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# taz.de -- Kolumne Pressschlag: Transparent bei Razzia gefunden
> Der Polizeieinsatz gegen die Ultras bei Eintracht Frankfurt scheint nur
> auf den ersten Blick irrational. Pyrotechnik ist ein willkommener Anlass.
Bild: Zündstoff: Eintracht-Fans brennen beim Pokalfinale in Berlin Feuerwerk ab
Ultras sind in ihrer Mehrheit eigentlich nicht schwer zu verstehen. Sie
lieben die großen Auftritte und ihre Freiheiten. Sie haben einen Faible für
Machtdemonstrationen und halten sich für die letzte Instanz. Sie mögen
Masseninszenierungen ihrer Heldenverehrung. Und sie neigen zur Pyromanie,
weil sie gern überwältigende Bilder ihrer Leidenschaft produzieren, die
sich im Internet zu wahren Klickmonstern auswachsen. Wie die Ultras von
Zenit St. Petersburg, welche die Fahrt des Mannschaftsbusses am Donnerstag
zum Stadion begleiteten und dabei [1][einen Straßenzug spektakulär in
Flammen aufgehen ließen].
Und die Polizisten sind in ihrer Mehrheit eigentlich auch nicht schwer zu
verstehen. Sie lieben große Auftritte und ihre Freiheiten. Sie hat einen
Faible für große Machtdemonstrationen und halten sich für die letzte
Instanz. Und sie zündeln gerne, indem sie etwa einfach so tun, als ob sie
die Ultras nicht verstehen. Das erweitert die eigenen Einsatzmöglichkeiten
ungemein.
So war es auch beim Europa-League-Heimspiel der Eintracht Frankfurt gegen
Schachtjor Donezk am Donnerstag. Eine [2][Videobotschaft des
Eintracht-Präsidenten Peter Fischer] wurde zum Anlass genommen für einen
Großeinsatz. Das Stadion müsse brennen, hatte Fischer vor dem wichtigen
Rückspiel gesagt.
Mit Pyrospürhunden nahm sich daraufhin die Polizei die Ultras vor.
Erfolglos. Es wäre das erste Mal im deutschen Fußball gewesen, dass ein
Klubchef zugleich auch als Ultrachef aufgetreten wäre, und den
Einsatzbefehl für eine große Pyrotechnikshow gegeben hätte. Der erste
flammende Appell eines Vereinspräsidenten in der Geschichte des deutschen
Fußballs war es im Übrigen nicht. Die Stimmung war dann beim Spiel auch
prächtig, und die Eintracht erreichte mit einem berauschenden 4:1-Erfolg
gegen die Ukrainer das Achtelfinale.
## Aufwendig geplante Choreo abgesagt
Die Sicherheitskräfte mussten ihren Einsatz aber nicht mit leeren Händen
beenden. Im Stadion, erklärte die Polizei in Frankfurt, habe man am
Donnerstagabend einen Fan-Banner beschlagnahmt, auf dem Hessens
Innenminister Peter Beuth geschmäht worden sei. Es „hatte einen Wortlaut
auf unterstem, beleidigendem Niveau, das wir hier nicht wiedergeben
wollen“, twitterte die Polizei. Transparent machten dagegen die Ultras über
die sozialen Netzwerke das Ausmaß ihres Verbalverbrechens. Auf dem
Spruchband stand: „Beuth, der Ficker fickt zurück!“ Es sei spontan aus
Verärgerung aufgrund der vorherigen Ereignisse entstanden. Wegen des
Polizeieinsatzes wurde außerdem eine aufwendig geplante Choreo abgesagt.
Es ist ein klassisches Beispiel dafür, wie irrational im deutschen Fußball
das Verhältnis zwischen Polizei und Ultras ist, und wie einfach Konflikte
zu vermeiden wären. Dass dies nicht geschieht hat vermutlich mit anderen
Interessen zu tun. Die Einsätze rund um die Bundesligastadien sind für die
Polizei optimale Übungsgelegenheiten, um das ein oder andere einmal
auszuprobieren.
Beim Spiel zwischen Schalke und Düsseldorf Anfang Februar kam etwa erstmals
die neu geschaffene Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) zum
Einsatz. Eine Spezialeinheit in Nordrhein-Westfalen, die auch bei
gewalttätigen Demonstrationen künftig ihren Wert unter Beweis stellen soll.
Die Lobby der so genannten „Fußballchaoten“ ist zu gering, als dass bei
derlei Experimenten die Proteste zu groß werden würden.
Wichtig ist dabei, dass die Gefahr, die von den Ultras ausgeht, stets
thematisiert wird. Hessens Innenminister Beuth hat vergangenen Herbst erst
Gefängnisstrafen für den Einsatz von Pyrotechnik im Stadion gefordert. Nach
der Logik hätte man eigentlich vor der Partie in Frankfurt
Eintracht-Präsident Fischer als ideellen Brandstifter verhaften müssen.
22 Feb 2019
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=36caENQxM0M
[2] https://www.youtube.com/watch?v=X5cT3LrxLjQ
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Eintracht Frankfurt
Polizei
Pyrotechnik
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