| # taz.de -- Putins Politik im Nahen Osten: Merkel setzt auf Russland | |
| > In der Krise zwischen Iran und USA reist die Bundeskanzlerin am Samstag | |
| > nach Moskau. Sie hofft auf Putin als Stabilisierer der Region. | |
| Bild: Ein Bild des getöteten Generals Soleimani am Rande einer Straße in Tehe… | |
| MOSKAU taz | Wladimir Putin zu Gast bei Baschar al-Assad in Damaskus. | |
| [1][Wladimir Putin zu Gast bei Recep Tayyip Erdoğan] in Istanbul. Die neue | |
| Krise im Nahen Osten hat den Kreml prompt aus den staatlichen Ferien | |
| zurückkommen lassen, während sich Russland ansonsten noch im Winterschlaf | |
| befindet. | |
| Übereilt und überraschend mutet da auch der Arbeitsbesuch von | |
| Bundeskanzlerin Angela Merkel an diesem Samstag in Moskau an. In der | |
| kritischen Zeit brauchen Deutschland und Russland einander. Berlin weiß um | |
| die Einflussmöglichkeiten der Russen in Iran, Moskau hofft auf | |
| Beeinflussung der US-Amerikaner durch die Deutschen. | |
| Russland hat sich längst als unumgänglicher Machtfaktor im Nahen Osten | |
| etabliert und sortiert zusammen mit der Türkei, trotz aller Differenzen, | |
| die Verhältnisse in der Region neu. Der russische Außenpolitikexperte | |
| Fjodor Lukjanow sprach bereits vor einigen Wochen von einem russischen | |
| „Pragmatismus“, der auf Diplomatie, militärischer Gewalt und | |
| Skrupellosigkeit basiere. | |
| Aus der internationalen Isolation haben sich die Russen längst an die | |
| Verhandlungstische gebombt. [2][In Syrien ist Moskau zum Dreh- und | |
| Angelpunkt] des Konflikts geworden. Es hat den sunnitischen Golfstaaten, | |
| den USA und der EU die Grenzen ihrer Macht aufgezeigt und auch Ankara dazu | |
| bewegt, Assad als Herrscher anzuerkennen. | |
| ## Befeuern und schlichten | |
| Ähnliches versucht Putin nun in Libyen. Während Moskau den aufständischen | |
| General Chalifa Haftar unterstützt und [3][Ankara die von der UN anerkannte | |
| Regierung von Fajis al-Sarradsch], macht die Zerstrittenheit der EU-Staaten | |
| und die Inaktivität der USA die beiden Kontrahenten zu zentralen Spielern | |
| im öl- und gasreichen Land. Sie, die den Konflikt mitbefeuern, geben sich | |
| auch als Konfliktlöser. Bei ihrem Treffen am Mittwoch in Istanbul riefen | |
| Putin und Erdoğan zu einem Waffenstillstand in Libyen auf, der ab Sonntag | |
| gelten soll. | |
| „Fehler der anderen erkennen und sie für sich nutzen“, nennt Lukjanow die | |
| Methode, mit der der Taktiker Putin stets zu reagieren weiß. Ein Stratege | |
| war der russische Präsident nie. Russland hält militärische Kraft nach wie | |
| vor für entscheidend und ist bereit, sie einzusetzen, zur Not wie in Libyen | |
| durch Söldnertruppen, die der Staat – obwohl die russische Verfassung | |
| private Militäreinsätze im Ausland verbietet – für seine Zwecke nutzt. | |
| Der Bürgerkrieg in Libyen destabilisiert auch die afrikanische Sahelzone. | |
| Moskau weiß, dass es hier Einfluss auf zentrale Migrationsrouten in die | |
| EU gewinnen kann. Das ist ein Bereich, der Merkel ebenfalls interessieren | |
| dürfte. Vor allem aber dürfte es in den Gesprächen mit Putin, bei denen | |
| auch Bundesaußenminister Heiko Maas dabei sein wird, um Iran gehen. | |
| Bereits beim Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit Iran waren sich | |
| Berlin – gemeinsam mit den anderen europäischen Vertragspartnern in Paris | |
| und London – und Moskau darin einig, an der Vereinbarung weiter | |
| festzuhalten. Auch jetzt hofft Berlin wohl darauf, Moskau möge Teheran zur | |
| Deeskalation bewegen, zumal Iran seine durchaus starke Macht in der Region | |
| auszuspielen wüsste. | |
| ## Russland ist Nutznießer | |
| Die [4][schiitische Hisbollah, von Iran gegründet], hat in Libanon das | |
| Sagen und hält Israel mit iranischen Raketen in Atem. Im Irak geht ohne | |
| Teheran kaum etwas. In Syrien sind iranische Milizen im Einsatz, im Jemen | |
| ebenfalls. | |
| In den Spannungen zwischen den USA und Iran liegt für Russland also | |
| durchaus Nutzen. Durch eine Verschärfung des Konflikts wäre Iran gezwungen, | |
| neue russische Waffen zu kaufen und die Verträge mit dem russischen | |
| Staatskonzern Rosatom, der an der iranischen Golfküste den Kernreaktor | |
| Buschehr baut, abzuschließen. Doch der kurzfristige wirtschaftliche Nutzen | |
| ist für Russland nicht zentral. Moskau ist vielmehr daran gelegen, als | |
| Sicherheitsgarant im Nahen Osten wahrgenommen zu werden. | |
| Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate haben sich bereits mehrmals | |
| an Russland gewandt, um Unterstützung für ihre Pro-Haftar-Agenda in Libyen | |
| zu gewinnen. Saudi-Arabien hätte nichts dagegen, wenn Russland im Jemen | |
| vermittele, schreibt der Nahostexperte Kirill Semjonow vom Russischen Rat | |
| für internationale Angelegenheiten. Ambition des Kreml ist es, den Einfluss | |
| anderer regionaler Mächte wie die USA im Nahen Osten zu minimieren. | |
| Eine Untergrabung oder gar Zerstörung der Macht in Teheran hingegen würde | |
| Russlands Rolle als Regimewechsel-Verhinderer Nummer eins, in Syrien unter | |
| Beweis gestellt, empfindlich schwächen. Regimewechsel sind etwas, wovor | |
| sich der Kreml fürchtet. | |
| 10 Jan 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Inna Hartwich | |
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