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# taz.de -- Prozess um Berliner Projekt Rigaer 94: „Kadterschmiede“ wird ni…
> Der Kläger-Anwalt war zwar anwesend, konnte aber keine Prozessbefugnis
> vorweisen. Die Richterin wies die Klage gegen die Nutzer ab.
Bild: Alles bleibt ruhig – die „Kadterschmiede“ wird nicht geräumt
Berlin taz | Nach einer knappen Viertelstunde konnten die Bewohner und
Unterstützer des autonomen Hausprojekts Rigaer Straße 94 in Friedrichshain
aufatmen. Erneut endete für sie ein – für Laien kaum verständlicher –
Prozess erfolgreich. Schon zum dritten Mal seit Juli vergangenen Jahres
verließen sie das Landgericht in der Littenstraße als gefühlte Sieger. Die
Szenekneipe „Kadterschmiede“ und ein Werkstattraum werden vorerst nicht
geräumt. Eine entsprechende Klage des Hauseigentümers wies der Richter mit
einem Versäumnisurteil ab.
Zum Problem für den Eigentümer-Anwalt Markus Bernau wurde eine fehlende
Prozessvollmacht. Diese sei ihm bei einem [1][Einbruch in seine Kanzlei] in
der Silvesternacht gestohlen worden, so Bernau. Tatsächlich tauchten
zuletzt einige private Dokumente des Anwalts, darunter ein Bußgeldbescheid,
auf einem Blog auf. Bernau sprach vor Gericht von Linksradikalen, die sich
dieser Taten rühmen.
Der Anwalt der Hausbewohner, Lukas Theune, hatte in einem Schriftstück kurz
vor Prozessbeginn, die fehlende Vollmacht moniert und die Klage insgesamt
als unzulässig beanstandet. Er legte dar, dass die britische
Briefkastenfirma „Lafone Investments Limited“, die als Eigentümerin der
Immobilie Rigaer94 fungiert, seit dem Rücktritt des ehemaligen alleinigen
Geschäftsführers John Richard Dewhurst am 8. Juli führungslos und damit
prozessunfähig sei. Die Räumungsklage war erst danach, am 10. August
eingereicht worden. Wer sich als wahrer Eigentümer hinter der Limited
versteckt, ist weiterhin nicht bekannt.
Fragen des Richters nach einer möglichen gütlichen Einigung, etwa einem
Mietvertrag für die „Kadterschmiede“, blockte Theune mit dem Verweis auf
die führungslose Gesellschaft ab. Bernau beklagte dagegen, dass ihm Theunes
Schriftsatz erst unmittelbar vor Prozessbeginn zugegangen sei und er sich
daher nicht habe vorbereiten können. Er verzichtete darauf, einen Antrag zu
stellen, kündigte aber an, seine Prozessbevollmächtigung nachzureichen und
Widerspruch gegen das Versäumnisurteil einzulegen. Weiterhin verlangt er
die Herausgabe der Räume und eine rückwirkende Nutzungsentschädigung.
## Kein Zutritt zum Haus
Auch ein unmittelbar davor stattfindender Prozess zur Räumung einer
mutmaßlich besetzten Wohnung im Vorderhaus der Rigaer 94 endete ohne Antrag
von Bernau. In diesem Fall ging es ebenfalls um die fehlende
Prozessvollmacht. Die Richterin monierte zudem, dass der Kläger nicht
nachgewiesen habe, dass die Beklagten tatsächlich in der Wohnung wohnen.
Bernau argumentierte, dass den Eigentümern der Zutritt zum Haus nicht
möglich sei.
Seit einem [2][Gerichtsurteil vom 13. Juli] sind die umstrittenen
Gemeinschaftsräume wieder im Besitz des Vereins „Freunde der Kadterschmiede
– Kultur im Kiez e.V.“. Auch damals, drei Wochen nach einer ohne Titel
erfolgten illegalen Räumung, sprach das Landgericht ein Versäumnisurteil.
Der ehemalige Eigentümer-Anwalt war nicht vor Gericht erschienen. In der
Nacht zuvor hatte vor seinem Haus das Auto seines Nachbarn [3][gebrannt].
Ironie der Geschichte: Auch sein Nachfolger Bernau musste nun, trotz
Anwesenheit, ein Versäumnisurteil hinnehmen.
In einem separaten Verfahren [4][klagen die Bewohner der Rigaer 94 gegen
die Teilräumung] am 22. Juni vergangenen Jahres. Mit der so genannten
Fortsetzungsfeststellungsklage soll der Polizeieinsatz, der die Räumung der
Vereinsräume ermöglichte, für rechtswidrig erklärt werden. Eine
Entscheidung wird für die zweite Jahreshälfte erwartet.
Bis dahin könnten sich auch die Auseinandersetzungen um die Räumungstitel
gegen die „Kadterschmiede“ und die Wohnung hinziehen. Die beklagten
Bewohner und Nutzer der Räumlichkeiten des Hauses haben mit dem heutigen
Tag vor allem Zeit gewonnen.
2 Feb 2017
## LINKS
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## AUTOREN
Erik Peter
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