3][mit rassistischen Briefen bedroht]. | |
In dieser Woche wurde zudem bekannt, dass vor einer Polizeistation im | |
südosthessischen Schlüchtern am [4][Holocaust-Gedenktag] Polizeibeamte die | |
hessische und die Bundesfahne kopfüber gehisst hatten; es besteht der | |
Verdacht, dass sie damit ein rechtsextremistisch motiviertes Zeichen gegen | |
den Gedenktag setzen wollten. | |
Statt Fußballfans zu kriminalisieren solle Beuth in dieser Sache Engagement | |
zeigen, sagte die Fraktionsvorsitzende der Linken, Janine Wissler. Bis | |
heute habe er kein Wort des Bedauerns für die Verletzen gefunden, obwohl | |
inzwischen wegen des Verdachts auf Körperverletzung im Amt ermittelt werde, | |
sagte sie. Indem Beuth die polizeiliche Durchsuchungen mit einer | |
missverständlichen Äußerung von Eintracht-Präsident Peter Fischer begründe, | |
versuche er die Öffentlichkeit zu täuschen. | |
[5][Fischer hatte vor dem Spiel gegen Donez gesagt, „das Stadion muss | |
brennen!“] Später hatte er die missverständliche Formulierung bedauert. Er | |
habe das natürlich im übertragenen Sinn gemeint und nicht zum Einsatz von | |
Pyrotechnik aufgefordert. „Jeder weiß, da darf nix passieren“, so Fischer, | |
denn die Uefa hatte der Eintracht harte Sanktionen angedroht, sollte bei | |
einem Spiel noch einmal Pyrotechnik abgebrannt werden. Die Linke Wissler | |
erinnerte daran, dass der Durchsuchungsbeschluss des Frankfurter | |
Amtsgericht sich ausdrücklich nicht auf Fischers Statement bezogen hatte, | |
sondern mit Hinweisen aus der Polizei begründet war. | |
## „Kümmere Dich um Deine Nazibullen“ | |
Der FDP-Abgeordnete Stefan Müller warf Beuth vor, sich auf Kosten der | |
Eintracht-Fans als Hardliner zu profilieren: „Sie haben es geschafft!“, | |
sagte Müller, „bundesweit sind Sie in den Stadien mit Plakaten präsent.“ … | |
hatten Fans des FC Bayern München am Wochenende die Parole „Beuth | |
zurücktreten“!“ in die Kameras gehalten. Auf den Tribünen des SV | |
Babelshausen war zu lesen: „Kümmere dich um deine Nazibullen, du | |
Windbeuthel!“ | |
Abgeordnete von CDU und Grünen wiesen die Kritik am Innenminister zurück, | |
und verwiesen auf den Anspruch aller Stadionbesucher vor Pyrotechnik und | |
Fangewalt geschützt zu werden. Beuth selbst betonte, er habe weder den | |
Polizeieinsatz angeordnet noch geleitet. Dieser sei maßvoll und angemessen | |
gewesen. „Auf die Regeln des Rechtsstaats hinzuweisen, ist keine | |
Eskalation“, sagte Beuth und fügte hinzu: „Die Fan-Kurve ist kein | |
rechtsfreier Raum.“ | |
SprecherInnen aller Parteien begrüßten, dass es in der kommenden Woche ein | |
Gespräch zwischen Eintracht Frankfurt und der Frankfurter Polizeiführung | |
geben werde. Die Eintracht will allerdings nachträglich gegen den | |
Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts klagen. Ihr stärkstes Argument: In | |
den Fan-Räumen und bei den Fans wurde an diesem Tag nichts gefunden, weder | |
Waffen noch Pyrotechnik. | |
28 Feb 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Kolumne-Pressschlag/!5572940 | |
[2] /Rechte-Polizisten-Gang-in-Hessen/!5564910 | |
[3] /Drohungen-gegen-NSU-Opfer-Anwaeltin/!5570484 | |
[4] /Holocaust-Gedenkstunde-im-Bundestag/!5569718 | |
[5] https://www.youtube.com/watch?v=X5cT3LrxLjQ | |
## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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