# taz.de -- Protest in Belarus: Die Oma aller Belarussen | |
> Fotos einer belarussischen Kultfigur erscheinen in der Vogue. Janka | |
> Belarus erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk. Folge 17. | |
Bild: Minsk, am 15.September: Nina Baginskaja posiert für ein Foto | |
Nina Baginskaja bringt ihre oppositionelle Meinung schon seit 30 Jahren zum | |
Ausdruck und geht gegen die Staatsmacht vor. Sie läuft auf allen | |
Demonstrationen durch Minsk mit der [1][weiß-rot-weißen Fahne] mit, spricht | |
Belarussisch und trägt Tracht. Alle mögen sie und niemand spricht von einer | |
„Verrückten in dieser Stadt“. Sie wurde mehrmals [2][festgenommen] und mit | |
Geldstrafen belegt, die sie von ihrer kleinen Rente bezahlt hat. Ihr | |
Eigentum wurde beschlagnahmt, aber sie ließ sich nicht brechen. Mehrmals | |
wurde ihr eine finanzielle Unterstützung angeboten, aber sie hat das immer | |
abgelehnt: „Für meine Ideale werde ich selbst bezahlen!“ | |
Der Fotograf Iwan Rewjako hat einige Porträts von Nina Baginskaja für den | |
Beitrag «The mother of Belarusian revolution» für das italienische Magazin | |
„Vogue“ gemacht. Von Aufnahmen in schwarz-weiß geht immer ein Zauber aus, | |
auf ihnen werden Licht und Dunkelheit in einem Menschen deutlich sichtbar. | |
Nina – das ist viel Licht und das sind die erstaunlich hellen Augen eines | |
Menschen, der seinem Gewissen folgt. | |
Iwan spricht über diese Fotografien: „Wir haben nicht lange geredet, wie | |
wir gerade so Lust dazu hatten. Ehrlich gesagt, erinnere ich mich gar nicht | |
daran, worüber wir gesprochen haben. Irgendetwas über Äpfel, Beete, | |
Proteste, Lukaschenko. Und dann wieder über Äpfel und Beete. Irgendwann | |
gegen Ende hat sie gesagt, dass sie immer viele Kinder hätte haben wollen. | |
Ich haben Witze gemacht, dass sie die Großmutter der belarussischen | |
Revolution sei, aber sie sagte nur: „Quatsch“, und lächelte verlegen. | |
„Dann habe ich gesagt: „Nina, was würden Sie den Belarussen sagen, wenn Sie | |
wüssten, dass alle auf Sie hören?“ Sie zögerte, dachte lange nach. „Ich | |
würde ihnen zwei Dinge sagen: Dass man nicht glücklich sein kann, wenn die | |
Menschen nicht frei sind. Für seine Willen muss man kämpfen, für die Erde, | |
die Sprache, für unsere Leute muss man kämpfen. Die Erde und die Menschen | |
müssen glücklich sein. Zweitens: Dass wir unsere Natur erhalten müssen, | |
damit alles sauber und gut bleibt. Wir sind aus der Natur hervor gegangen, | |
wir müssen sie erhalten. Und geben Sie im Internet weiter, dass ich alle | |
liebe.“ | |
Das mache ich jetzt. Ich gebe weiter, dass sie euch alle liebt. Und uns | |
alle umarmt, diese kleine, dünne, aber auch so starke Großmutter aller | |
Belarussen – Nina Baginskaja. | |
Aus dem Russischen Barbara Oertel | |
1 Oct 2020 | |
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Janka Belarus | |
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